Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 03.01.2021, 22:43   #3590  
God_W.
Captain Rezi
 
Benutzerbild von God_W.
 
Ort: Nähe Aschaffenburg
Beiträge: 19.086
Kommen wir zum Finale meines kleinen Advents- und Weihnachts-Runs, wie immer gab es zwischendurch auch wieder ein paar Sachen, die nicht direkt mit Weihnachten zusammenhängen, man kann ja nicht immer nur ein Thema lesen. Los geht’s wieder mit einem Band, den ich Krümelchen abends so nach und nach vorgelesen habe, also mal wieder Disney, da steht sie momentan total drauf.



Walt Disneys Schöne Bescherung



Hierbei handelt es sich um die preisgünstige, aber dennoch recht schmucke 2017er Weltbildausgabe des Disney Weihnachtsalbums von 2016. Es ist meistens so, dass Weltbild/Jokers den Vorjahresband zum Kampfpreis raus haut. Versammelt wurden 20 weihnachtliche Erzählungen, davon immerhin zehn als deutsche Erstausgabe und eine teilweise Erstveröffentlichung. Geboten wird ein breit gefächertes Sammelsurium von Klassikern und modernen Variationen. So sind Geschichten vom Ende der 1940er Jahre ebenso vertreten wie vergleichsweise aktueller Stoff von 2011. Uns hat der Band ausgesprochen gut gefallen und auch wenn uns im Schnitt die etwas älteren Geschichten eher zugesagt haben, so gibt es auch unter den Neueren einige wirklich schöne Perlen zu entdecken, die eine wundervolle Weihnachtsatmosphäre verströmen.

Highlights waren für uns gleich die erste Geschichte, „Der Weihnachtsmann hat’s schwer“, weil die Verwechslungskomödie einfach toll geschrieben ist und mit perfektem Timing aufwarten kann, „Tief gesunken“, Onkel Dagoberts Variante von Mel Brooks‘ „Das Leben stinkt“, der Barks-Klassiker „Ein Fest der Liebe“ und Krümelchen hat die Pinocchio-Story noch sehr gut gefallen, wohingegen ich die kleine Story um „Die Weihnachtsüberraschung“ für Daniel Düsentriebs kleines Helferlein noch sehr süß fand. Insgesamt wieder tolle Einstimmung aufs Fest.

8/10




Sandman Deluxe 6: Die Gütigen



Ich muss eingestehen, dass ich mit dem sechsten Deluxe-Band der Saga so meine Schwierigkeiten hatte. Das krakelig und etwas ungelenk daherkommende Artwork mit einem „Modern Art“ Touch gefällt mir über weite Strecken leider gar nicht. Ab und an funktioniert es und versprüht einen künstlerischen Anspruch, aber zum größten Teil finde ich es einfach nur hässlich und unansehnlich. Dazu kommt die Erzählstruktur von „Die Gütigen“, dem zwölfteiligen Hauptwerk des Bandes, wo dieser Zeichenstil eigentlich durchgehend zum Einsatz kommt. Die ist zwar insgesamt sehr gut und vor allem das Finale weiß absolut zu überzeugen, dennoch kommt mir die sprunghafte, verschachtelte Erzählweise oftmals sehr krampfig und aufgezwungen vor. Das hätte man schöner in einem Guss erzählen können. Hier habe ich immer das Gefühl, da wollte jemand eine wunderbare und spannende Geschichte noch etwas mehr aufmotzen, um das Ganze noch künstlerischer, literarischer oder spezieller wirken zu lassen – und das halt etwas zu offensichtlich. Schade, denn das hat die tolle Geschichte meines Erachtens eigentlich nicht nötig.

Die letzten Fünfzig Seiten, also die Geschichte über Orpheus macht dann fast alles richtig, was zuvor nicht so gut funktioniert hat. In schön gezeichneten Bildern entfaltet sich eine wahre griechische Tragödie vor unseren Augen, die ob der geradlinigen Erzählweise zu fesseln, und mich viel stärker an den Hauptcharakter zu bindet weiß, als es den „Gütigen“ zuvor gelang. Dazu die vielen Kreise, die sich dadurch schleißen und so manches frühere Fragezeichen in Luft auflösen. Fulminant! Wäre nur der gesamte Band so gewesen.

6,5-7/10




Rip Kirby – Die kompletten Comicstrips Band 1



Vielen lieben Dank allerliebste Foxy-Lady für die wundervollen Stunden, die Du mir in meinem Lesesessel bei kernigem Bourbon und wundervollem Swing und Jazz der 40er Jahre durch das Überlassen dieses Bandes beschert hast! Kaum etwas habe ich in den letzten Wochen so genossen, als mich, nachdem der Rest der Family ins Bett verschwunden ist, mit oben besagtem Setting und den Rip Kirby Zeitungsstrips in die Leseecke zu lümmeln und in eine vergangene Zeit zu „flüchten“. Ich liebe ja solche klassischen Detektivgeschichten, auch wenn sie ab und an mal etwas übers Ziel hinausschießen. Oftmals, so wie hier, ist es schön den Zusammenhang zu aktuellem Zeitgeschehen zu sehen, wenn es in der Geschichte vermeintlich mal wieder mit den Gäulen durchgeht. Eine tödliche chemische Formel, die zu einer weltweiten Bedrohung werden kann? Wissenschaftler, die versuchen Länderübergreifend zusammenzuarbeiten, weil es den Politikern nicht gelingen will? Regierungen, denen der eigene Machtausbau als „Friedenssicherung“ wichtiger ist, als internationale Bündnisse. Wer da mal nicht gleich an die Atombombe denkt…

Solche Stories wechseln sich wunderbar mit Old-School Detektivgeschichten und Kriminalfällen, die zum Miträtseln und Mitfiebern einladen. Rip Kirby ist der idealisierte Mann des Faches, nicht nur kernig und stark, sondern auch hochintelligent und äußerst rechtschaffen und loyal. Die Damenwelt liegt ihm zu Füßen, himmelt ihn geradezu an, sein treuer Butler Desmond ist sowas wie Alfred und Robin in Personalunion. Allgemein sind so einige Parallelen zu Batman zu erkennen, auch was Kirbys Faible dafür angeht hübsche Ex-Verbrecherinnen bei der Resozialisierung zu unterstützen. Weiß zufällig jemand was da zuerst da war, das Huhn oder das Ei? Klar, Bats gab es schon ein paar Jahre früher, aber derart stringent aufgebaute Storylines, gerade was z.B. Catwoman betrifft, kam das beim Mitternachtsdetektiv nicht erst viel später?

Auf jeden Fall freue ich mich ungemein auf die weiteren Fälle, die ich zusammen mit Rip lösen darf, die Bände zwei und drei des Bocola Verlages liegen schon hier bereit, kürzlich ist Band 10 erschienen, da habe ich also noch reichlich Stoff vor mir. Das Artwork von Flash Gordon-Schöpfer Alex Raymond ist eine atmosphärische Augenweide, das enorme Format (ich war echt überrascht, wie groß die Bücher sind!) ist absolut perfekt für die Bilder und auch die einleitenden Bonus-Seiten sind wieder außerordentlich gut gelungen und wirklich informativ. Aber hey, wer hat das bei Bocola schon anders erwartet?

8,5-9/10




Walt Disneys Wunderbare Weihnachten




Das soll jetzt aber der letzte Disney Weihnachts-Band für 2020 gewesen sein, beendet haben wir (Krümelchen und ich) den ganz passend am Abend des ersten Weihnachtsfeiertages. Wieder handelt es sich um die Weltbild-Ausgabe, diesmal allerdings von 2014, enthalten sind also die Geschichten aus dem gleichnamigen Disney-Weihnachtsband von 2013. 15 Großteils tolle Geschichten zum Fest, die uns richtig in Weihnachtsstimmung, und oft auch zum Lachen gebracht haben.

Gleich der Start, wo Gundel Gaukeley mit Hilfe der Panzerknacker versucht Onkel Dagobert am Gewinn einer Wette zu hindern, indem er für weiße Weihnachten sorgt, ist sowohl abenteuerlich als auch lustig und bringt eine schöne, weihnachtliche Botschaft mit sich. Braucht man wirklich „Weiße Weihnachten um jeden Preis“, oder sind es ganz andere Dinge, die wirklich wichtig sind? Mickeys anschließender Kampf in „Der Weihnachtsbraten“ macht den Truthahn zum Satansbraten und wirft bei mir mal wieder die seltsame Frage auf, ob das ethisch überhaupt okay ist, dass die Mäuse, enten und selbst Gänse in den Geschichten immer Truthähne und Weihnachtsgänse verspeisen? Aber sei es drum, Krümelchen scheint das zu akzeptieren, was soll ich dann schon kritisieren. „Volldampf Voraus“, in dem Donald sich als Lokführer einen Herzenswunsch erfüllen darf, ist für mich ein absolut gelungenes Highlight unter den Disney-Weihnachtsgeschichten, die ich bislang kennenlernen durfte. Ein großes Abenteuer, wie es selbst Carl Barks oder Don Rosa zu Ehre gereicht hätte. Als Liebhaber von Seemannsgarn trifft „Weihnachtsüberraschungen“ auf Onkel Dagoberts Unterseeboot natürlich voll meinen Geschmack. „Weihnachtsmann in Nöten“ ist mal eine richtig tolle Goofy-Story, in der sich der Tollpatsch wahrlich um den Glauben an den Mann in Rot verdient macht und „Weihnachtsmann auf Sendung“ bringt einen klassischen Zweikampf zwischen Dagobert und Mac Moneysac auf die Mattscheibe. Also wieder viele Highlights und einige zumindest schöne Geschichten. Klar in der Weihnachtszeit ist man ja auch milder gestimmt („Alles hat seinen Preis“ mit Herrn Schlamassi in der Hauptrolle hat mir zeichnerisch leider gar nicht gefallen und der Humor hat auch nicht wirklich bei mir gezündet).

Auf jeden Fall freue ich mich schon tierisch auf die nächste Adventszeit. Vier weitere Disney-Weihnachtsbände habe ich noch locker auf dem Lese-K2.

7,5-8/10



Hellboy Winter Special



Nach dem Eisner-Award gekrönten One-Shot „Krampusnacht“ im vergangenen Jahr wartet die diesjährige Winter Sonderausgabe von Hellboy gleich mit drei Geschichten auf. Das macht es natürlich etwas schwieriger Figuren zu etablieren und bei Storybögen weiter auszuholen, wenn gerade mal 8-10 Seiten pro Geschichte zur Verfügung stehen.

Dennoch gelingt das überraschenderweise ziemlich gut, denn gleich zum Einstieg weiß die im Budapest des Jahres 1989 spielende Geisterstory „Das Geschenk des Geizigen“, eine kleine Scrooge-Variation, voll zu überzeugen. Auch die stimmungsvolle Horror-Story über die eingeschneite Kleingruppe in einem abgelegenen Gasthof im Norden des Bundesstaates New York kreiert eine tolle Atmo und ein gruseliges Finale, auch wenn es hier nicht um Weihnachten, sondern um die Wintersonnenwende, also „Die längste Nacht“ des Jahres geht. Die Finale Story über „Die Bestie von Ingelheim“ mischt im Jahre 1412 schließlich Kreuzritter mit Werwolf-Mythen. Passt perfekt, lese ich doch aktuell immer mal wieder ein Heft aus Marvels „Werewolf by Night“ Omnibus und schaue mir mal wieder ein paar entsprechende Klassiker filmischer Schaffenskunst an. Also ein rundum stimmiges Finale meiner Weihnachtslektüre 2020, 2021 kann kommen!

8,5/10

VG, God_W.
God_W. ist offline   Mit Zitat antworten