Thema: Filmklassiker
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Alt 03.09.2023, 06:43   #1537  
Peter L. Opmann
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„Spuren im Sand“ ist der deutsche Titel der bekannten John-Ford-Version des Stoffs von 1948, bereits ein Farbfilm. Ford verändert die Geschichte mehrfach, ich denke auch, aus unterschiedlichen Gründen. Zunächst bleibt der Sheriff (Ward Bond) den drei Bankräubern den ganzen Film über auf den Fersen. Das bedeutet mehr äußere Spannung. Die drei „Godfathers“ sind anders zusammengesetzt als bei Boleslawski. John Wayne hat eine ähnliche Rolle wie Chester Morris, läßt sich von dem Baby aber ebenso um den Finger wickeln wie seine beiden Kumpane. Statt dem kulturbeflissenen Doc gibt es einen unerfahrenen Nachwuchsräuber: Harry Carey jr. (in seiner ersten Hollywood-Rolle), und aus dem kauzigen Walter Brennan ist ein Mexikaner geworden: Pedro Armendariz. Die Drei finden die Frau im Planwagen, als sie gerade kurz vor der Geburt steht, und kurz danach stirbt sie, nimmt aber den Banditen noch das Versprechen ab, sich um ihr Baby zu kümmern. Das führt bei allen dreien zu einem augenblicklichen Sinneswandel. Übrigens stellt sich am Ende heraus, daß sie die Nichte des Sheriffs war.

Im Vergleich zu Boleslawski erzählt Ford die Geschichte insgesamt viel rührseliger. Für einige Zeit erinnert der Film an „Drei Männer und ein Baby“. Und Ford schreckt nicht vor religiösem Kitsch zurück. Alle drei Bankräuber erhalten Botschaften von Gott, sind bibelfest und beten viel. Von der existentialistischen Strenge des Vorläufers ist kaum etwas übrig. Allerdings sterben auch hier zwei der Bankräuber in der Wüste. Als John Wayne nach New Jerusalem kommt (hier platzt er in eine Weihnachtsfeier im Saloon hinein, also keine Kirche), hat ihn Sheriff Bond eben eingeholt und fordert ihn zum Shootout. Wayne ist nicht vergiftet, sondern nur entkräftet und bricht ohnmächtig zusammen, bevor er ziehen kann. Im nächsten Bild spielen er und Bond friedlich zusammen Schach, denn die heldenhafte Rettung des Babys ist nun bekannt geworden. Ford hängt an seine Story eine Gerichtsverhandlung an, in der Wayne zur geringstmöglichen Strafe verurteilt wird. Für die Zeit im Gefängnis werden sich der Sheriff und seine Frau um das Baby kümmern. Wayne wird im Zug zum Strafvollzug gebracht, und das ganze Städtchen (auch hier „New Jerusalem“) winkt ihm tief bewegt nach.

„Spuren im Sand“ ist sicher einer von Fords schwächeren Filmen, wobei ich natürlich sein Gesamtwerk nicht kenne. Im Kino war er finanziell erfolgreich – in USA, aber auch im Ausland. Soweit ich mich erinnere, ist er früher auch gern im Fernsehen gezeigt worden.

Was mir noch auffiel: Musikalisches Leitmotiv ist der Westernsong „Streets of Laredo“. Den gibt es in vielen Herzschmerz-Varianten, nur John Cale hat ihn mal seinem ernsten Inhalt entsprechend dargeboten.
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