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Alt 15.01.2016, 13:56   #47  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Nummer 7 Gesprengte Ketten, Spartakus – Rebell gegen Rom: Vom Regentenverlag zum Lehning Verlag






Nach einer Pause von 11 Wochen(!) -lt. Illustrierte Deutsche Comic Geschichte- erschien die Nummer 7 im Juli 1954. Einher ging diese lange Pause mit einigen optischen Änderungen im Erscheinungsbild der Hefte. Die beim Heft 6 schon genannte Einführung einer Seitennummerierung war dabei nicht die einzige Änderung bei den Abenteuer der Weltgeschichte: Auch das Titelbild wurde leicht modifiziert, an Stelle der gekreuzten Schwerter im Kreis neben dem Titel war nun der Preis des Heftes (50Pf) zu sehen, vorher war er rechts unten, ebenfalls in einem Kreis; die gelbe Fußleiste mit den Signum des Regentenverlages (RV), die verschiedenen Preise im Saargebiet (ffrs. 50.-), Österreich (S 2.50), Luxemburg (Frs. 6.-), waren nun auf die 4. Umschlagseite ins dortige Impressum gewandert. Die Heftnummer war von unten nach oben, unter den Titel versetzt worden. Kleine Änderungen, wenig spektakulär und sicherlich den damaligen Leser kaum aufgefallen. Ich kann mich jedenfalls daran nicht erinnern. Hans-Jürgen Linden ist dagegen noch immer der verantwortliche Redakteur, die Zeichner werden allerdings nicht mehr erwähnt. Dieses letzte Detail ist ein Hinweis auf eine nicht nur erfolgte Umgestaltung des Heftes, sondern auf einen Besitzerwechsel: die Heftreihe wurde nun Walter Lehning Verlag herausgegeben (dort wurden die Zeichner in der Regel nie erwähnt). Äußerlich, neben den erwähnten Änderungen, ist die massive Werbung des Lehning Verlages ein markanter Hinweis auf den neuen Besitzer und dessen Produkte: auf der 4. Umschlagseite erscheint nun statt der Rückschau auf die vorhandenen Ausgaben eine Übersicht der Lehning Piccolo-Bilderhefte. Zu dieser Zeit lief die Piccolo Produktion auf vollen Touren, Akim, El Bravo, Jezab, Raka, Sigurd, Peterle, Der Rote Adler, Harry, zeugten von einer ersten Hochblüte dieser Formatgattung. Auf der Seite 34 wird zudem für die Serie Sheriff Teddy und dem neusten Piccolo Sonderband Der Rote Adler geworben. Lehning steigt nach der Übernahme groß ein und stellt seine Heftreihen vor.






Eigentlich ist das alles normal: ein Verlag übernimmt eine anderen, und präsentiert seine eigenen Produkte. Nun gibt es aber Gerüchte, dass hinter dem Regentenverlag von Anfang an Lehning stand. Eine in der Regel gut informierte Quelle* stellt diese Vermutung mit folgendem Hinweis vor: Die Abenteuer der Weltgeschichte sind von der Nummer 4 bis zur 20sten Ausgabe bei der Druckerei Scheiwe & Schüssler, Köln-Mühlheim hergestellt worden. In einem Gespräch der „Quelle“ mit Druckereimitarbeitern soll ihm der Lehning Verlag als Auftraggeber von Anfang an genannt worden sein. Okay, das wäre ein Indiz für seine weitere Theorie, dass Lehning vom „Schmuddelimage“ der damals – noch nicht so genannten – Comics mit einer Reihe, die historischen Themen zum Inhalt hatte, weg wollte. So ähnlich wie die Illustrierten Klassiker, nur ein anderes, ebenfalls „seriöses“, Genre halt. Zusätzlich hat bisher noch niemand etwas zu einem Regentenverlag weder in Farnkfurt noch sonst wo gefunden.

Diese Theorie könnte also durchaus passend sein, einige Fragen stellen sich mir aber trotzdem: Wenn Lehning von Anfang an dahinter steckte, wieso gab es dann bei der im Impressum geänderten Eigentümerangabe (Lehning statt Regenten) eine Pause von 11 Wochen, wenn der Hannoveraner Verleger so und so schon dahinter stand. Ein Hinweis auf eine tatsächliche Übernahme findet sich dagegen in einem Zeitungsausschnitt des Branchenmagazines „Der Neue Vertrieb“, die mir Stefan freundlicherweise zur Verfügung stellte:






Hier ist zu lesen, dass Lehning die Serie von den Frankfurtern übernommen hatte, und das ab dem 19. Juli die Nummer 7 in seinem Verlag erscheinen wird. Dieser Zeitraum stimmt auch mit den Angabe in der Illustrierten Deutschen Comic Geschichte überein. Weshalb sollte Walter Lehning in einem nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmten Fachblatt die Übernahme eines Konkurrenten veröffentlichen, wenn der Regentenverlag ihm so und so schon gehört.

Falls nun Lehning doch von Anfang an seine Finger beim Regentenverlag im Spiel hatte, könnte ich mir folgendes Szenario vorstellen: Hans-Jürgen Linden war der Verlage, vielleicht wohnte er sogar in der Frankfurter Adresse, die das Impressum und der Nachbestellservice angab (würde ich gerne mal recherchieren, jetzt wo sich mir diese Fragen stellen). Er schrieb schließlich die Storys, wie wir von Erich Dittmann wissen, nahm von den Zeichnern die fertigen Bilder/Seiten entgegen und entlohnte sie. Und zwar vom Honorar, dass er wiederrum von Lehning erhielt. Einen Anteil davon reichte er an die Künstler weiter. Die Originale wanderten nach Hannover, wo sie Druckfertig an Scheiwe & Schüssler weitergeleitet wurden.

Soweit meine Theorien und als letzter Puzzelstein fehlt jetzt nur noch die Begründung, warum Lehning die Serie direkt in sein Comic-Programm integrierte. Vielleicht der besseren, direkteren Werbung in seinen Heftserien wegen. Er erreichte damit immerhin einen sehr großen Interessentenkreis, seine Comics erschienen überall im deutschsprachigen Raum!?
Fortsetzung folgt …

*Die „Quelle“ möchte namentlich nicht genannt werden, obwohl die meisten ihn so und so kennen. Er agiert im anderen Forum unter einem Indianerpseudonym.

Geändert von Detlef Lorenz (15.01.2016 um 17:11 Uhr)
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