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Alt 04.12.2015, 22:54   #22  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Ort: Ahrensburg
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Zitat von Servalan Beitrag anzeigen
Warum gehst du so hart mit den Comicautoren ins Gericht?
Weil ich in meiner Einleitung Wert auf den historischen Kontex gelegt habe. Und da ich weiß, wie es mit der Inhalten der Serie weitergeht, kann ich über die Darstellungen in den ersten Heften schon ein wenig spotten.

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Klar, heute wissen wir alles besser. Aber Historiker in Lohn und Brot (meist an der Uni oder bei Instituten) sind jederzeit besser unterrichtet als das gewöhnliche Publikum. Bis die Erkenntnisse Allgemeingut werden, vergehen gut und gern dreißig bis fünfzig Jahre.
Sicherlich gewinnen wir jede Woche neue Erkenntnisse, aber bereits seit der Antike waren die Regierungszeiten der römischen Kaiser bekannt. Und das ein Herrscher mit nur einem halben Jahr auf dem Thron nichts wirkliches bewegen kann, sollte doch auch ohne Studium einem von selbst einleuchten.

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Die Comicautoren Linden und Blumtritt zählen meiner Meinung nach zum gewöhnlichen Geschichtspublikum. Die haben weder Kongresse und Tagungen besucht, wo die neuesten Ergebnisse der Forschung präsentiert wurden, noch historische Fachzeitschriften und Fachliteratur gelesen.
Damals gab es durchaus Möglichkeiten sich zu orientieren: Die vorhandenen städtischen Büchereien boten für jedes Thema ausreichend Material - und ich weis, was ich hier schreibe. Ein halber Tag Quellenstudium reichte aus, um die Grunddaten des angestrebten Themas zu erfahren. Das Nero Rom in Brand gesteckt hatte, mag selbst in den 50gern noch zum Allgemeinwissen gehört haben, auch durch die schauspielerische Glanzleistung eines Peter Ustinov, wie du weiter unten durchaus richtig schreibst.

Und Blumentritts Leistung als Zeichner der ersten beiden Heftes habe ich nur an seiner "Vorlage" Hal Foster gemessen. Später sind seine "Eigenkreationen" durchaus gelungen, wenn er auch nie von seinem Vorbild abkommen mochte.


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Meiner Ansicht nach geben die "Fehler" gute Hinweise darauf, woran sie sich orientiert haben: nämlich an populärwissenschaftlicher Literatur und Belletristik sowie an den Kinoprogrammen der Zeit. Comicautor war damals ein schlecht angesehener, mies bezahlter Beruf - also fiel so etwas wie Forschung und Recherche flach. Und wer für ein Publikum aus Kindern und Jugendlichen schrieb, der wurde sowieso nicht ernst genommen.
Ich denke, Comicautor war damals überhaupt kein Beruf, eher eine Berufung. Selbst wenn keine oder wenig historische Fehler, im Text, wie im Bild auftreten, wurde man nicht ernst genommen. An wen ich da denke, dürfte klar sein: Helmut Nickel und mit geringen Abstrichen Willi Kohlhoff. Auch sie versuchten mit ihren Comics nicht in der Öffentlichkeit zu prahlen, obwohl sie u.a. mit Quellenstudien wie "National Geografic" arbeiteten.

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1951 lief Quo Vadis an, ein Sandalenfilm nach dem historischen Roman (1895) von Henryk Sienkiewicz. Der verzückt blickende Nero mit der Leier, der sich am abgefackelten Rom sattsieht, gehört zu Peter Ustinovs Paraderollen und hat sein Star-Image geprägt. Der Comic kommt circa anderthalb Jahre später in den Handel und bestätigt die Fans des Monumentalfilms. Ich kann mir sogar vorstellen, daß Standbilder aus dem Film als Vorlagen benutzt worden sind.
Wie üblich dieses Verfahren war, zeigt ja das 8. Asterix-Album: Asterix und Kleopatra, das Goscinny und Uderzo augenzwinkernd an den Oscar-Blockbuster Cleopatra (USA 1963) von Joseph L. Mankiewicz mit Elizabeth Taylor angelehnt haben.
Ein wenig mehr muß sich Linden schon als nur an Kinobesuchen oder so unsäglichen verfilmten Romanen wie "Qou Vadis" orientiert haben. Für das Heft 1 habe ich keine historischen Fauxpas´festgestellt und da wird nicht nur der Film "Der Hauptmann von Kastillien", mit Tyronne Power, als Quelle hergehalten haben. Dafür sind die Themen einfach zu komplex.

Das Standbilder (Aushangfotos, denke ich mal) als Vorbilder gedient haben, glaube ich eher nicht, der schon weiter oben erwähnte Prinz Eisenherz mußte als Hauptinspirationsquelle herhalten.


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Sieh es einmal so: Niemand entkommt den Bedingungen der Gegenwart.
Thomas Mann hat sich bei seinem Josephsroman sogar an den damals aktuellen Forschungsergebnissen orientiert. Nach heutigen Erkenntnissen wimmelt der trotzdem von Fehlern und Trugschlüssen.
Das ist der Lauf der Zeit.
Wenn in späteren Jahren neue Informationen auftauchen, ist der Verfasser, von Romanen, Filmen, udgl. von jeder Schuld frei, daran gibt es kein Zweifel. Aber das Nero nicht im Kolosseum sitzen konnte, weil es das noch gar nicht gab, das Vindex seine Schlacht verloren hatte, war alles seit 68 n.d.Z. bekannt. Gelegentlich verselbständigen sich Fehlinformationen, wie das leidige Thema mit den US-Kavalerie Forts im Wilden Westen, dass ist natürlich, sozusagen. Sieht ja auch schaurig schön aus, Rom brennt und der Kaiser singt dazu elegische Weisen auf der Leier...

Danke aber fürs "mitmachen"! Gibt mir Kraft und macht Mut zum Weitererzählen und zum Diskutieren.
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