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Alt 03.02.2012, 11:24   #34  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Little Big Horn

Das folgende Thema hatte ich schon einmal am Wickel (Bei „Ehapa“ unter Mike S. Blueberry), aber es kocht in mir immer wieder hoch, wenn mir Comics in die Finger fallen, wie das unten abgebildete Piccolo-Heft Ralf der Scout Nr. 67, Die Schlacht am ´Big Horn`. Deshalb die folgenden - verfälschten - Bildbeispiele, die natürlich in den Köpfen der jugendlichen Leser haften blieben und lange Zeit prägend für das Bild dieser Ereignisse war - und ist!? Nur wer sich später etwas mehr mit dem Geschehen beschäftigte, erkannte das Unhaltbare, Unsinnige der dargestellten Ereignisse:




Das Heft schildert den Untergang des 7. US-Kavallerie-Regimentes unter General Custer. Hansrudi Wäscher gestaltete mit einer dynamischen Zeichnung das Titelbild, wie er überhaupt für alle Umschlagzeichnungen der Ralf der Scout und Ralf der Sheriff – Piccolos zuständig war.





Das titelgebende Ereignis findet allerdings nur auf einigen Bildern statt und das im Piccoloformat. Viel mehr als „wischi-waschi“-Zeichnungen ist auf allen Bildern der Story auch nicht zu sehen. Meist sind es Großaufnahmen von Personen, die am Geschehen am Little Big Horn River (so die komplette Ortsbezeichnung) beteiligt waren. Interessant ist hier aber die Aussage von Crazy Horse, einem der auf indianischer Seite beteiligten Häuptlinge. „Die Soldaten haben sich heldenhaft geschlagen und meiner Streitmacht schwere Verluste zugefügt. Dadurch ist mir der Marsch nach Norden unmöglich gemacht.“

Einerseits ist es nicht klar, was er im „Norden“ wollte, ganz im Gegenteil eigentlich, denn die Indianer wollten ja vor Ort leben bleiben. Dann waren es nicht die „schweren Verluste“ bei diesen kriegerischen Auseinandersetzungen, die den Indianern letztlich den Verlust ihrer Heimat, den Untergang ihrer Würde, ihrer Kultur bescherten. Zwischen 40 bis 80 Kriegern – und zirka 10 Frauen und Kindern – standen immerhin rund 300 Soldaten, die im Verlauf der Operation zur Vertreibung der Indianer aus den – goldhaltigen – Black Hills gefallen waren, gegenüber. Dieselben Krieger, die sich Gefechte mit den Soldaten lieferten, waren auch weitgehend für die Ernährung des Stammes zuständig. So verrückt wie das hier klingt, aber nach dem tödlichen Tagesgeschäft mussten sie Büffel jagen gehen, diese ins Lager zurückschaffen, usw. Damit war das Lager und die Frauen und Kinder fast Schutzlos und die Folgen sich leicht auszumalen. Zusätzlich gab es durch die Massenschlächterei weißer Jäger a la Buffalo Bill sehr bald keine Büffel mehr und das Endergebnis dieser Vertreibungs- und Vernichtungsorgie eines Volkes ist uns allen bekannt.

Zum selben Thema fiel mir bei weiterer Recherche das unten abgebildete Piccolo-Heft in die Hände:




Auch hier ging es um dasselbe Ereignis, der Schlacht am Little Big Horn.








Hier sind auf zwei Bildern mindestens drei falschen Darstellungen des Verlaufes der Kämpfe wiedergegeben: Einmal das Gelände am Little Big Horn, das keine zerklüftete Gebirgsregion ist, sondern sanft gewellte, leicht hüglige Prärie; die letzte Verschanzung der Soldaten, die im Heft in einer Senke zu sehen ist, in Wirklichkeit sich aber auf einem Hügel befand und der Angriff der Indianer auf die Kavalleristen, der sich medienwirksam, aber militärisch höchst töricht, hier hoch zu Ross zeigt und in der Realität eher in einem sich anschleichenden Vorstoß durch das hohe Präriegras äußerte. Nur so waren auch die zahlenmäßigen gravierenden Unterschiede in den Verlustzahlen der Kontrahenten zu erklären, wie weiter oben aufgezählt – neben einigen weiteren Unterschieden, die hier aber nicht so von Belang sind.

Ich hab´ das alles schon einmal geschildert, anhand des „Blueberry“ – Zyklus um General Gelbhaar, aber mich überkommt immer wieder das Bedürfnis, derart verfälschende Comicgeschichten hier vorzustellen. Nicht, um sie abzuqualifizieren (vielleicht ein bisschen doch), sondern auch um den, vor allem früher, schludrigen Umgang mit geschichtlichen Ereignissen, die entweder aus Unwissen, Ignoranz, aus produktionstechnischem Zeitmangel, aber auch aus dem sogenannten Zeitgeist heraus geschahen – tatsächlich? aufzuzeigen und, wenn mir möglich, zu korrigieren.

Ich hoffe, mit oben stehenden Bericht deshalb nicht gelangweilt zu haben, aber es war mir ein wiederholtes Bedürfnis, das zu schreiben – Uff, ich habe erneut gesprochen!

Als nächstes erscheint mal wieder etwas zum Thema Dschungel-Welten …

Geändert von Detlef Lorenz (03.02.2012 um 11:29 Uhr) Grund: Korrektur
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