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Alt 17.03.2020, 07:59   #124  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 25




Eine bemerkenswerte Ausgabe. Den Unterschied macht vor allem einer, der in den deutschen Credits gar nicht vorkommt: Chic Stone, der neue Inker. Ich bin versucht zu sagen, er bringt den Kirby-Stil endlich richtig zur Geltung. Aber vielleicht müßte ich sogar sagen: Er erfindet einen neuen Kirby-Stil. Seine dicken, trotzdem lebendigen Konturlinien und die sehr akkurate Parallelschraffur (wie in alten Kupferstichen oder Holzschnitten) lassen die Zeichnungen exzellent aussehen. Es geht einen großen Schritt hin zur Abstraktion, und diesen Weg ist Kirby dann ja immer weitergegangen – bis es in den 1980er Jahren dann nicht mehr gut aussah.

Die Geschichte ist zwar naiv, aber relativ kompliziert angelegt. Man erkennt das schon daran, daß sie in vielen Bildern erzählt wird: 132 Panels, das sind im Schnitt mehr als sechs pro Seite – trotz Splashpanel und mehreren Panoramabildern, die jeweils 2/3 einer Seite einnehmen. Dass zwei Gute gegeneinander kämpfen (müssen), kommt zwar im folgenden bei Marvel immer wieder vor. Aber sonst beruht das in der Regel auf einem Mißverständnis. Hier wird der Anführer der X-Men, Professor Xavier (damals wohl eine ganz neue Serie), von Superbösewichten, dem Puppenspieler und dem verrückten Denker, manipuliert. Schwachpunkt dieser Konstruktion: Die X-Men müssen schon fatalen Kadavergehorsam zeigen, um tatsächlich gegen die FV loszuziehen. Warum gehorchen sie dem Professor selbst bei einem solchen, nicht nachvollziehbaren Auftrag, ohne auch nur mal nachzufragen, was das eigentlich soll? Am Ende entschuldigt sich Zyklop mit den Worten: "Wir haben nur Befehlen gehorcht." Das hat man auch von KZ-Wärtern so gehört...

Interessant auch: In vielen Varianten dieser Story sehen die Helden irgendwann ein, daß es nichts bringt, sich gegenseitig zu verkloppen. Hier geben sich die FV zum Schein geschlagen, um im X-Men-Hauptquartier herauszufinden, was hinter der Sache steckt. Bemerkenswert fand ich auch, daß hier nicht Männer und Frauen hübsch schicklich getrennt gegeneinander kämpfen, sondern Ding hat es mit Ms. Marvel zu tun, Sue dagegen mit Eismann und Engel. Erschwert wird Reed Richards‘ Strategie übrigens dadurch, daß die X-Men Sue als Geisel nehmen. Sie wird aber nur lax bewacht und muß nicht erst befreit werden, um wieder in den Kampf eingreifen zu können. Bens Freundin Alicia (die auch Stieftochter des Puppenspielers ist) wird sogar von den X-Men aus dem Gefahrenbereich gebracht – für Reed das entscheidende Zeichen, daß sie keine bösen Absichten haben.

Denker und Puppenspieler geben sich nun den X-Men zu erkennen. Gleichzeitig geht die Kontrolle über Professor Xavier verloren, als Biest seine Puppe zerstört. Und da erscheinen auch die FV wieder auf der Szene. Nun treten beide Superteams gegen den Androiden („Awesome Android“) des verrückten Denkers an, den er offenbar Reed Richards gestohlen hat. Ähnlich wie der Super-Skrull nimmt der Android die Fähigkeiten seines jeweiligen Gegners an, kann die FV also mit ihren eigenen „Waffen“ schlagen. Obwohl auch die X-Men mitmischen, kann der Android erst durch einen mentalen Angriff des Professors gestoppt werden.

Eine spannende, recht originelle Story. Dass ein Feind Kontrolle über den Kopf der X-Men gewinnt, kam später wohl nicht mehr vor. Unglaubwürdig erscheint, daß der Denker zwar alle Ereignisse minutiös vorausberechnen kann, aber seine Niederlage nicht. Ausgerechnet dass die Voodoo-Puppe des Professors zerstört wurde, konnte er nicht vorhersehen. Insgesamt hat sich ein Gipfeltreffen von Marvel-Helden – wie zuvor Hulk gegen Ding – als reizvoll erwiesen. Allmählich beginnt sich das Marvel-Universum zusammenzusetzen.
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