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Alt 04.02.2018, 16:20   #3935  
Peter L. Opmann
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Gut gemeint, aber schlecht gemacht. So lautet mein Urteil über diese Jubiläumsausgabe (FF # 100). Für solche Nummern werden ja gern entweder große Familienereignisse (Hochzeit, Geburt oder ähnliches) oder ein besonders spektakulärer Gegner bemüht oder eben, wie hier, eine Gaststar-Parade. Die Fantastischen Vier bekommen es in diesem „Heimreise mit Hindernissen“ betitelten Heft mit nicht weniger als 18 Super-Gegnern zu tun (einschließlich dem verrückten Denker und dem Puppenspieler, die das Ganze steuern, aber zuzüglich der Unterwasserarmee von Aquarius, die nicht gezählt werden kann). Jack Kirby gibt sich alle Mühe, das alles auf 20 Seiten unterzubringen; er zeichnet im Schnitt durchschnittlich fast sieben Panels pro Seite. Aber das ist dennoch nicht anders zu schaffen, als daß man den Gegner auftauchen und mit einem kurzen Gegenschlag untergehen läßt.

Das erzeugt insgesamt das Gegenteil des Effekts, den Stan Lee möglicherweise beabsichtigt hatte: Die Super-Bösewichte können gar nicht zur Entfaltung kommen; ihre Angriffe verpuffen nicht nur strategisch, sondern auch dramaturgisch. Spannung und Lesefreude halten sich bei diesem Werk doch sehr in Grenzen, auch wenn sich Lee und Kirby redlich Mühe geben, die Revue bestmöglich zu inszenieren. Vielleicht wäre die Ausgabe besser geworden, wenn sie 40 Seiten Platz gehabt hätten, aber ich fürchte, auch dann hätte die alte Regel gegolten: Weniger ist mehr. Aber man muß bedenken: Es war die erste Marvel-Superheldenserie, die Ausgabe 100 erreichte. Und wenn der Seitenumfang größer gewesen wäre, dann hätte Williams die Ausgabe womöglich ausgelassen.

Die FV werden auf der Rückreise von der Großen Zuflucht angegriffen. Ihr UFO-artiges Fluggerät stürzt irgendwo im Orient ab und ist nicht mehr brauchbar. Während das Quintett (einschließlich Sue und Crystal – nebenbei: Hieß es nicht, sie müsse weiter bei Black Bolt bleiben?) noch rätselt, was passiert ist, beginnt der Angriffsreigen. Die ersten beiden Gegner, Kang und Doktor Doom, werden einfach dadurch besiegt, daß Crystal einen Baum auf sie stürzen läßt. (Nebenbei: Kang ist ein alter Feind der Rächer; mit den FV hatte er bisher noch gar keinen Kontakt.) Dabei merken sie, daß sie es nicht mit den echten Schurken, sondern mit nachgebildeten Androiden des Denkers zu tun haben. Der Puppenspieler arbeitet indes noch an seinem FV-Gegner; wir Leser bekommen ihn vorerst nur schattenhaft zu sehen.

Die Angriffe namhafter Super-Feinde gehen inzwischen weiter. Wie gehabt, gehen alle Androiden nach ein paar Panels zu Bruch. Nur mal eben aufzählen, wer da alles auftaucht: ein Kree-Wächter, Drachenmann, Prinz Namor, der Hasser (das ist der Hate Monger, dem Williams-Leser hier zum ersten Mal begegnen), der Super-Skrull, der Geist und seine Super-Affen und die Furchtbaren Vier (diesmal allerdings zu dritt, ohne Medusa). Immerhin kann Ding zwischendurch immer mal ein paar lockere Sprüche klopfen. Da keiner der Angreifer die FV besiegen kann, aktiviert der Puppenspieler schließlich seine radioaktive Schöpfung – es ist eine Hulk-Puppe. Allerdings geht diese Aktion schon im Ansatz in die Hose, denn der Hulk läßt sich nicht instrumentalisieren und wendet sich gegen seinen Herren und den verrückten Denker. Er demoliert ihr Hauptquartier, das kurz darauf in die Luft fliegt.

Mit Mühe bekommen Lee und Kirby ein halbwegs witziges Ende hin. Die FV werden nach bestandener Schlacht von einem NATO-Flugzeug aufgelesen. Lee legt Reed Richards eine vollmundige Eigenwerbung der Sorte in den Mund, die man ihm nicht übelnehmen kann: „Wir sind immer noch das größte Team aller Zeiten!“ Wahrlich der passende Spruch zum Jubiläum, und höchstens ein bißchen übertrieben. Johnny sekundiert: „Sag‘ das ruhig nochmal.“ Und Ding unterläuft das Ganze mit der Bemerkung: „Wetten, daß er’s tut?“ Schön, nun sind die Fans mit der Ausgabe wieder ein wenig versöhnt.
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