Thema: The Phantom
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Alt 06.08.2014, 21:45   #80  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Eigentlich ist das ein Thema für die „Bastei-Freunde“, aber so richtig kommt da nichts rüber – oder habe ich es bisher übersehen!?

Phantom bei Bastei am Beispiel des Heftes 100:

In der letzten Zeit habe ich mich näher mit dem Phantom beschäftigt, das Heißt meine Sammlung auf Vordermann gebracht, mich um die Vervollständigung der Barry-Storys gekümmert. Dabei bin ich auf etliche Überschneidungen gestoßen, die in diversen Serien von verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurden – nicht nur Barry-Geschichten, aber um die geht es hier. Die von mir festgestellten Bearbeitungen schwankten von exzellent bis grottenschlecht.

Die grafisch schönste Ausgabe erschien in der Phantom Heft-Reihe des Aller-Verlages. Der Druck und die Farben bringen mich jedes Mal ins Schwärmen, allerdings ist die Präsentation der Sundays und Dailys schon zweifelhaft: selten sind die Abenteuer (fast ausschließlich von McCoy) vom Anfang bis zum Ende komplett, es ist gekürzt und geschnitten worden, zwar geschickt, aber unübersehbar wenn man die Möglichkeit des Vergleichens hat. Nebenbei bemerkt ist jede der vielen Serien in der Reihe mit einer individuellen Schrift ausgestattet, sie scheinen alle von verschiedenen Letterern bearbeitet zu sein (Prinz Eisenherz erscheint als einziger in Maschinenschrift!?).

Die Semic Phantom Reihe (ausschließlich Dailys, wenn ich mich nicht täusche) ist dagegen ziemlich vollständig im Abdruck der Tagesstreifen. Sie sind schwarz auf weiß, entsprechen also dem Original. Der Text (Maschinenschrift) ist leider ein Wermutstropfen in der ansonsten schönen Serie. Er ist sehr, sehr knapp gehalten und zieht sogar bei einem Vergleich der selben Story gegenüber den Bastei-Heften den kürzeren (!).

Bastei, ich habe mich schon des Öfteren negativ über dessen Serie (den Großbänden im Überformat) ausgelassen, nun will ich noch eins draufsetzen, ins Detail gehen: das Heft Nummer 100 wird als Jubiläum gefeiert und als Bonbon die Hochzeit des Phantom mit Diana Palmer herausgestellt, von Sy Barry nach dem gefühlvollen Script von Lee Falk umgesetzt; schon auf dem Titelbild ist in einem barocken Bilderrahmen das Brautpaar im Brustbild zu sehen. Die Qualität der Zeichnung ist mäßig, da gab es hier schon wesentlich ansprechendere. Der Ablauf der Feierlichkeiten ist aus einem übergreifenden Abenteuer herausgerissen worden. Die Originalveröffentlichung als Daily ist vom Syndikat mit dem Buchstaben E gekennzeichnet und enthält insgesamt 312 Streifen* (ohne als Abenteuer abgeschlossen zu sein). In der Nummer E30 sagt Kit Walker in der Totenkopfhöhle zu den Bandaren den folgenschweren Satz: „Jetzt heirate ich!“. Bastei – natürlich nicht der Verlag, sondern der zuständige Redakteur – steigt bei der Nummer E97 ein und beim ersten Bild des Streifens E145 wieder aus. Zwischendurch fällt die eine oder andere Sequenz einer Schere zum Opfer, aber das ist leider die Regel. Meinten die Verantwortlichen bei Bastei, ihrer Leserschaft nicht die ganze Story in einem Rutsch, oder wenigstens die ganze Hochzeit samt dem Honeymoon zumuten zu können. Wann heiratet schon mal ein Comicheld, kommt zwar öfter vor, als man meint, aber so selbstverständlich ist das auch nicht. Selbst die Rahmenhandlung um einen Diktator, der Diana in seine Gewalt gebracht hatte – und anschließend sie und Phantom mit seinem Hass weiter drangsalierte - ist doch ein komplettes Heft wert. In der Ausgabe 100 ist die Hochzeit nur eine von 2 völlig verschiedenen Geschichten, getreu der verlagsüblichen Aufteilung. Platz wäre also gewesen!

Die Peinlichkeiten nehmen indes kein Ende, einige Bild- und Textpassagen sollen dies belegen. Ich fange mit den Streifen E123 und E124 an, die für sich selbst schon hartgesottenen Fans Gruselhaut verursachen müssten:


Hochzeitsgäste in großer Zahl werden vom Geschichtenerzähler Mozz, der die Rolle des Zeremonienmeisters übernimmt, vorgestellt. Dabei sind auch die anderen „Helden“ von Lee Falk, Mandra und Lothar. Lothar wird von ihm als Prinz von den sieben Nationen vorgestellt und anschließend Hzzz, das Höhlenmonster. Außerdem noch Doktor Axel und Colonel Worubu.
Anschließend bittet er die Gäste vor der Höhle Platz zu nehmen.


Am Auffälligsten ist hier der lange Textkasten rechts, in dem konstatiert wird, dass der „komische“ alte Mann stundenlang Gäste vorstellt. Weshalb ist er „komisch“ … und was soll die „lustige“ Bemerkung Mandras über die angeblich „niedlichen“ Schwarzen … Das Höhlenmonster Hzzz fehlt, warum? Konsequenterweise wird es in späteren Bildern retuschiert.

Da hier nicht alles abgebildet werden kann, folgen einige Textpassagen ohne Bilder. Dianas Mutter befürchtet im Bastei-Text, Seite 16 unten, von Mze (so wird Mozz hier genannt) verspeist zu werden, im Daily E124 heult sie vor Rührung: „Oh, es geht los, Diana!“

Im selben Streifen freut sich Diana, das die farbige Miss Tagama (die Erzieherin von Rex) ihre Brautjungfer wird, im Heft stellt sie lediglich fest, dass sie sich über die bevorstehende Hochzeit freut.

Das Bild im Daily E125 zeigt den nervös auf und ab gehenden Phantom („Ich bin so nervös …“), der Redakteur des Heftes legt ihn Sorgen über Diana in den Mund („Für Diana muss es eine Qual sein“!). Einen Helden, der wegen einer Hochzeit aufgeregt ist, mochte man sich in der Redaktion wohl kaum vorstellen. Außerdem kann sich der anwesende Guran hier nur in einer abgehackten Sprechweise verständigen, wie das in den Fünfzigern für „Eingeborene“ noch gerne gezeigt wurde.

E126, Miss Tagama fragt den halbwüchsigen Rex im Heft, Seite 17 Reihe 2: „Wie gefalle ich dir, Rex?“ „Hm! Neulich im Fluss hast du mir besser gefallen! Hahaha!“ Der Daily lässt die beiden sich überhaupt nicht unterhalten, Mze stellt sie aus dem Off als: „Die Ehrenwerte Miss Tagama.“ Vor. Und Rex erklärt Hzzz, das sie seine Lehrerin ist – das freundliche Höhlenmonster ist im Heft entfernt.

E129, Präsident Luaga: „Ihr beide liebt euch seit eurer Kindheit. Ich weiß, ihr werdet zusammenhalten in guten wie in schlechten Tagen, in Glück und Leid.“ Präsident Goranda (vom Nachbarstaat) fügt hinzu: „Ihr werdet euch gemeinsam eurer großen Tradition verpflichtet fühlen …“ Die Mutter Dianas: „Schluchz – es ist so schön …“ Rex zu Hzzz: „Psst“ Hzzz antwortet: „Hzz –„ (okay, nun wissen wir, warum das Monster Hzzz heißt).

Auf der Seite 18 oben steht folgender Dialog in der selben Sequenz, Präsident Luaga: „Wandelnder Geist … man nennt dich auch das Gesetz des Dschungels … Ich bin stolz darauf, dass ich dich Freund nennen darf!“ Präsident Goranda: „Ich überbringe dir die Grüße meines Volkes, das dich seinen Beschützer nennt!“ Die Mutter: „Ich verstehe kein Wort, aber es ist ergreifend!“ Rex: „Pst! Sie reden Kisuaheli, damit alle verstehen!“ Hzzz: gar nichts, denn es ist retuschiert.

Fazit der vorstehenden Textpassage: Bei Bastei wird Diana völlig ignoriert, nur das Phantom wird von den Präsidenten angesprochen. Interessant ist auch der Dialog zwischen Mom und Rex. Dianas Mutter hat im Daily feuchte Augen und selbst Rex ist ergriffen. Während sie ihre Tränen trocknet, gibt sie im Heft zu, kein Wort zu verstehen, Rex erklärt ihr, dass die Präsidenten Kisuaheli sprechen, damit es alle verstehen sollen – das verstehe einer. Hier soll anscheinend auf den Kisuaheli-Sprachkurs hingewiesen werden, der zu dieser Zeit in den Phantom-Heften abgehalten wird.

Nach dem gegenseitigen Ja-Wort sagt Dr. Luaga im Strip E133, während sich Diana und das Phantom küssen: „Wir erklären euch zu Mann und Frau …“ Präsident Goranda fügt hinzu: „Nun Küss die Braut.“

Der Text auf der Heftseite 19 liest sich folgendermaßen, Dr. Luaga: „He! Lass für uns auch was übrig! Hahaha!“ Goranda sagt mal gar nichts.
Man scheint sich in der Redaktion oft amüsiert zu haben, denn das „Hahaha!“ erscheint in den Phantom-Heften häufig, meist unangebracht, oder einfach kindisch.

E …, es reicht! Derartige textliche Verstümmelungen, unmotivierte unnötige Änderungen, sind die Regel und könnten von mir beliebig fortgesetzt werden. Ein interessantes Beispiel aus dem Heft 100 wollte ich aber noch bringen. Auf der Leserbriefseite wird auf die Zuschrift eines Lesers eingegangen, der einen Ausschnitt aus dem Stern mitgeschickt hatte. In diesem großen deutschen Magazin geht man auf die Hochzeit ein (!), sogar ein passendes Comic-Bild wurde abgedruckt. Es zeigt das Paar und wichtige Personen und im Untertext heißt es: Zeichner Kit Walker (!). Der Briefkastenonkel, stets als „Mamba“ getarnt, macht sich darüber lustig und klärt den besorgten Leser über die Unwissenheit seiner Kollegen auf. „Der Zeichner sei natürlich Lee Falk“ … seltsam, aber so steht es geschrieben.

*als Referenz liegt mir der komplette E-Satz aus der deutschen Veröffentlichung der Hamburger Morgenpost vor.

P.S. da ich bei weitem nicht alle 238 Hefte habe, gehört nun auch die Nummer 100 zu den aussortierten.

Geändert von Detlef Lorenz (06.08.2014 um 21:58 Uhr)
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