Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 11.07.2015, 15:06   #51  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
Benutzerbild von Servalan
 
Ort: Südskandinavien
Beiträge: 10.324
Blog-Einträge: 3
Bei Gelegenheit vervollständige ich meine Phantastische Bibliothek (Suhrkamp), eine günstige Lektüre, denn die einzelnen Bände sind billiger als eine Briefmarke. In den letzten Wochen sind mir dabei folgende Bände untergekommen:
  • Robert N. Bloch (Hrsg.): Jenseits der Träume. Seltsame Geschichten vom Anfang des Jahrhunderts (st 1595 PB 214) - 1990
    Mittlerweile sind viele der hier (Wieder-) Entdeckten neu aufgelegt worden. Dennoch gibt der Auswahlband ein gutes Stimmungsbild der Epoche. Die einzelnen Geschichten erschienen zwischen 1885 und 1928, dadurch bilden sie gewissermaßen einen Niedergang und einen Wiederaufstieg nach. Die ersten Geschichten lesen sich gut, aber dann folgen gut 100 Seiten, bei denen vieles entweder krampfhaft gewollt oder zu abgedroschen wirkt. Das letzte Drittel mit Vogel, Frank, Goebel und Frey macht hingegen Lust auf mehr.
  • Henry S. Whitehead: Der Zombie und andere Geistergeschichten (st 1255 PB 172) - 1986
    Whitehead war Pastor in der Karibik und ein Bekannter von H.P. Lovecraft. Der Band erweckt den Eindruck, als wäre er von Kalju Kirde aus Weird Tales-Ausgaben (1922-1932) zusammengestellt worden. Dabei handelt sich jedoch um eine diskret verschlankte Fassung von Whiteheads Jumbee, die fast doppelt so viele Geschichten enthält.
    Voodoo und Zombies liefern das Grundgerüst, aber Whitehead kann erzählen, fesselnd und hintergründig. Wie Lovecraft erschafft Whitehead ein eigenes Universum, bei dem sich einzelne Geschichten miteinander verbinden und etwas Größeres werden. Manchmal gibt es mehrere Zeitebenen, die bis weit in die Piratenzeit der Karibik zurückreichen. Der Schwerpunkt der "Chronik" liegt jedoch in den letzten Jahrzehnten der dänischen Kolonie bis zu der Zeit, als jene Inseln der Kleinen Antillen von den USA gekauft werden.
    Zeitgenössische Vorurteile prägen das Bild, aber Whiteheads Erzähler, die aus der Canevin-Familie stammen, sind eher gutmütig. Die Geschichten hängen nicht auf Gedeih und Verderb von einer Pointe ab und wechseln mittendrin die Perspektiven. Allesamt keine Hochliteratur, bei einer Geschichte hat Whitehead sich jedoch selbst übertroffen: "Williamson"
    Obwohl sich die Pointe früh erahnen läßt, hat mir gefallen, wie Whitehead hier Klischees ins Leere laufen läßt oder auf den Kopf stellt. "Williamson" ist ein Schulfreund der Erzählers Canevin, der recht seltsame Gewohnheiten und ein Geheimnis hat. Die Story liest sich wie eine augenzwinkernde Hommage an Poes "Der Doppelmord in der Rue Morgue".

Geändert von Servalan (30.01.2017 um 16:52 Uhr)
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten