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Alt 05.02.2017, 12:20   #35  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Thomas Vorwerk bringt in seinem Verriß (von Live By Night) meines Erachtens einige Dinge über Literaturverfilmungen auf den Punkt:
Zitat:
Das schlimmste Verbrechen der Verfilmung ist es, dass man (ich kann dies nur eingeschränkt beurteilen, weil ich ja das Buch schon kannte) durch den Film meines Erachtens nicht im geringsten Lust auf den Roman bekommt. Ganz im Gegenteil. Das war selbst bei Gone Baby Gone, der in meinen Augen als Film auch ein paar Probleme hat, nicht so deutlich der Fall.

Es gibt ja bei Regisseuren (selbst bei den ganz großen) dieses Phänomen, dass man manchmal beobachten kann, wo sie sich in die Hauptdarstellerin verliebt haben (das kann sogar eine florierende und Jahre anhaltende richtige Beziehung sein) und darüber hinaus die Fähigkeit verloren zu haben scheinen, sich auf das Wohl des jeweiligen Films zu konzentrieren. Bei Live by Night beschleicht einen der Verdacht, Affleck hätte sich in den Roman verliebt, sei aber ungeeignet, dieses Gefühl auf den Zuschauer zu übertragen. Und diese Einsicht, die den Film zum Teil sogar noch retten mag, erhält man auch nur, wenn man das Buch kennt.

Was letztlich zum irgendwie traurigen Fazit führt: Lieber das Buch lesen (oder gleich die Trilogie), und wenn man dann dieses ins Herz geschlossen hat und vielleicht ein besonderes Faible für einige der Filmdarsteller hat, kann man dem Film immer noch eine Chance geben. Man sollte aber nicht zu viel erwarten!
Ohne Fritz Lang und Thea von Harbou hätte ich mich nicht für Mabuse begeistert. Ich kann mir gut vorstellen, dass Norbert Jacques' Romane ohne den Filmklassiker bestenfalls in kleiner Auflage in einem Spezialverlag wiederbelebt worden wären.
Die Herausgeber Michael Farin und Günter Scholdt haben für Rogner und Bernhard bei Zweitausendeins 1994 ja eine richtige Prachtausgabe vorgelegt. Durch das zusätzliche Material aus Zeitdokumenten, vertiefenden Essays und die Sammlung von entlegenen oder fast vergessenen Quellen ergibt sich ein kompaktes Nachschlagewerk. Schöne Bücher.

Die Mabuse-Filme aus den 60ern flimmerten ja noch über die Mattscheibe, und der zweiteilige Stummfilm Dr. Mabuse, der Spieler gehörte zu den ersten Perlen der Filmgeschichte, die an einem speziellen Programmplatz an einem kirchlichen Feiertag (der Vormittag des Karfreitag, glaube ich) gesendet wurden sind.
Im Gegensatz zu den Vätern der Klamotte oder Western von gestern liefen dort bessere Fassungen, liebevoll restauriert und mit rekonstruierter Musikbegleitung. Dort durften die Stummfilme drei oder vier Stunden dauern. Das war ein Leckerli für Filmfans und Spezialisten, das ich genossen habe.

Geändert von Servalan (21.08.2020 um 18:09 Uhr)
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