31.05.2023, 17:25 | #151 |
Eckensteher & Mosaik-FF Mod
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"Martin Eden" ist sicher Londons persönlichster Roman (Vielleicht zusammen mit seiner Alkoholbeichte "John Barleycorn"). Mich hat er damals als Teenager doch stark beeindruckt, vor allem, wie er die Arbeitsbesessenheit seines Helden schildert . (1000 Zeilen pro Tag schreiben! Auch wenn er schon 12h harte Arbeit zum Broterwerb hinter sich hat!) Und das Ende ist natürlich bitter.
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23.10.2023, 17:00 | #152 | |
Moderatorin Internationale Comics
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Wenn ein Manuskript beim Verlag auf Distanz trifft
Sonja Silberhorn hat als Autorin bis jetzt eine bescheidene Karriere hingelegt. Mittlerweile hat sie das Manuskript für ihr elftes Buch geschrieben, den vierten Band ihrer aktuell laufenden Krimireihe bei einem mittelgroßen, namhaften Kölner Verlag. Von der Prominenz eines Uwe Tellkamp, mit dem ich mich weiter oben beschäftigt habe, ist sie meilenweit entfernt, zumal ihr Wikipedia-Eintrag nüchtern und lakonisch bleibt. Deshalb gehe ich davon aus, dass das Feuilleton ihre Sorge gar nicht zur Kenntnis nimmt und totschweigt; denn sie ist nur eine Namenlose aus der Masse des Buchmarkts.
Worum geht es denn konkret? In ihrem Manuskript zeigt die Sympathien für eine Personengruppe, die einen schlechten Ruf hat: die Kritiker der Corona-Maßnahmen, und diese Sympathie bildet die Grundlage ihres Stoffes. Es geht also um kein Detail, das im Lektorat geglättet und leichter bekömmlich formuliert werden könnte, sondern um die Basics ihres Manuskripts. Am 20. Oktober hat sie deshalb auf den Nachdenkseiten für sich den Tod ihrer Autorenlaufbahn konstatiert. Wobei angemerkt werden muß, dass sie die Entscheidung ihres Verlages nachvollziehen kann; denn der hätte sich mit dem veröffentlichten Manuskript ebenfalls ins Kreuzfeuer der Kritik begeben. Wie milde Silberhorn über den Emons Verlag (denn um den handelt es sich) urteilt, läßt sich an Zitaten belegen: Zitat:
Fair ist das Spiel nicht, es ist ziemlich manipulativ. Geändert von Servalan (23.10.2023 um 17:10 Uhr) |
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23.10.2023, 17:28 | #153 |
Moderator sammlerforen
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Wer sollte denn einen solchen Corona-Roman kaufen?
Betroffene mit Long Covid oder die Querdenker? |
23.10.2023, 17:52 | #154 |
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Mir gefällt die Formulierung "totgeschwiegen vom Feuilleton" nicht. Klingt nach böser Absicht. Ich denke eher, daß es bestimmte Mechanismen gibt, was da besprochen wird und was nicht. Zudem muß man bedenken, daß das gedruckte Feuilleton eher weniger Platz hat als früher.
Das Verhältnis von Autor und Verleger ist asymmetrisch - richtig. Aber es geht eben in der Regel nicht anders. Meist treffen Geist und Geld aufeinander und passen nicht optimal zusammen. In nicht-kapitalistischen Systemen spielt zwar die Kommerzialität keine Rolle, aber da gibt es jemanden, der bestimmt, was veröffentlicht werden darf und was nicht, und das ist sicherlich nicht besser. Immerhin gibt es hier und da Büchermacher, die sich nicht nach dem Verkaufserfolg richten und Bücher machen, auch wenn sie keine große Leserschaft haben. Und manche im Publikum wissen auch, daß es so etwas gibt. |
23.10.2023, 17:58 | #155 |
Moderatorin Internationale Comics
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Krimileser, denke ich, und davon gibt es eine ganze Menge.
Irgendwie baut jeder Krimi auf Klischees, aber manchmal ist es doch unterhaltsam, wenn eigene Erwartungen unterlaufen werden. Überraschungen gehören auch dazu. Es war nicht der erste Band einer Reihe, sondern der vierte, und da sollte schon Abwechslung geboten werden. Außerdem kann ich mir das als schriftstellerische Herausforderung vorstellen, übliche Schemata auf den Kopf zu stellen. Vielleicht hat sie mittlerweile einen Anspruch, der über bloße Unterhaltung hinausreicht. Unsympathen in der Hauptrolle haben in der ernsten Literatur eine gewisse Tradition, Sympathy for the Devil gewissermaßen. Silberhorns Manuskript kenne ich leider nicht; da müßte ich bei der Zielgruppe spekulieren. |
23.10.2023, 18:32 | #156 |
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Die Süddeutsche Zeitung hatte früher eine (regelmäßige?) Krimi-Kolumne. Und in den Literaturbeilagen gab es normalerweise eine Krimiseite. Das dürfte inzwischen alles eingespart sein.
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23.10.2023, 18:52 | #157 | |
Moderatorin Internationale Comics
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Zitat:
Das tut vermutlich am meisten weh, wenn das Manuskript sprachlich zwar den Ansprüchen des Verlages genügt, aber die Sympathien falsch verteilt sind. Die Grundkonstellation der Figuren gehört ja zu den Basics; und bei einer Revision müßte der komplette Stoff neu geschrieben werden. Ich kann mir vorstellen, dass auf beiden Seiten die Verantwortlichen davor zurückschrecken; für einen Verlag wäre solch ein Manuskript zu kostspielig, also ein Verlustgeschäft; und der Autor müßte über seinen Schatten springen, sein Werk zunächst zerstören und dann auf andere Weise neu zusammensetzen. Das kostet zuviel Herzblut. Bei einem historischen Setting, mit ausreichend Abstand zu den beschriebenen Ereignissen und Figuren, besteht wohl eine reelle Chance, dass der Verlag das Manuskript durchwinkt und absegnet. Silberhorns Achillesferse liegt sicher in dem Umstand begründet, dass sie fast die unmittelbare Gegenwart thematisiert hat. Da leben noch zu viele Leute, denen sie damit auf die Zehen tritt. |
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23.10.2023, 19:09 | #158 |
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Wir reden hier von unterschiedlichen Dingen:
Wird ein Roman von der Literaturkritik beachtet und besprochen oder nicht? Oder: Wird ein Romanmanuskript überhaupt veröffentlicht oder nicht? Ich habe mich erstmal aufs Feuilleton bezogen, weil ich selbst Journalist bin (wenn auch kein Literaturkritiker). Ob ein Autor einen Verlag findet, der sein Buch macht, ist eine ganz andere Frage. Wobei man da sagen könnte: Wenn ein Verlag das Buch nicht macht, dann gibt's noch eine ganze Menge andere Verlage. Und im schlimmsten Fall print on demand. |
23.10.2023, 19:55 | #159 |
The Good
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Das Autoren noch auf Verlage angewiesen sind halte ich mittlerweile für eine Legende. Klar hat es gewisse Vorteile im Verlag zu veröffentlichen, aber für den eigenen Geldbeutel ist es schöner, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Frau Silberhorn kenne ich zwar nicht, aber dass sie mit der Thematik weder bei Verlag noch Lesern auf offene Arme stoßen würde, muss ihr doch klar gewesen sein. Rein wirtschaftlich betrachtet macht ein Krimi mit diesem Thema von einer Midlist Autorin keinen Sinn. Viele Leser reagieren schon bei wenigen Absätzen über Corona, Masken etc. allergisch. Sogar Stephen King bekommt das zu spüren bei seinem neuen Roman ("Holly"). Deshalb jetzt gleich die Autorinnenkarriere aufzugeben? Na ja, scheinbar war das eh nur nebenberuflich, sonst wäre das nicht so leichtfertig geschrieben. |
23.10.2023, 20:09 | #160 |
Moderatorin Internationale Comics
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In der Regel brauchen Autoren ein Buch, um von der Öffentlichkeit beachtet zu werden. Deshalb habe ich bei Silberhorn Tellkamp erwähnt, für den das nicht mehr zutrifft. Tellkamp ist mittlerweile eine Person der Zeitgeschichte, die auch ohne einen Anlaß in die Medien kommen kann, was der Dokumentarfilm über ihn beweist.
Auf Silberhorn trifft das nicht zu; ihre Schwierigkeiten mit dem Manuskript sind deshalb ihre Privatangelegenheit. Die kann sie gern mit Kolleginnen und Kollegen besprechen, von öffentlichem Interesse sind sie nicht. Als kleine Autorin liegt sie unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Um eine Debatte in Gang zu setzen, müßte sie als Präzedenzfall inszeniert werden. Wie du schon geschrieben hast, der Platz im Feuilleton wird immer kleiner. So etwas Grundsätzliches wird dort nicht mehr verhandelt. In einer der ersten Folgen des Literarischen Quartetts mit Reich-Ranicki, Löffler und Karasek ging es um den Buchmarkt im allgemeinen. Wahrscheinlich sind die Zeiten dafür vorbei. Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass die Vogelperspektive auf die Branche genügend Resonanz erzeugen kann, um für ein breites Publikum interessant zu werden. Es traut sich nur niemand. Von Literaturkritik und Rezensionen war bei mir nie die Rede, mir ging es immer nur um Manuskripte ... |
23.10.2023, 21:32 | #161 |
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Doch, davon war die Rede:
Aber ich sehe, daß es Dir hauptsächlich um Verlagspolitik geht. Dabei kann ich nicht so mitreden. |
28.10.2023, 14:09 | #162 | ||||
Moderatorin Internationale Comics
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Der Artikel von Sonja Silberhorn erschien nach den Nachdenkseiten in der Schweizer Weltwoche.
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Das letzte Wort ist in der Hinsicht nocht nicht gesprochen. Warten wir es ab. Geändert von Servalan (28.10.2023 um 14:35 Uhr) |
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28.10.2023, 14:23 | #163 |
Moderator sammlerforen
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Glückwunsch zu deinen jetzt über 10.000 interessanten und gehaltvollen Beiträgen, liebe Servalan.
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26.03.2024, 12:31 | #165 |
Moderatorin Internationale Comics
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In den letzten 50 Jahren hat sich der Buchmarkt gewaltig verändert, so dass heute andere Prinzipien gelten und Mechanismen greifen als damals. Wer gut zwei Stunden erübrigen kann, dem empfehle ich zwei Videos, in denen diese Umbrüche plastisch geschildert werden.
Oben hatte ich ja schon einmal das (alte) Literarische Quartett erwähnt, die ZDF-Sondersendung zum Buchmarkt, soweit ich mich erinnere, immer freitags auf dem Sendeplatz der Kultursendung aspekte. Üblicherweise wurden dort drei bis sechs belletristische Bücher, meist Romane, von professionellen Literaturkritikern unter der Schirmherrschaft des bärbeißigen Marcel Reich-Ranicki rezensiert; allerdings gestattete sich diese Reihe einige Freiheiten. Davon zeugt die vierte Ausgabe vom 16. Dezember 1988 (76:32 min) aus Hamburg, in der Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löffler, Hellmuth Karasek und Jürgen Busche über das Verlagswesen und den Literaturbetrieb im allgemeinen diskutieren. Sie sehen den Handel mit Büchern, den Umgang mit der kulturellen Ware, natürlich aus der Sicht der Literaturkritik und kommen zum Beispiel auf das Thema Übersetzungen. Mein Hauptaugenmerk liegt auf dem damals noch rein analogen Buchhandel, und in der Hinsicht betonen die Kritiker zum einen den Einfluß von den kleinen Buchhändlern vor Ort, die ihren Kunden bestimmte Titel empfehlen und so das Kaufverhalten beeinflussen können. Zum anderen gibt es eine Stufe höher die Verlagsvertreter bei den Buchhändlern, die mit ihren Freiexemplaren gewisse Titel des Verlags ins Rampenlicht rücken und so eine wohlgesonnene Atmosphäre aufbauen können. Das ernüchternde Pendant über den Zustand des Buchhandels von heute liefern die beiden Wirtschaftsblogger Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt in Episode 240 (März 2024, 50:51 min) ihrer Reihe Wohlstand für Alle: Adorno, TikTok und der Buchmarkt. Wer ein Buch auf den Markt bringen möchte, sollte sich das anhören, um einen realistischen Eindruck von seinen Chancen und Möglichkeiten zu bekommen, ein größeres Publikum zu erreichen. Denn auf der einen Seite setzt der Sektor Buchmarkt heute in Deutschland 130 Milliarden Euro um, aber einen nicht geringen Anteil an dieser Tendenz tragen gestiegene Preise für Papier und Druck. Zudem sind im letzten Jahrzehnt 10 Millionen Leser verloren gegangen. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch das Matthäus-Prinzip: Wer anderswo prominent ist, hat es leichter, auf dem Markt zu reüssieren und der kann auch mit besserer Werbung rechnen. Hinzu kommt, dass große Verlage den Markt beherrschen, und selbst diese sind meist nur Filialen von internationalen Medienkonzernen, wie zum Beispiel der Carlsen Verlag, der zum schwedischen Bonnier-Konzern gehört. Agenturen haben heute einen großen Einfluß, und die immer weitere Aufsplitterung in Subgenres werden Romane kleinteilig standardisiert, damit das Publikum das bekommt, was es erwartet. Entsprechend ernüchternd ist das Berufsbild Schriftstellerei, denn 80 % der Autoren benötigen einen Brotberuf, um nicht am Hungertuch zu nagen. Die meisten Autoren verdienen nur 1.000 Euro - im Jahr! |
26.03.2024, 13:47 | #166 |
The Good
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Auf der LBM wurden gefühlt 50% des erwähnten Jahresumsatzes gemacht. Es ist schon teilweise unglaublich zu sehen, was manche für Unsummen für bedrucktes Papier ausgeben. Wenn das Buch dann noch einen Farbschnitt hat und schon auf TikTok zu sehen war, setzt das Stammhirn aus und die Scheine fliegen nur so über den Tresen. Ach ja, der Inhalt der Bücher ist (fast) egal. Hauptsache spicy und so …
Das Schriftstellerei selten zum Leben reicht, ist ja nix neues. Aber ich habe das Glück, zu den anderen 20% zu gehören. |
26.03.2024, 14:45 | #167 |
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Der Widerspruch von Kunst und der Verwertbarkeit einer Ware ist wohl in den seltensten Fällen aufzulösen. Wenn ich mit meiner Kunst Einnahmen erzielen will, brauche ich zwingend ein Publikum, das gewillt ist, sie zu kaufen. Es ist nun mal ein seltener Glücksfall, wenn die Leute das kaufen, was für mich individueller künstlerischer Ausdruck ist.
Also muß ich mich damit abfinden, daß meine künstlerische Arbeit wenig - oder kein - Geld einbringt, und mich anderweitig finanziell über Wasser halten. Oder ich werde nur dann Künstler, wenn mir das meine finanzielle Situation ohnehin gestattet (auch dafür gibt es viele Beispiele). Ein problematischer Weg ist, als Künstler von Subventionen zu leben. Die bessere Alternative war vielleicht der Mäzen katholische Kirche bis Ende des 18. Jahrhunderts; da war der Künstler (ich rede jetzt hauptsächlich von bildender Kunst und Musik) zwar inhaltlich eingeschränkt, aber zumindest im Formalen ziemlich frei. Ich lebe zwar selbst vom Schreiben, aber nur in Form von Gebrauchstexten, mit denen ich mich nicht künstlerisch ausdrücke. Nachsatz: Natürlich kann künstlerischer Ausdruck im Internet niemals ein Ersatz für ein gedrucktes Werk sein. |
04.04.2024, 13:53 | #168 |
Moderatorin Internationale Comics
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Die aktuelle Ausgabe (3. April 2024) von kulturzeit auf 3sat macht mit dem Thema "Autoren und KI - die Angst ums Urheberrecht" auf. Nach dem Beitrag folgt ein Interview mit der Autorin Nina George, einer erfolgreichen Schriftstellerin, die im Berufsverband European Writers Council und bei VG Wort als Funktionärin einen gewissen Einfluß hat.
Denn bislang hat der Einsatz von KI-Programmen in der Kreativwirtschaft in den USA zu einer Klagewelle geführt, und in der EU in einem halben Jahr mit dem AI Act eine ähnliche Regelung, die weiteres Chaos verursachen wird. Am 26. Januar 2024 veröffentlichten die 44 Verbände der Initiative Urheberrecht ihren Offenen Brief der Kreativwirtschaft an die Bundesregierung, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Jeder menschliche Autor kennt zumindest das Urheberrecht und den Begriff des geistigen Eigentums, bei dem eine gewisse Schöpfungshöhe vorausgesetzt wird, um ein eigenes Werk als solches bezeichnen zu dürfen. Natürlich beziehen sich Texte immer auf andere Texte, aber die Details regeln ja die Vereinbarungen zu den gemeinfreien Werken, zum Zitatrecht oder bei satirischen Verfremdungen im Bereich Hommage und Parodie. Andernfalls sind die literarischen Werke bloß Plagiate oder epigonale Kopien. Nina George und der Offene Brief weisen nun darauf hin, dass hinsichtlich der KI eine Doppelmoral praktiziert werde. Denn KI-Programme wie Midjourney oder Meta werden mit Datensätzen gefüttert, die teilweise aus dubiosen Quellen stammen, also digitalen Raubdrucken von Piratenseiten, so dass hier ein mehrfacher Verstoß gegen geltendes Urheberrecht vorliegt. Jetzt wird also eine Diskussion angestoßen, damit in wenigen Monaten in der EU keine Klagewelle losbricht. Die KI liefert zur Zeit so beeindruckende Ergebnisse, weil sie einen Freibrief zum Wildern hat. Aber gilt nicht die Regel, dass Gesetze für alle Beteiligten verpflichtend sind ... |
09.06.2024, 15:26 | #169 |
Moderatorin Internationale Comics
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Bekannte Stoffe frisch durchgelüftet
Es gibt mehrere Arten, sich mit bekannten Stoffen zu beschäftigen.
Wenn es um bewußte Hommagen geht, zum Beispiel um das Vorbild zu einem Jubiläum zu ehren, werden jüngere Autoren meist eingeladen und um kürzere Texte gebeten. Dann sind da natürlich bei berühmten Stoffen die unvermeidlichen Parodien, die sich die Vorbilder in der Regel gefallen lassen müssen, auch wenn die Parodien nicht immer schmeichelhaft sind. Darüber hinaus existiert ein weiterer Ansatz, nämlich die Intertextualität, wenn bekannte Stoffe - häufig sobald mit dem Copyright das Urheberrecht abgelaufen ist - in neue Formen gegossen werden. Zu den bekannteren Beispielen hierfür aus dem deutschen Sprachraum zählt die Neubearbeitung von Theodor Storms Novelle Der Schimmelreiter durch Robert Habeck und Andrea Paluch in ihrem Roman Hauke Haiens Tod. Habeck und Paluch haben den Stoff modernisiert, indem sie ihn in die Gegenwart verlegt haben - alle weiteren Änderungen ergaben sich dann als Konsequenzen ihrer Prämisse. Die kreative Freiheit bietet insofern einen breiten Spielraum, wenn für die Stoffe neue Textformen gefunden werden. Jede neue Fassung ist zugleich eine Interpretation, eine frische Version, und bei der hängt es wie bei jeder ernsthaften literarischen Arbeit von der Qualität der Sprache ab, ob sie Zuspruch beim Publikum und der Kritik findet, beziehungsweise ob sie eine eigene Duftmarke setzen kann, die sie aus der Masse der epigonalen Werke erhebt. Ein gutes Beispiel für diesen kritisch-reflexiven Ansatz liefert Percival Everetts gegen den Strich gebürstete Version von Mark Twains Klassiker Huckleberry Finn in seinem Roman James. A Novel (Doubleday Publishers 2024) | James (Hanser 2024). Obwohl Everett sich in weiten Teilen der Handlung an seinem Vorbild orientiert, verändert er die Perspektive, indem er aus der Nebenfigur des Sklaven Jim seinen Protagonisten James macht, und auf diese Weise in einem leicht lesbaren Abenteuerbuch für Erwachsene eine Kritik an der Sklaverei äußert, die sich an konkreten Vorfällen belegen läßt und deshalb umso eindrucksvoller wirkt. Das Spiel mit bekannten und berühmten Stoffen kann also weitaus mehr sein als eine Fingerübung in einem Workshop Kreatives Schreiben. Wie das Potential genutzt wird, hängt einzig und allein von der literarischen Versiertheit des Autors ab, denn zum Schluß muß das Werk für sich allein stehen können. Wie heißt es so schön: Frechheit siegt! |
11.06.2024, 16:55 | #170 |
Moderatorin Internationale Comics
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Das juristische Drumherum für Kreative und Autoren
Natürlich gibt es auch bei kreativen Tätigkeiten wie dem Verfassen von literarischen Werke juristische Fallstricke, die man lieber kennen sollte, bevor man aktiv wird. Da die wenigsten juristische Vollprofis sind, die sich im Fachchinesisch auskennen, stoßen gute Ratgeber in diese Lücke.
Hier folgt eine Empfehlung.
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12.06.2024, 12:16 | #171 |
Moderatorin Internationale Comics
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Rasches und kompaktes Rüstzeug - nicht nur für Anfänger
Der Literaturkritiker Wolfgang Tischer betreut schon seit Jahrzehnten den Blog literaturcafe.de, steckt also tief in der Materie und kann gute Ratschläge bieten. Er kommentiert aktuelle Entwicklungen des Buchmarkts, womit er konkrete Hilfen für die schreibende Zunft bietet.
Zusammen mit der Schriftstellerin Diana Hillebrand betreibt er den Schreibzeug-Podcast. Der Podcast für alle, die schreiben - oder auch nicht, deren Folgen alle 14 Tage erscheinen und rund eine Stunde dauern. Jede Folge widmet sich einem bestimmten Thema, gewährt Einsichten und Anregungen, kann jedoch die persönliche Schreibpraxis oder Erfahrungen in Kreatives Schreiben Workshops nicht ersetzen. Unter den letzten Folgen waren zwei, die sich als rasche Einstiegshilfe für Schreibanfänger eignen, weil sie kompakt grundlegendes Wissen vermitteln und leicht verständlich sind. Am 22. April 2024 präsentierte Wolfgang Tischer diese beiden Episoden in einem Beitrag seines literaturcafe.de:
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Gestern, 13:30 | #172 |
Moderatorin Internationale Comics
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Dialoge in der Belletristik
Besonders für Anfänger sind Dialoge ein heikles Terrain, denn die funktionieren anders als das gewöhnliche Gespräch im Alltag. Häufig gilt hier ein Realismus als Richtschnur, aber platt, banal und trivial dürfen die Dialoge nicht wirken. Sie müssen schon einen Mehrwert bieten, wenn sie in der direkten Rede stattfinden, zumal vom Autor eine persönliche Handschrift verlangt wird. Am besten ist es natürlich, wenn jede Figur ihre eigene Stimmlage hat, an der sie identifizierbar ist. Von daher ist das Wie fast noch wichtiger als das, was gesagt wird.
Der Lehrer für Kreatives Schreiben Robert McKee spricht davon, dass die Dialoge einen Subtext haben müssen, um das Publikum und die Kritik zu überzeugen. Das bedeutet, in der Rede schwingt das Ungesagte mit, und der Autor weiß sehr genau, was er damit ausdrücken, auch wenn die Figuren selbst sich nicht im klaren sind. Sein Ratgeber bezieht sich auf die dramatischen Sparten Theater und Film, wobei er den Unterschied zur Belletristik herausarbeitet. Allgemein wird McKee nachgesagt, er bringe nur das, was schon seit Aristoteles bekannt ist; aber der Mehrwert seines Ratgebers liegt darin, dass er seine Argumente ausgiebig mit konkreten Beispielen belegt.
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