Thema: Filmklassiker
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Alt 20.10.2022, 07:21   #46  
Peter L. Opmann
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Nachdem ich nun schon über einige Filme geschrieben habe, habe ich mir überlegt: Welche Genres habe ich eigentlich noch nicht berührt? Als erstes fiel mir Science Fiction ein.

SF ist ein etwas schwieriger Fall. Es gibt gute SF-Filme, über die man glaube ich nicht zu schreiben braucht, weil sie ohnehin Kult sind: „Alien“ und „Blade Runner“, die „Star Trek“-Serie, „2001 – Odyssee im Weltraum“, „Die Klapperschlange“ und so weiter. (Wobei sich die Frage stellt, ob das alles echte SF-Filme sind). Den ewigen Klassiker „Metropolis“ finde ich zwiespältig. Die Filme der 1950er und teils noch 60er Jahre finde ich auch problematisch, da sie inhaltlich und filmtechnisch überholt sind. Und bei manchen Filmen müßte ich ein paar Verrenkungen machen, um sie zu Klassikern zu erklären, weil sie zu sehr Filmkunst (Arthouse) sind: „Solaris“ zum Beispiel oder „Welt am Draht“.

Lange war ich sehr angetan von der Tricktechnik von Jack Arnold. Er stemmte sich mit seinen 50er-Jahre-Filmen gegen die FX-Unzulänglichkeiten und holte mit einfachen Mitteln für die Zeit Erstaunliches heraus. Beinahe hätte ich „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ („The Incredible Shrinking Man“) ausgesucht, aber meine Begeisterung für Arnold hat doch etwas nachgelassen. Außerdem ist wiederum fraglich, ob das ein echter SF-Film ist. Es gibt da nur Radioaktivität, die einen Mann ins Unendliche schrumpfen läßt. Immerhin psychologisch nicht uninteressant.

Letztlich habe ich mich für Tim Burtons „Mars Attacks!“ von 1996 entschieden. Der ist noch nicht 30 Jahre alt, aber wollen wir das mal nicht zu eng sehen. Burton nimmt alle Schwächen des Genres in den 50er Jahren auf und verwandelt den Stoff, der im selben Jahr auch von dem völlig anders gelagerten Emmerich-Film „Independence Day“ behandelt wurde, in eine sehr spaßige Parodie. (Die Special Effects sind gut.) Burton arbeitete fast gleichzeitig auch an „Ed Wood“. Wood war ein Trash-Regisseur der 50er Jahre („Plan 9 from Outer Space“ ist zum Beispiel ein SF-Film, der als einer der schlechtesten Filme überhaupt gilt).

Die Story von „Mars Attacks!“ ist schnell erzählt und auch nicht das Besondere an dem Film: Marsianer kommen auf die Erde (natürlich landen sie in Washington). Die Menschheit rätselt zunächst, was sie wollen und wie mit ihnen umzugehen ist. Unter Führung des US-Präsidenten (und dem Einfluß der Hippie-Kultur) entscheidet man sich, sie freundlich willkommen zu heißen. Aber die Marsianer wollen bloß die Erde erobern und verfügen zu diesem Zweck auch über eine weit überlegene todbringende Technologie. Am Ende werden sie aber auf ähnliche Weise gestoppt wie in H. G. Wells‘ „The War of the Worlds“, nämlich durch einen toxischen Reiz, den sie von ihrer Welt nicht kennen: Country Music. (Bei Wells war es, realistischer gedacht, ein Virus.)

Burton hat das unglaublich detailverliebt inszeniert, und in seinem Cast gibt es fast nur Stars (dieser Zeit) von Jack Nicholson bis Tom Jones (dem Sänger). Ich rechne es ihm hoch an, daß er Sylvia Sidney eine wichtige Rolle gegeben hat – sie war eine Hitchcock-Heldin der 30er Jahre. Es gibt also pausenlos etwas zu entdecken in diesem Film. Obwohl „Mars Attacks!“ einen sehr reizvollen SF-Rahmen hat, ist es letztlich vor allem eine Satire auf die amerikanische Welt der 90er Jahre (und vieles davon wird sich bis heute nicht geändert haben). Politiker sind dumm und nur an ihrer Außenwirkung interessiert. Ein Spiegelbild davon sind die Medien. Manche denken nur an ihr Geschäft und wollen die Mars-Invasion zu Geld machen. Andere sehen die Marsianer als esoterische Heilsbringer. Wieder andere reagieren rassistisch und sind wild entschlossen, sie mit ihrer Schrotflinte wegzupusten.

Für mich war der Film ein großer Spaß, und ich habe mich – obwohl es Trivialkultur ist – nicht unter Niveau unterhalten gefühlt. Ich mag viele Filme von Tim Burton, die beiden „Batman“s, „Edward mit den Scherenhänden“, „Beetlejuice“, „Charlie und die Schokoladenfabrik“ und den erwähnten „Ed Wood“. Und auch „Mars Attacks!“
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