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Alt 30.11.2015, 21:49   #29  
Peter L. Opmann
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Ich habe hier reingelesen in der Erwartung, vielleicht mit Klassikern bekanntgemacht zu werden, die ich noch nicht kenne oder zu wenig beachtet habe. Deshalb auch meine Anmerkung oben.

Ich kann ja auch mal selbst etwas beitragen - einen Roman, der wohl als Klassiker gelten kann, aber nach meiner Einschätzung wenig bekannt ist. Ich habe ihn selbst auch noch nicht gelesen. Er wird gerade als Hörbuch in Fortsetzungen im Bayerischen Rundfunk präsentiert.

Laurence Sterne: Tristram Shandy (1759 - 1766)

Dazu schreibt der BR:

Zitat:
Tristram Shandy ist ein einzigartiges Werk in der Literaturgeschichte: Erschienen zwischen den Jahren 1759 und 1767, experimentiert Sterne in diesem neunbändigen Roman selbstbewusst mit der Form. In einer Zeit, als der Roman selbst noch nicht klar definiert oder gar etabliert ist, lotet Sterne bereits dessen Grenzen aus, spielt mit der Wirkung auf seine Leser und lässt wie nebenbei fragwürdig erscheinen, wie er überhaupt erzählen kann, wovon er vorgibt, erzählen zu wollen: Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman.

Verspricht der Titel nämlich eine wohlgeordnete und fein aufbereitete, womöglich auf ein Ziel hin erzählte Lebensgeschichte, so enttäuscht der Erzähler diese Erwartungen sofort. Eine stringente Biografie beinhalten die neun Bände sicherlich nicht. Stattdessen prägt den Roman eine assoziative Struktur: Vor und zurück blickt der Erzähler, der sich nicht an eine Chronologie halten mag; ebenso wechselt sein Gestus - von beißender Satire oder einem spöttischen Ton bis zu pathetischen Beschreibungen. Und auch optisch verrät Sternes Roman, dass er sich nicht an das hält, was seine Gattung bisher auszeichnete.

Das Vorwort leitet die Geschichte nicht ein, es wird stattdessen nachgereicht, mitten in der Erzählung. Und die wiederum ist gespickt mit Auffälligkeiten: mit Auslassungen, Reihen von Sternchen-Symbolen, oder mit ganzen Kapiteln, die fehlen. Andere Seiten sind dafür ganz in schwarz gehalten, gefüllt mit Druckerschwärze, nicht mit sinnerfüllten Zeichen.

All das sind Hinweise darauf, dass die Ordnung hier bewusst gebrochen wird, dass Autor und Erzähler Freigeister sind, die weniger an einer Biografie interessiert sind als an der bis heute bestehenden Frage, ob sich eine solche erzählen lässt. (...)
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