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Alt 26.01.2023, 15:37   #651  
Peter L. Opmann
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"Unnachahmlicher Plaudercharme" würde auf Elmar Gunsch aber auch zutreffen. Er war auch Radiomoderator.

Wäre interessant, ob "Wiedersehen macht Freude" das Konzept und die Dachkammer-Kulisse wirklich vom DDR-Fernsehen geklaut hat.
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Alt 26.01.2023, 15:49   #652  
Servalan
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An Auschnitte aus Fernsehshows kann ich mich gar nicht erinnern. Was mir im Gedächtnis geblieben ist, sind die "Kabinettstückchen", so hat Elmar Gunsch die präsentierten Clips genannt. Für ihn waren das einzelne Szenen, die aber für sich standen und auch gut als Kurzfilme funktionierten. Eine zeigte zum Beispiel Gert Fröbe in "Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten", wie seinen preußischen Marsch zum Besten gibt.

Ob das nun gerade aus der DDR abgekupfert wurde? Häufig wurden doch Shows und Konzepte aus den USA und dem Vereinigten Königreich mit einer deutschen Version bedacht (siehe das Vorbild für Ekel Alfred!). Mit dem Bruder von Graham Greene, Hugh Greene, saß ein Brite ganz oben, als mit dem NWDR der Nachkriegsrundfunk von den Alliierten aufgebaut wurde.
Ich würde da nach Vorbildern für Elmar Gunsch stöbern.
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Alt 26.01.2023, 16:06   #653  
Peter L. Opmann
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Ich habe mich nur gewundert, daß Gunsch in dem youtube-Clip tatsächlich in einer Dachkammer sitzt.

Da präsentiert er übrigens einen Auftritt von Wencke Myrhe.

Ich habe "Elmar Gunschs Kabinettstückchen" auch mal im Fernsehen gesehen - aber da war ich etwa 16 und fand die Sendung eher langweilig...
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Alt 26.01.2023, 16:32   #654  
Servalan
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Bei mir hing das von der Qualität der Kabinettstückchen ab.
Wenn mir etwas gefallen hat, habe ich das als Hinweis verstanden, darauf zu achten, ob irgendwann der komplette Film über die Mattscheibe läuft. Dadurch habe ich ein gewisses Grundwissen über die Filmgeschichte bekommen.

Mein Vater war Hobbyfilmer und hat Familienurlaube auf 8mm-Film gebannt.
Ein paar Zeichentrickfilme hat er eher widerwillig gekauft. Die haben wir aber nur ein- oder zweimal gesehen. Projektor und Leinwand waren ziemlich umständlich zu handhaben.

Während meiner Schulzeit hat ein Klassenkamerad, ich glaube, es war der Sohn des Bäckers, mal einen Filmnachmittag organisiert. Dafür hat eine oder zwei Mark Eintritt genommen, was ich happig gefunden hab; weil ich mitreden wollte, habe ich natürlich gezahlt. Das lief auch über einen 8mm-Projektor.

Bevor es DVDs gab, waren Comics mein Ersatz für Filme, und für etliche Filme gibt es ja eine Comicfassung.
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Alt 26.01.2023, 17:10   #655  
Peter L. Opmann
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In die Super-8-Szene habe ich auch ein bißchen Einblick bekommen. Ich hatte einen Freund, der mit Kamera, Schneidegerät, Filmprojektor, Leinwand und alldem ausgestattet war. Ich habe ihm 1984 ein Drehbuch geschrieben: "Rabenschwarzer Tag" (eine Geschichte zwischen Hitchcock und Will Eisner).

Wir haben den Film dann auf ein paar Super-8-Treffen gezeigt, wo wir Aufsehen erregten. Da gab es fast nur Natur- oder Familienfilme zu sehen; wir waren die einzigen mit einem halbwegs funktionierenden Spielfilm. Später waren wir auch beim "Bundes-Schülerfilm-Festival", wo wir aber nicht so herausstachen. Da gab es viele technisch bessere und auch witzigere Filme.

Mein Freund hat auch Filmnachmittage mit Eintritt veranstaltet - da war ich aber nie dabei. Soweit ich weiß, hatte er eine ganz ordentliche Sammlung von James-Bond-Filmen (wobei Super-8 ja immer nur ein Zusammenschnitt war).

Um mich mit der Filmgeschichte vertraut zu machen, habe ich mir immer komplette Filme im Fernsehen angesehen (wobei ich schon mal vor dem Ende eingeschlafen bin, wenn so ein Film um 23.50 Uhr oder so lief). Ich habe auch durch schlechte Filme gelernt (eben, wie man es nicht machen sollte). Aber ein so besessener Filmegucker wie etwa Martin Scorsese war ich dann doch nicht.

Geändert von Peter L. Opmann (26.01.2023 um 17:55 Uhr)
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Alt 26.01.2023, 17:43   #656  
Servalan
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War „Aufbruch der Blutcrew“ - den du schon erwähnt hast - eigentlich ein Super-8-Film? War der auf Video gedreht worden? Oder war der in einem Kinoformat wie 35mm gedreht worden?
Das klang mir doch sehr nach einem Fanprojekt mit viel Herzblut und LowBudget oder NoBudget ...
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Alt 26.01.2023, 17:54   #657  
Peter L. Opmann
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Weder - noch - noch. Es war 16 Millimeter.

"Aufbruch der Blutcrew" war der zweite Film, den Rochus Hahn an der Hochschule für Fernsehen und Film München gemacht hat. Es war ja auch Michael Gutmann beteiligt als zweiter Regisseur und Nebendarsteller. Wie der Film zustandekam, weiß ich nicht so genau. Aber soweit ich mich erinnern kann, brauchte der Film am Ende noch eine Finanzspritze für die Special Effects, die für die Schießerei und die Explosionen in der Kiesgrube nötig waren.

Ich habe bei einem Comic-Labor-Treffen das Drehbuch gelesen und habe den Kopf darüber geschüttelt. Für mich war die Handlung völlig konfus. Ich könnte mir vorstellen, daß manches, was heute das Persönliche an dem Film ausmacht, erst am Drehort improvisiert worden ist. Ich war damals Schüler und konnte nur ab und zu mal beim Drehen vorbeischauen. Meine eigene Rolle hat sich jedenfalls so ergeben: "He, wir brauchen mal eben zwei Leute, die auf den Hof stürmen und erschossen werden..."
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Alt 26.01.2023, 18:18   #658  
Servalan
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Das kann jedenfalls als Kinoformat gelten.
In dem Kommunalen Kino, in dem ich mein Jahrespraktikum abhalten durfte, waren jedenfalls 16mm-Projektoren vorhanden, die des öfteren zum Einsatz kamen, zum Beispiel bei Filmfestivals.

Professionell setzte sich 16mm bei Fernsehformaten, bei Dokumentationen und im Independentbereich durch - Darren Aronofsky hat die meisten seiner Filme in diesem Format gedreht. Mittlerweile dürften die von digitalen Formaten abgelöst worden sein; eine Handykamera hat ja fast jeder in seinem Smartphone dabei.
Dann hat sich die Blutcrew am höchsten Standard für Amateure orientiert. Meine Hochachtung!

Geändert von Servalan (26.01.2023 um 18:28 Uhr)
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Alt 26.01.2023, 18:49   #659  
Peter L. Opmann
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Soviel ich weiß, wurden Filmmaterial und Ausrüstung von der HFF gestellt. Die Special Effects mußten dagegen privat finanziert werden.
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Alt 27.01.2023, 06:54   #660  
Peter L. Opmann
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Heute bin ich nicht mehr so sicher, aber lange habe ich „Goldrausch“ (1925) für den besten Film von Charlie Chaplin gehalten. Vielleicht deshalb, weil er sich selbst so geäußert hat. Aber er hat mich tatsächlich emotional sehr mitgenommen, weil Chaplin eine Zurückweisung inszeniert, die mich noch immer ziemlich anrührt, die aber doch in Zuneigung, vielleicht Liebe umschlägt. Ansonsten empfinde ich den Film, der sicher ein großes Kinostück ist, inzwischen als ziemlich episodisch (ohne Drehbuch improvisierte Chaplin wie gewohnt alle Szenen), und er besteht aus Teilen, die nicht so recht zueinanderpassen: Es geht um das Überleben in Kälte und Wildnis, um die titelgebende Gier nach Gold und Reichtum, um Außenseitertum und das Gefühl, unbe- und verachtet zu sein, und dann gibt es doch ein fast aufgesetzt wirkendes optimistisches Ende. Dennoch ergibt „Goldrausch“ ein rundes Ganzes, weil Chaplin mit seiner Slapstick-Kunst alles zusammenhält.

Wie immer ein Blick auf den Inhalt, wobei ich vorausschicke, daß Chaplin zu dem Goldrausch-Thema durch Pressefotos und Berichte angeregt wurde. Zuerst sah er wohl eine endlose Schlange von Goldsuchern, die sich in Kanada durch den Schnee kämpfen. Sein Sinn für Humor wurde dann angeregt, als er von Glücksrittern las, die, vom Schnee eingeschlossen, anfingen, ihre Schuhe samt Schnürsenkeln aufzuessen. Ersteres wurde der Anfang seines Films, letzteres die wohl berühmteste Szene. Chaplin, in seiner bekannten Tramp-Montur, geht mit auf Goldsuche, als bekannt wird, daß am Klondyke Gold gefunden wurde. Er begegnet einem Bären, ohne ihn zu bemerken; und in einem Schneesturm flüchtet er sich in eine Schutzhütte, wo er auf einen gesuchten Mörder trifft (Tom Murray). Goldsucher Mack Swain, ein Schrank von Mann, aber verträglich, kommt hinzu, und zwischen den drei ungleichen Männern ergibt sich eine schwierig auszubalancierende Beziehung. Das Unwetter will nicht enden, und Murray wird schließlich ausgelost, für alle etwas zu essen zu besorgen. Er findet jedoch Swains Goldmine und kehrt nicht zurück.

Chaplin und Swain überleben. Swain trifft darauf auf Murray und tötet ihn in einem Kampf. Chaplin erreicht eine Goldgräberstadt, wo er die Animierdame Georgia Hale kennenlernt. Sie ist mit einem schneidigen Kerl zusammen, macht aber Chaplin vor, sie habe auch für ihn etwas übrig. Chaplin bereitet darauf für sie und ihre Freundinnen eine opulente Silvesterfeier vor, obwohl er überhaupt kein Geld hat. Während er auf die Frauen wartet, schläft er in seiner Hütte ein und träumt, er unterhalte sie mit einem verrückten Brötchentanz (die er auf Gabeln aufspießt). Als er aufwacht, ist Silvester schon fast vorbei, und er erkennt, daß sie wohl nicht kommen werden. Hale, die ihre Zusage tatsächlich längst vergessen hat, will den komischen kleinen Tramp necken, aber der ist nicht mehr da. Dabei sieht sie, daß er auf sie gewartet hat, und empfindet Reue.

Chaplin trifft inzwischen in der Stadt Swain wieder, der nach dem Kampf mit Murray sein Gedächtnis verloren hat. Er weiß nicht mehr, wo sich seine Goldmine befindet. Aber Chaplin weiß zumindest, wo die Hütte ist, in der sie die Zeit des Schneesturms verbracht haben. Sie finden sie tatsächlich wieder, übernachten dort, müssen sich aber am Morgen retten, weil sie an den Rand eines Abgrunds gerutscht ist. Dann stoßen sie tatsächlich auf die Goldmine, und Swain macht aus Dankbarkeit auch Chaplin reich. Auf der Rückfahrt in die USA trifft Chaplin auf einem Schiff Hale wieder. Weil er jetzt wie ein Finanzmagnat aussieht, erkennt sie ihn zunächst nicht. Aber dann erzählt er der Presse von seinen Abenteuern als Goldsucher, und ihr wird klar, wen sie vor sich hat. Glücklicherweise hat er die Absicht, sie zu heiraten…

In gewissem Sinn ist das eine pubertäre Fantasie: Später werde ich mal berühmt, und dann wird es allen leid tun, daß sie mich so schäbig behandelt haben! Aber dann gibt es auch den Aspekt, daß Scherz mit dem Grauen getrieben wird. Auch wenn jemand fast verhungert oder auf andere Weise zu Tode zu kommen droht, kann das Chaplin als lustig betrachten, und zwar, ohne daß das unanständig wirkt. Chaplin hat „Goldrausch“ übrigens mindestens zweimal neu ins Kino gebracht: 1942 und 1954. Dafür versah er den Film nachträglich mit Ton, nämlich einer Erzählerstimme. Den ursprünglichen Stummfilm zog er dafür ein. Ich glaube, „Goldrausch“ könnte auch heute noch neu ins Kino kommen (vielleicht diesmal mit einer zeitgemäßen Filmmusik) und würde erneut sein Publikum finden.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 07:21   #661  
Crackajack Jackson
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Ich persönlich, kann die Chaplin Filme nicht gegeneinander vergleichen oder bewerten.
Für mich sind: Goldrausch, Lichter der Großstadt und Der große Diktator auf einem gleich hohen Niveau.
Mal gefällt mir der eine etwas besser, mal der andere.

Die Sylvester Szene bei Goldrausch ist sehr berührend.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 07:50   #662  
Peter L. Opmann
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Ich wollte darauf hinaus, daß der Film erzählerisch keine Einheit bildet. Ich denke, man merkt, daß Chaplin etwa die Episode mit dem Bären filmte, der ihn im Eis verfolgt, und sich dann überlegte: So, was mache ich jetzt als nächstes? Er hat zwischendurch manchmal wochenlang die Dreharbeiten unterbrochen, weil er nicht wußte, wie es weitergehen sollte.

Aber trotzdem ist es ein toller Film.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 07:55   #663  
Crackajack Jackson
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Diese Filme haben für mich, aufgrund ihres Alters, eine ganz eigene Atmosphäre, aber Du hast recht: Es sind Evergreens.

Vielleicht stammt es daher, dass in den Stummfilmzeit die Filme eher kürzer und episodenhafter waren. Für einen längeren Film wurden dann mehrere Episoden aneinandergehängt. Immerhin schafft es Charlie Chaplin, den roten Faden nicht zu verlieren.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 08:08   #664  
Nante
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Ich hatte ja auch schon mal geschrieben, daß er neben "Modern Times" und "Der große Diktator" mein Lieblings-Chaplin ist.

Ja. er ist noch episodisch. Aber vielleicht gerade deshalb sind mir viele Szenen wohl für immer im Gedächtnis. Vor allem der "Brötchentanz" und die Hungerszenen in der Hütte, besonders natürlich die gekochten Schuhe.
Nante ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 08:23   #665  
Peter L. Opmann
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Also ich würde jetzt vielleicht zu "Lichter der Großstadt" tendieren. Es ist sicherlich der Höhepunkt des sentimentalen Chaplin - mit einer ergreifenden Virginia Cherill.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 08:40   #666  
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Ist auch meine Meinung.
Crackajack Jackson ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.01.2023, 10:47   #667  
Servalan
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Wie immer ein Blick auf den Inhalt, wobei ich vorausschicke, daß Chaplin zu dem Goldrausch-Thema durch Pressefotos und Berichte angeregt wurde.
Chaplin war auch ein Meister darin, seine eigenen Qualitäten zu vermarkten. Insofern würde ich seine persönlichen Äußerungen nur mit Vorsicht genießen.

Ja, Chaplin hat dieses Stummfilm-Meisterwerk improvisiert, allerdings hatte er gute Steilvorlage: Besonders wenn ich an die vierteilige Jack-London-Verfilmung "Lockruf des Goldes" (Bundespublik Deutschland / Frankreich / Österreich / Rumänien 1975) von Wolfgang Staudte und Serge Nicola denke, dürfte es da reichlich Material gegeben haben. Die Bilder mit der Schlange der Goldsucher am eisigen Chilkoot Pass und das Dreckloch Dawson an der Mündung des Klondike in den Yukon halte ich für ikonisch. Für Chaplin dürfte eines der Probleme darin bestanden haben, sich um Vorlagen herumzuschummeln, weil er nichts verfilmen, sondern etwas Eigenständiges erschaffen wollte: Mit dem Brötchentanz, dem über dem Abgrund kippelnden Haus und dem Vertilgen des eigenen Schuhs (aus Lakritze, soweit ich weiß) ist ihm das gelungen.

Zu Chaplins Meisterwerken zähle ich unbedingt noch "The Kid | Der Vagabund und das Kind" (1921) mit dem Kinderstar Jackie Coogan; "Goldrausch" ist natürlich großartig, aber "Der große Diktator" gefällt mir persönlich besser.
"Modern Times" halte ich für eine gelungene Satire auf den Taylorismus, also die Arbeitsteilung nach dem Vorbild der Ford-Werke.
Wegen des biographischen Hintergrundes genießt "Limelight | Rampenlicht" (1952) bei mir ebenso viel Gunst wie "Lichter der Großstadt".

Chaplin konnte offenbar schlecht delegieren, weswegen auf ihn der Begriff des Autorenfilms im engsten Maße zutrifft: Er war nicht nur (meist) der Hauptdarsteller, vielmehr konnte er neben den Schlüsselpositionen Regie und Produktion auch das Drehbuch, den Schnitt und die Musik verantworten - und das auf einem Niveau, das Maßstäbe setzte. Leute wie John Carpenter und Russ Meyer eifern ihm zurecht nach ...
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Alt 27.01.2023, 12:05   #668  
Peter L. Opmann
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Gestern hätte ich beinahe noch die Chaplin-Biografie von David Robinson zu Rate gezogen. Aber vor allem, weil mich interessiert hat, wie das mit Lita Grey und Georgia Hale war. Wäre mir dann aber doch zu aufwendig gewesen. Und ich denke, man könnte gut einen Thread allein über Chaplin schreiben. Aber das habe ich nicht vor.
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Alt 28.01.2023, 06:28   #669  
Peter L. Opmann
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An den französischen Zeichentrickfilm „Der König und der Vogel“ (1979) von Paul Grimault erinnere ich mich vor allem deshalb, weil ich ihn bei einem Erlanger Comic Salon zusammen mit einer Comiczeichnerin gesehen habe. Da gibt es ja immer auch ein comicbezogenes Kinoprogramm. Sie wollte den Film sehen; ich hatte von ihm noch nichts gehört, ging aber mit. Im Vergleich zu einem Disneyfilm war das ein recht herbes Werk, aber es lohnte sich reinzugehen. Und sie schickte mir später noch einen Bildband zum Film.

Laut diesem Buch hatte der Dichter Jacques Prevert 1946 die Idee zu dem Film; als Anregung diente ihm ein Märchen von Hans Christian Andersen („Die Hirtin und der Schornsteinfeger“). Prevert brachte das Märchen als Motiv in seine Geschichte ein. Darum herum und im Vordergrund spielt sich der Machtkampf zwischen dem König und dem Vogel ab. Der König ist ein absolutistischer Herrscher, prunksüchtig und grausam – alle in seinem Reich (das ein wenig Steampunk-mäßig erscheint), bis hin zu seinem Schoßhündchen, müssen sich unterwerfen. Der Vogel jedoch ist frei und nutzt seine Lufthoheit, um den König beständig zu reizen und seinen Untertanen beizustehen. Ein paar Dinge passen freilich nicht ins Bild. Der König ist nämlich gleichzeitig ziemlich unfähig, und eitel ist er auch.

Der König läßt sich repräsentativ malen. In dieser Leinwand-Existenz mischt er sich in die Liebe zwischen der Hirtin und dem Schornsteinfeger ein. Auch in dieser Fantasiewelt verlangt er unbedingten Gehorsam. Als das Paar flieht, setzt der König seinen Polizeiapparat in Bewegung und aktiviert dann noch einen riesenhaften Roboter, der sie ihm zurückbringt. Der rebellische Vogel wird eingefangen und in einer Arena den Löwen vorgeworfen, aber er bringt sie auf seine Seite. Derweil führt der König die Schäferin vor den Traualtar. Der Vogel organisiert nun einen Aufstand gegen den König, an dem auch der Riesenroboter teilnimmt. Das Schloß des Königs sinkt in Trümmer. Der König wird am Ende einfach davongeblasen.

Zu diesem Märchen gehört, wie man sieht, auch Gewalt in verschiedenen Ausprägungen. Das stört in meinen Augen die poetische Atmosphäre; der Film entgeht jedoch auf diese Weise den gängigen Klischees. Dies ist mit Sicherheit kein Kinderfilm. Man fühlt sich natürlich auch an die Französische Revolution erinnert, wo das Freiheitsstreben ebenfalls wiederholt in Grausamkeit umschlug. Inwieweit „Der König und der Vogel“ in die französische Kultur paßt, weiß ich indes nicht – dafür kenne ich mich damit zu wenig aus.

In Norbert Stresaus Buch „Der Fantasyfilm“ lese ich, daß der Film schon 1953 entstanden ist, aber in einer vom Produzenten Andre Sarrut stark veränderten und in den Augen von Prevert und Grimault entstellten Fassung ins Kino gekommen ist. Daher hat Grimault (Prevert war erneut beteiligt, starb aber bereits 1977) das Werk noch einmal völlig überarbeitet und „um einige SF-Motive bereichert, die sich eher schlecht als recht in die originale Geschichte einfügten“ (Stresau).

Grafisch unterscheidet sich der Film wesentlich von amerikanischen Zeichentrickfilmen, namentlich dem Disney-Stil. Es gibt keine Bonbonfarben, keine Niedlichkeit, keine Appelle ans Gefühl. Im Reich des Königs herrscht eine deutliche Kälte, gegen die nur der Vogel ankämpft. Trotzdem sind die Figuren karikaturistisch aufgefaßt und die Kulissen märchenhaft gestaltet. Es ist eine Traumwelt, die auf absolute Harmonie verzichtet, eine mit kleinen Fehlern. Aber für mich war es in jenem Erlanger Kino gegenüber der Stadthalle ein Erlebnis.
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Alt 28.01.2023, 10:24   #670  
Nante
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Kannte ich bisher überhaupt nicht. Ein paar Ausschnitte aus YT sehen aber SEHR vielversprechnd aus. Muß ich mir wohl mal als Ganzes geben.
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Alt 28.01.2023, 14:20   #671  
Servalan
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Zitat:
Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Grafisch unterscheidet sich der Film wesentlich von amerikanischen Zeichentrickfilmen, namentlich dem Disney-Stil. Es gibt keine Bonbonfarben, keine Niedlichkeit, keine Appelle ans Gefühl. Im Reich des Königs herrscht eine deutliche Kälte, gegen die nur der Vogel ankämpft. Trotzdem sind die Figuren karikaturistisch aufgefaßt und die Kulissen märchenhaft gestaltet. Es ist eine Traumwelt, die auf absolute Harmonie verzichtet, eine mit kleinen Fehlern.
Der Film dürfte seine bedeutendste Wirkung in Fernost entfaltet haben: In der französischen Wikipedia gibt es ein Kapitel zum Nachruhm, und in dem widmet sich ein großer Abschnitt dem berühmten Studio Ghibli, vor allem den Gründern Hayao Miyazaki und Isao Takahata.

Die haben die verstümmelte Version "Die Hirtin und der Schornsteinfeger" schon 1950 in einem japanischen Kino gesehen. Im März 1992 gab es eine Grimault-Retrospektive im Pariser Palais de Tokyo; bei der Gelegenheit hat sich der Fan Takahata den Katalog von Grimault signieren lassen. Isao Takahata hat ein Romanistik-Diplom über französische Literatur und ist ein ausgewiesener Experte für das Werk von Jacques Prévert.

Hast du auch einen Lieblingsklassiker vom Studio Ghibli?

Geändert von Servalan (28.01.2023 um 15:02 Uhr)
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Alt 28.01.2023, 14:51   #672  
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Danke für die Anmerkungen.

Seltsam, daß es schon 1950 eine Version des Films zu sehen gab. Sowohl in den 50ern als auch in den 70ern scheint an dem Film jahrelang gearbeitet worden zu sein.

Ich bin kein Japan-Kenner. Ich mußte eben erst mal nachsehen, was es vom Studio Ghibli so gibt. "Das wandelnde Schloß" habe ich damals im Kino gesehen.
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Alt 29.01.2023, 06:35   #673  
Peter L. Opmann
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An diesem Film komme ich auf Dauer nicht vorbei: Natürlich habe auch ich „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (1981) von Ulrich Edel im Kino gesehen. Ich war 16 und durfte möglicherweise gerade eben rein. Als erstes geht es immer um die Frage, ob „Christiane F.“ vor dem Drogenkonsum warnt oder ihn im Gegenteil glorifiziert. Ich habe die Finger von Drogen gelassen, obwohl ich Freunde hatte, die zumindest gekifft haben – aber mich nie gedrängt haben mitzumachen. Allerdings hat nicht der Film das bewirkt, sondern Philip K. Dicks Roman „A Scanner Darkly“ („Der dunkle Schirm“), den ich zur gleichen Zeit gelesen habe und der schildert, wie jemand durch Drogen buchstäblich seinen Verstand verliert. Das war mir dann doch zu riskant…

Ob der Film gelungen oder gescheitert ist, wage ich nicht zu beurteilen. Er war jedenfalls praktisch Pflichtprogramm für Leute meines Alters (oder älter), wie übrigens auch das „Stern“-Buch, das ich allerdings nicht gelesen habe. Der Film vermittelt, trotz wahrscheinlich guter Absichten, unbestreitbar auch den Kitzel des Junkielebens in Berlin, aber vieles entsprach nicht meinen Erfahrungen, weil ich nicht in Berlin, sondern in einer Kleinstadt lebte. Natürlich gab’s auch da Drogen, aber auf einige Großstadtphänomene – einschließlich David-Bowie-Konzert – mußte man da verzichten. Deshalb kann ich sagen, daß „Christiane F.“ mir den Stoff nicht schmackhaft gemacht hat, aber ich kann mir vorstellen, daß er bei vielen Jugendlichen genau das bewirkte, was er nicht sollte.

Das Problem liegt darin, daß der Film auf Erfolg kalkuliert ist. „Christane F.“ war übrigens der erste große Coup von Bernd Eichinger, nachdem er Chef der „Neuen Constantin“ geworden war. Und Eichinger wußte, daß er nicht nur Eltern, Pädagogen und Drogenberatungsstellen zufriedenzustellen hatte, sondern vor allem die Jugend ins Kino ziehen mußte, die nach Identifikationsangeboten verlangte. Ich weiß nicht, wie es in der „Stern“-Reportage ist, aber der Film bietet daher auch das, was die Zielgruppe anspricht: Abnabelung vom Elternhaus, erste Liebe und erste Enttäuschung, Nachtleben ohne Grenzen, das Star-System (Bowie). Edel bemüht sich sehr um einen Dokumentarstil, er arbeitet auch mit Laiendarstellern und bringt das teilweise ziemlich schmuddelige und unwirtliche Berlin der Mauerzeit sehr gut zur Geltung. Er bedient sowohl die Erwartungen der Erwachsenen wie auch der Jugendlichen, und deshalb gilt der Film häufig als mißglückt.

Wie habe ich „Christiane F.“ wahrgenommen, und was ist mir im Gedächtnis geblieben? Die Familienverhältnisse von Christiane (Natja Brunckhorst) waren mir ziemlich fremd. Meine Eltern haben ganz gut auf mich aufgepaßt, ohne mich zu sehr einzuschränken, jedenfalls, als ich 16 oder 17 war. Meine Mutter war zu dieser Zeit nicht berufstätig. Christianes Freund Detlef (Thomas Haustein) scheint noch weniger unter elterlicher Obhut zu sein als sie. Theoretisch hätte ich auch in meiner Stadt die Nächte durchmachen können (auch wenn das sicher nicht ganz so spannend gewesen wäre wie in Berlin), aber mir war die Schule ebenfalls wichtig, und ich hätte wohl von selbst aufgehört, wenn sich beides nicht mehr hätte vereinbaren lassen. Prostitution zur Beschaffung des nächsten Drucks hätte ich mir noch viel weniger vorstellen können – wobei mir freilich die Erfahrung fehlt, wozu man als Süchtiger fähig ist. Interessanterweise habe ich im Gedächtnis behalten, wie Christiane am Ende eine ihrer wohl letzten Chancen nutzt, von den Drogen loszukommen. Weniger habe ich behalten, was aus ihren Freunden und Freundinnen geworden ist, obwohl ich lese, daß mitgeteilt wird, viele von ihnen seien sehr jung an ihrer Sucht gestorben. Ein Film, in dem pausenlos nur Drogen verteufelt werden, wäre vermutlich beim jugendlichen Publikum nicht angekommen. Es wird ja nicht verschwiegen, und auf verlogene Sensationsgier wird verzichtet, aber ein klares Urteil fehlt.

Hier möchte ich noch die Wertung der katholischen Filmkommission zitieren, die nicht bloß schrieb: „Wir raten ab“, sondern sich um eine differenzierte Betrachtung bemühte: „Beachtenswerter Versuch, über das Problem des Drogenmißbrauchs von Jugendlichen in einem Spielfilm aufzuklären. Der Film unterscheidet sich durch Ernsthaftigkeit und das Bemühen um Verständnis durchaus positiv von den spekulativen Produkten ähnlicher Thematik, dennoch weiß er sich nicht so recht aus den Klischees über Jugendliche, Drogenkonsum und Prostitution zu befreien. Auch verfällt er hin und wieder der grellen Faszination des Milieus.“
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Alt 29.01.2023, 12:56   #674  
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Mir geht es anders herum, den Film hab ich nie gesehen, nur das Buch gelesen. Allerdings auch nicht in dem Alter wo man noch vor Drogen gewarnt werden muß. Eher so Jahre später, als Nachgang um das Thema aufzuarbeiten, ich hatte einen guten Freund an die Drogen verloren. Verloren in Form von weg und völlig abgerutscht in die Szene. Ich selber bin glücklicherweise über den Konsum von Alkohol nie hinausgekonnen und auch der war danach bei mir durch.

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Alt 29.01.2023, 13:47   #675  
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Aha, die Warnung hat also doch gewirkt - irgendwie.

Es ist wohl eine ganz individuelle Sache, wodurch sich jemand vor etwas warnen läßt. Und manche erreicht eben keine Warnung. Das kann man einem Film kaum anlasten, aber offenbar funktionierte "Christiane F." für manche sogar als Werbung.
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