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Alt 25.06.2016, 18:46   #55  
Servalan
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Standard Kālidāsa: Śākuntalā. Ein indisches Schauspiel (4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung)

कालिदास: अभिज्ञानशाकुन्तल
Diverse Ausgaben, zuletzt Amman Verlag 2006, darunter Manesse Bücherei (Band 1) 1987, 144 Seiten, mit der Vorrede von Johann Gottfried Herder (1803).
http://www.gutenberg.org/files/16659...-h/16659-h.htm (Volltext der englischen Übersetzung von Arthur W. Ryder 1912 bei Projekt Gutenberg-DE)
http://www.yorku.ca/inpar/shakuntala_ryder.pdf (Volltext der englischen Übersetzung von Arthur W. Ryder, pdf)
https://de.wikipedia.org/wiki/Abhijnanashakuntala
http://www.yavanika.org/theatreinindia/?page_id=286
http://www.sacred-texts.com/hin/sha/sha12.htm

Ringe sind ein beliebtes Requisit - von Märchen über Lessings berühmte Ringparabel bis hin zur Operntetralogie von Richard Wagner und der High Fantasy von J.R.R. Tolkien. Jeder kennt sie aus dem Alltag, wo sie Verlobung und Heirat oder andere Versprechen symbolisieren. Außerdem können sie verloren gehen ... und wiedergefunden werden.

Mein Einblick in die indische Mythologie und Literaturgeschichte ist leider begrenzt. Abgesehen vom fast allgegenwärtigen Glücksgott Ganesha verfüge ich bloß über bruchstückhaftes Wissen. Zuletzt habe ich in die moderne Version vertieft, die Virgin-Gründer Richard Branson in seinen indisch-britischen Comicserien Devi und Snake Woman vorgelegt hatte.

Gewisse Mechanismen der Geschichte ähneln sich jedoch auffallend.
Sakuntala (eigentlich Die Wiedererkennung der Shakuntala) gilt als Nationaldrama des epischen Theaters und beruht auf einer Geschichte des indischen Epos Mahābhārata (महाभारत, verschiedene Fassungen aus vorchristlicher Zeit). Das Sanskrit-Epos Mahābhārata ist etwa zehnmal so umfangreich wie Homers Ilias oder Die Odyssee und gilt als "das längste jemals verfaßte Gedicht", wobei sich religiöse und philosophische Bedeutungen überlagern und verstärken.

Kālidāsa bedeutet wörtlich übersetzt "Diener der Göttin Kali", und der ist biographisch ebenso ungreifbar wie Homer oder Shakespeare, zumal mehrere Dichter diesen Namen trugen. Ende des 18. Jahrhundert entdeckten Briten langsam die Literatur der Kolonisierten für sich: 1789 wurde Śākuntalā ins Englische übersetzt, 1791 von Georg Forster ins Deutsche. Weitere deutsche Fassungen folgten 1854 durch Friedrich Rückert und 1924 durch Rolf Lauckner.
1888 gestaltete die Bildhauerin Camille Claudel eine gleichnamige Skulptur in Bronze, 1905 schuf sie das Motiv in Marmor. Franz Schuberts 1820 komponierte Oper Sakontala blieb unvollendet, weshalb sie von Karl Aage Rasmussen rekonstruiert wurde, so daß sie 2006 konzertant und 2010 szenisch uraufgeführt werden konnte.

Auf der Jagd verfolgt der junge König Dushyanta eine Gazelle im Wald und gelangt so in eine Einsiedelei, wo fromme Asketen den Göttern huldigen.
Der Älteste der Asketen, Kanva, hat eine Tochter, Śākuntalā, der sich Dushyanta als Gelehrter am Hofe des Königs vorstellt. Er beobachtet sie und verliebt sich in die Schöne.
Nach und nach erfährt er dabei, daß Kanva bloß ihr Pflegevater ist. Śākuntalās wahrer Vater sei ein Heiliger gewesen und ihre Mutter eine Elfe, also ein Göttermädchen. Weil Dushyanta den Frieden der Einsiedelei nicht weiter stören will, bricht er seine Jagd ab und will aufbrechen. Doch die Einsiedler bitten ihn, er möge sie vor bösen Dämonen schützen.
Bei dieser Gelegnheit heiraten Dushyanta und Śākuntalā. Als dringende Geschäfte Dushyanta an den Königshof zurückrufen, schenkt er Śākuntalā zum Abschied einen Ring und verspricht, sie nachkommen zu lassen.
Die verliebte Śākuntalā ist der Welt entrückt, weshalb ihr ein Lapsus unterläuft. Sie versäumt es, einem Priester die gebührende Ehre zu erweisen, wofür der sie hinter ihrem Rücken verflucht: Sollte sie ihren Ring verlieren, dann wird Dushyanta sie vergessen und nicht wiedererkennen ...

Geändert von Servalan (15.08.2020 um 17:32 Uhr)
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