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Alt 24.07.2017, 17:10   #3757  
Peter L. Opmann
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Das Cover läßt eine epochale Ausgabe erwarten. Es ist fast ganz der damals wohl spektakulärsten Figur im Marvel-Universum gewidmet, dem Silberstürmer (Silver Surfer) vor Jack Kirby-typischer Weltraumkulisse. Im Hintergrund nimmt der Beobachter in einer geisterhaften Erscheinung seine Aufgabe wahr. Das namensgebende Quartett taucht dagegen überhaupt nicht auf. Der Titel dieser Ausgabe klingt nach bewusstem Understatement: „Wo der Silberstürmer gleitet!“ Dahinter verbirgt sich jedoch nach einer langen Abfolge von epischen Geschichten in Mehrteilern mindestens seit # 52 eine „nur“ heftlange Story, die zudem nicht so richtig überzeugt.

Festzuhalten ist, daß bei Williams nun die erste schlanke Monatsproduktion erreicht ist (nur die Serien „Spinne“, „FV“, „Rächer“ und „Horror“ haben überlebt; hinzu kommt eine letzte Ausgabe des Magazins „Planet der Affen“). Das Cover ist nun mit einer größeren violetten Manschette ausgestattet, damit die Marvels im Zeitschriftenstand nicht länger übersehen werden.

Vermutlich konnte Stan Lee hier deshalb nicht den nächsten Mehrteiler starten, weil in der nächsten Ausgabe eines der ersten Crossover stattfinden sollte: Dr. Doom hatte sich des Körpers des Dämons bemächtigt, und die FV werden eingreifen (wissen aber nicht, daß sie es bereits wieder mit dem echten Dämon zu tun haben). In der aktuellen Ausgabe geht es vorerst darum: Reed und Sue sind aus dem Team ausgestiegen und auf dem Weg nach Kalifornien, wo sie offenbar irgendwo untertauchen wollen – zumindest bis ihr Kind geboren ist. Ding und Fackel erhalten derweil Besuch vom Beobachter, der sie davor warnt, daß der Silberstürmer die Erde angreifen will. Tatsächlich sehen wir ihn gleich darauf allerhand Unsinn anstellen (Tempel zerstören, Städte zuwuchern lassen, einen Tsunami erzeugen, eine Pyramide versetzen).

Der Silberstürmer will mit dieser Zerstörungsorgie erreichen, daß sich die Menschheit vereint gegen ihn stellt – seiner Ansicht nach die einzige Möglichkeit, Konflikte und Kriege auf der Welt zu beenden. Ding und Fackel versuchen freilich, ihn davon abzuhalten. Es ist auch wirklich ein Vorhaben, das zum Silberstürmer nicht paßt. In seiner eigenen Serie hat er letztlich immer leidend hingenommen, daß die Menschen sich hassen und gegenseitig die Köpfe einschlagen. Hier aber läßt er sich auch von den beiden FV-Mitgliedern nicht aufhalten.

Der Beobachter stellt sich inzwischen dem Zug in den Weg, in dem Reed und Sue sitzen, und informiert auch sie, daß der Silberstürmer „Amok läuft“. Reed wirft sofort seine Pläne über den Haufen und entscheidet, daß er seinen beiden Kumpels beistehen muß. Sue darf nicht mitkämpfen; „das verbiete ich“, erklärt Reed, der alte Macho. Man hat solches Verhalten vor 50 Jahren wohl noch unter „Ritterlichkeit“ verbucht oder einfach ganz normal gefunden. Nebenbei: Crystal war von vorneherein so vernünftig, Johnny nicht in den Kampf begleiten zu wollen.

Der Silberstürmer hält nun Kurs auf das Washingtoner Kapitol, wo das Repräsentantenhaus und der Senat tagen. Die Sicherheitsorgane der USA reagieren darauf, indem sie eine „Sonic-Shark-Rakete“ zünden, die ihrem Ziel überallhin folgt, bis sie es vernichtet hat. Ob sie atomar bestückt ist, bleibt unklar. Um es kurz zu machen: Ding gelingt es mit einem beherzten Schlag, sie doch aus der Bahn zu bringen, worauf sie in der Stratosphäre, ohne Schaden anzurichten, explodiert. Der Silberstürmer ist damit von seiner Manie geheilt, die Menschheit zu vereinen. Es folgt ein reichlich pathetischer Schlußdialog, bei dem die wesentlichen Fragen offen bleiben: Soll auf der Welt doch alles so bleiben, wie es ist? Ist es in Ordnung, daß die USA über eine Waffe verfügen, die mächtiger als der Silberstürmer ist? Oder ist die Menschheit etwa doch nicht so verkommen, wie er gedacht hat? Und was ist mit seiner „kosmischen Kraft“ passiert – angeblich hat die Rakete sie ihm entzogen, auf welchem Weg auch immer. Naja, gut, daß wir darüber gesprochen haben.

Grafisch ist das wieder souverän umgesetzt. Man muß auch sagen: Die Story weist zwar einige Holprigkeiten und Widersprüche auf, läßt sich aber auf 20 Seiten sehr gut und dramatisch in Szene setzen. Der Höhenflug von Jack Kirby und Joe Sinnott setzt sich fort.
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