Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 23.07.2017, 13:13   #209  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
Benutzerbild von Detlef Lorenz
 
Ort: Ahrensburg
Beiträge: 3.487
Nachfolgend ein Bericht zum Heft 56, womit wir die Lücke geschlossen haben:


Nummer 56


Alfred Nobel, Dynamit – Sprengstoff für den Frieden








Als ich den Untertitel las, fröstelte es mich etwas: es mutete mir schon seltsam an, ein derartiges Mittel zur Massenvernichtung als Friedensbringend zu bezeichnen. Allerdings, bei weiteren Recherchen zu Alfred Nobel, las ich die Notiz, dass Dynamit als Sprengstoff für kriegerische Verwickelungen wenig Eignung zeigte, da war ich dann etwas beruhigt. Dagegen revolutionierte das sogenannte (Spreng-) Pulver Ballistit die damalige Schusstechnik aller gesamten Feuerwaffen, vom Revolver bis hin zur >>Dicken Bertha<< … und dieses Zeugs verlies Nobels Fabriken nur ein Jahr nach seiner Erfindung des Dynamits!








Alfred Nobel wurde 1833 (+ 1896) als Sohn eines Chemikers in Stockholm geboren. Alfred interessierte sich recht früh für die Chemie und stieg ins Sprengstoffgeschäft mit ein. Er stellte das Nitroglyzerin in großen Mengen her und versorgte bald die halbe Welt mit diesem Teufelszeug. Als in Nobels Fabrik inmitten Stockholms eine gewaltige Explosion fünf Menschen tötete, darunter der jüngste der 4 Nobel-Brüder, Emil, verbot man ihm weiterhin in Stockholm zu experimentieren und er ging in die Nähe von Hamburg, nach Krümmel. Dort steht heute ein Kernkraftwerk und das ist, trotz vieler Pannen, erstaunlicherweise noch nicht in die Luft geflogen (was aber nichts über die Sicherheit dieser Energietechnik aussagt).

Hier gelang ihm endlich die lang ersehnte Erfindung, Nitroglyzerin „sicher“ zu machen. Das heißt, es konnte nun unproblematisch transportiert werden, es explodierte nur dann, wenn es das tun sollte und half beim Bergbau, beim Tunnelbau, also immer dann, wenn man große Löcher benötigte. Der Zufall half ihm dabei, allerdings habe ich in 3 Quellen 3 unterschiedliche „Zufälle“ gefunden: laut dem Heft sah er beim Eintreten in sein Labor bei Krümmel wie Nitroglyzerin aus einem undichten Behälter in eine Schale hinein tropfte. Normalerweise hätte allein dies eine gewaltige Explosion verursachen können, aber nichts geschah. Nobel sah, dass sich in der Schale Kieselgur befand, einer mehlartigen Substanz aus der nahegelegenen Lüneburger Heide. Die beiden Stoffe verbanden sich zu einer elastischen und formbaren Masse. Die zweite Quelle (Wikipedia) berichtet ebenfalls von einem undichten Behälter, aber das heraustropfen wird von Arbeitern beobachtet, die Nobel benachrichtigen. Die dritte Info, NDR Kultur, vermutet auch eine zufällige Entdeckung Nobels, diesmal allerdings in seinem Labor auf einem Elbkahn, der sich wegen der Explosionsgefahr auf der Elbe befindet.








Wie auch immer, Nobel nannte das Zeugs „Dynamit“, überzeugte die Welt von der sicheren Handhabung des Stoffes und wurde zum Millionär. Leider berichtet das Heft nichts von den Kontakten Nobels zu Bertha von Suttner, einer leidenschaftlichen Friedensaktivisten, die die öffentliche Meinung gegen den Krieg einschwören will – die Kriegspropaganda der Herrschenden ist aber wie eh und je leider überzeugender geblieben. Zum Schluss seines Lebens kamen ihm womöglich doch Gewissensbisse (seine Familie war in großem Umfang auch in Rüstungsgeschäften tätig gewesen) und er stiftete die Nobelpreise. Alle werden sie jährlich in Schweden vergeben, nur der Friedensnobelpreis in Oslo. Bertha von Suttner erhielt ihn als erste Frau, allerdings nicht als erster Mensch überhaupt.

Im Grunde zeigt das Heft eine reale Lebensbeschreibung Nobels, etwas geschönt allerdings schon. Was mich allerdings gleich in der Einleitung auf der Seite 5, wie üblich auf einer Schriftrolle, störte, ist die Behauptung, das erst durch das Dynamit Tunnel, Kohle und Salz aus dem Berg, Brunnen und sogar das Marmor nur durch die Erfindung des Dynamits gebohrt, gebrochen werden konnte, das ist natürlich Unsinn. Schon die alten Ägypter brachen sich ihre gewaltigen Steinblöcke für die Pyramiden aus dem Gestein, die Römer waren Meister im Tunnelbau und das Marmor u.a. aus Carrara wurde schon viele Jahrhunderte vor Nobel gefördert. Mit Dynamit geht das alles leichter, keine Frage, aber das befand ich dann für eine unnötige Übertreibung.


Die 2. Umschlagseite zeigt ein Bild von Alfred Nobel, wie er an einem Experimentiertisch sitzt. Ab der Seiten 3 bis 4 wird unter dem Titel „Achtung! Es wird gesprengt!“ der Vorwärtstrieb in einem Kohlbergwerk mittels Dynamit geschildert. Also die Bohrungen, das Einführen der Sprengstoffpatronen und die Auswirkungen der Sprengungen im Stollen geschildert.

Gleich im Anschluss wird in einer Anzeige für das „Internationale Korrespondenz- Büro, Anna-Maria Braun in München 15, (gegründet 1945) geworben. Briefwechsel in englisch und deutsch mit gleichaltrigen Mädchen und Jungen in Europa und Übersee wird gegen Berechnung vermittelt.“ Im Juni 1957, dem Herausgabedatum des Heftes, bestand an derartigen Kontaktaufnahmen wohl noch reges Interesse.

„Euer Hans-Jürgen“ nimmt auf der Seite 32 in seiner Kolumne dazu noch einmal Stellung und weist darauf hin: „ (…) Wenn Ihr also Freunde im Ausland gewinnen wollt, und wer möchte das nicht, wendet sich an das obengenannte Büro.“ Zusätzlich warb Hans-Jürgen im vorherstehenden Text einmal nicht für das nächste Heft, sondern für mehrere Firmen, die seiner Meinung nach perfektes Spiel- und Forschungsgerät für die jugendlichen Leser anboten. Da kann man „eine geheimnisvolle Sauerstoffabrik unter Wasser“ geschenkt bekommen, „(…) ein Anleitungsbuch eines Biolabors, das nun um eine Kapitel erweitert worden ist“. Außerdem weist er auf die Firma Engels // Söhne (so geschrieben) hin, die einen Globus zum selbst Bauen anbietet. Hans-Jürgen ist sich sicher, dass man für die „nur DM 43,- eine lebendige Welt geschenkt bekommt, die auch für gute Noten in der Schule sorgen wird und ein Geschenk fürs Leben bedeutet.“ Laut dem Statistischen Bundesamt lag der Durchschnittsverdienst 1957 bei rund DM 250,-, da waren DM 43,- schon ein ganz schöner Happen. Hans-Jürgen verweist wohl neben den Eltern deshalb auch auf Onkel und Tanten als Geschenkaspiranten hin. Und fürs „Leben“ wäre das teure Ding (hätte mich damals schon fasziniert) bei weitem nicht gewesen. Was bis heute an politisch bedingten geografischen Veränderungen stattgefunden hat, ist schon beachtlich.

Die Vorschau für die nächsten Hefte geht bis zur Nummer 62, mit dem Inhalt über Simon Bolivar, dem „Befreier Südamerikas“.

Die letzte Umschlagseite zeigt diesmal eine UHU-Reklame.
Detlef Lorenz ist offline   Mit Zitat antworten