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Alt 11.12.2014, 16:46   #155  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Standard Mal eine Art Zwischenbilanz

Was ist eigentlich an der Comicgeschichte in Comics neu?
Wenn die bislang gelisteten Posts berücksichtigt werden, müßte das Urteil lauten: Daß sie ein reales Marktsegment für ein allgemeines Publikum geworden sind und die Geschichten in längeren Werken erscheinen. Durch die schiere Menge hat sich so in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ein Genre entwickelt, durch das der Comic zu den anderen Künsten aufschließt.
Romane über Schriftsteller, meist mit einer Schreibblockade, oder Selbstporträts von Malern und Zeichnern gehören ja schon zu den klassischen Klischees.

Seit sich Comicautoren/Cartoonisten in Gruppen versammelt haben, gab es sicher Witze über die eigene Zunft, siehe das Branchenblatt The Fourth Estate, wobei das Spektrum von Bühnensketchen bis zu Strips reicht.

Über Generationen haben sich Comicautoren an das Genre herangetastet. Beispielsweise indem sie auf verwandte Künste ausgewichen sind: Ich denke an Depuy-Berberians Der kleine Maler (Atomium 58, 1985/86), in dessen tragischem Schicksal sich das Ringen zwischen Kunst und Kommerz spiegelt.
Auf der anderen Seiten wird das Schreiben selbst thematisiert, das Schreiben eines Manuskripts. Diese Traditionslinie beginnt schon mit Gustave Dorés Histoire pittoresque, dramatique et caricaturale de la sainte Russie (1854), in der wiederholt die Leiden des Chronisten eingeflochten werden. Ironisch gebrochen findet sich diese Linie wieder bei Pat Mills und Simon Bisleys Sláine - The Horned God (1989/90). Dort muß der Druide Cathbad bei seinem Manuskript verdammt aufpassen, wenn er nicht den Zorn seiner königlichen Herrscher erregen und die Geschichte dennoch möglichst getreu schildern möchte.

Die erste Zäsur dürfte mit Spiegelmans MAUS (Pantheon Books) erfolgt sein, bei der ein solcher Comics erstmals von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen und von den Wächtern der Hochkultur als satisfaktionsfähig anerkannt wurde. Allerdings um den hohen Preis, daß eine immense Distanz zwischen MAUS und den übrigen Comics herbeischwadroniert wurde. Dadurch wurde das beweihräucherte Werk zu einer paradoxen Ausnahme sondergleichen stilisiert, einem Comic für Comicverächter.
Anscheinend mußte erst eine Generation von Edelfedern in den Ruhestand treten, bevor der Bann gebrochen wurde.

Wie gesagt, das ist meine subjektive Sicht der Dinge.

Geändert von Servalan (11.12.2014 um 19:13 Uhr) Grund: Korrektur gelesen
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