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Alt 17.09.2016, 16:09   #24  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Mein zweiter Vorschlug für gelungene Filme nach gelungenen Büchern:
  • The Luck of Barry Lyndon bzw. The Memoirs of Barry Lyndon, Esq. (Die Memoiren des Junkers Barry Lyndon, 1844 bzw. Harper 1898), Band 58 der Anderen Bibliothek, Eichborn 1989 - auch in der Literaturkassette aus Anlass des 100. Bandes der Anderen Bibliothek, Eichborn 1993
  • Barry Lyndon (Großbritannien 1975), Drehbuch, Produktion und Regie: Stanley Kubrick, 177 min, FSK: 12
Jeder ist seines Glückes Schmied, denkt der junge Ire Redmond Barry naiv, denn er ist fest davon überzeugt, eine goldene Partie an der Angel zu haben. Als er mitbekommt, dass ein Rivale ihn ausstechen will, kommt es (wir befinden uns am Ende des 18. Jahrhunderts) zum unvermeidlichen Duell. Das geht schief, also muß er fliehen - und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Je stärker Redmond Berry versucht, sein Glück zu erzwingen und in der Gesellschaft aufzusteigen, umso mehr Hohn und Spott erntet er.

Wer sich näher mit Kubrick bechäftigt hat, sieht deutlich, wie ähnlich Barry Lyndon den anderen Antihelden aus den 1970er Jahren ist: Alex aus Clockwork Orange oder Jack Torrance aus Shining.

Thackerays folgender Roman, Vanity Fair / Jahrmarkt der Eitelkeit (1847/48), dürfte zwar berühmter sein, aber in Barry Lyndon kehrt er die eitle Selbstdarstellung erfolgreicher Leute aus der höheren Gesellschaft bitterböse radikal gegen den Strich. Er entlarvt die Muster, mit denen Menschen sich selbst und andere belügen - und wenn eine Menge Pech dazu kommt, wird die Mischung explosiv.

Der Journalist Thackeray liebte seine Frau Isabella über alles, doch die fiel nach der Geburt ihres dritten gemeinsamen Kindes 1840 in Depressionen. Nach mehreren Selbstmordversuchen Isabellas suchte er professionelle Hilfe und brachte sie in ein geschlossenes Heim. Obwohl Isabellas Konstitution verfiel und sie schwächelte, überlebte sie ihren Gatten um 30 Jahre.
Wie tief verletzt Thackeray über diese ungerechte Welt gewesen sein muß, das wird heute noch in seinen besten Werken deutlich.

Geändert von Servalan (18.09.2016 um 17:37 Uhr)
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