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Alt 08.05.2017, 13:52   #11  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Zu den Vorläufern der heutigen Graphic Novels zählen die Bilderromane des Belgiers Frans Masereel (1889 - 1972). Seine graphischen Erzählungen sind wortlose, umfangreiche Zyklen aus Holzschnitten. Masereel schnitzte am liebsten das Holz des Kirschbaums.
Der Pazifist und Humanist flüchtete bei Ausbruch des (Ersten) Weltkriegs aus seinem französischen Urlaubsort in die neutrale Schweiz. Durch seine Mitarbeit an Zeitschriften gegen den Krieg wurde die europische Kunst- und Literaturszene auf ihn aufmerksam. Unter seinen Fans finden sich Prominente wie Stefan Zweig, Thomas Mann und Max Brod.

Zunächst verlegte Masereel seine Bilderzyklen im Selbstverlag als Künstlerbücher, obwohl er gern ein größeres, allgemeineres Publikum erreichen wollte. Der Verleger Kurt Wolff im Berlin der Weimarer Republik ermöglichte Masereel günstige Volksausgaben, die sich auch einfache Arbeiter und Angestellte leisten konnten.
Sein Werk verbreitete sich bis nach China und beeinflußte die dort damals übliche Form der Bilderzählung (lianhuahua). Sein Werk wurde über Jahrzehnte auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs nachgedruckt und beeinflußt noch heute bekannte Comicautoren wie Peter Kuper, Eric Drooker und nicht zuletzt Jason Lutes, der ihm mit seiner Berlin-Triloge gewissermaßen ein Denkmal gesetzt hat.

Masereel arbeitet mit deutlichen autobiographischen Zügen.
In diesem Thread möchte ich jedoch das besondere Augenmerk auf zwei Bilderromane lenken, die sich explizit mit künstlerischen Schöpfungsprozessen auseinandersetzen. Die beiden Werke sind Vorläufer von Marian Churchlands Beast (siehe oben: #30):
  • Idée, sa naisance, sa vie, sa mort (Editions Ollendorff 1920), deutsche Ausgabe: Idee. Ihre Geburt / Ihr Leben / Ihr Tod. Dreiiundachtzig Holzschnitte (Kurt Wolff Verlag 1924, nachgedruckt zum Beispiel in der Werkausgabe Zweitausendeins 1978 - in der ersten Kassette als "Gesammelte Werke / 4")
    Das Drama beginnt mit der Angst des Künstlers vor dem leeren Blatt, bis ihm die (weibliche und nackte) Idee aus seiner Stirn entspricht - Ähnlichkeiten mit Pallas Athenes als Kopfgeburt des Zeus sind beabsichtigt. Sobald die Idee jedoch ihr Publikum erreicht, wird sie öffentlich. Der Künstler staunt und erschrickt, wie und wo seine edle, schöne und wahre Idee verwurstet wird.
  • L'oeuvre; soixante bois gravés (Pierre Vorms 1928), deutsche Ausgabe: Das Werk. Sechzig Holzschnitte (Kurt Wolff 1928, nachgedruckt zum Beispiel in der Werkausgabe Zweitausendeins 1978 - in der ersten Kassette als "Gesammelte Werke / 5")
    Im Gegensatz dazu ist das Werk männlich, schwer und gewichtig. Ein winziger Künstler schlägt sein Werk aus einem gigantischen Steinblock. In einer Nacht erwacht der steinerne Titan zum Leben und flüchtet zunächst vor den Menschen. Mal erscheint er wie Superman als Retter in der Not, mal ähnelt er einem rasenden King Kong.

Weiterführende Details finden sich bei der Frans-Masereel-Stiftung in Saarbrücken.

Geändert von Servalan (08.10.2023 um 12:20 Uhr)
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