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Alt 05.05.2023, 15:24   #169  
Servalan
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Deutschstunde (Deutschland 2019, Wild Bunch Germany, Network Movie Film, Senator Film Köln Produktion, ZDF), Drehbuch: Heide Schwochow nach dem gleichnamigen Roman (1968) von Siegfried Lenz, Regie: Christian Schwochow, 125 min, FSK: 12, JMK: 12

Siegfried Lenz hat den Künstler Max Ludwig Nansen nach dem Vorbild des Expressionisten Emil Nolde (1867 - 1956) gestaltet, der zwar heute noch als bedeutender Künstler gesehen wird, aber als problematische Persönlichkeit betrachtet wird. Denn einerseits war Nolde als "entarteter Künstler" verfemt, andererseits vertrat er rassistische und antisemitische Auffassungen und war ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus.
Dennoch gelang es ihm, sich über seinen Tod hinaus bis 2008 als Opfer des Nationalsozialismus zu verklären. So erschienen seine vierbändigen Memoiren in einer bereinigten Fassung ohne antisemitische Passagen, und während der Entnazifizierung 1946 gab er wesentlich geringere Einkünfte an. Kurz vor seinem Tod wies er auf beschlagnahmte und zwangsversteigerte Werke hin, weshalb er einen Antrag auf Entschädigung stellte, der abgelehnt wurde.
Der Roman vom Verlag Hoffmann und Campe entwickelte sich zum Bestseller. Rasch waren 250.000 Exemplare verkauft, so daß er am 16. Dezember 1968 Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste erreichte, wo er sich monatelang hielt, auch noch in der Jahresliste 1969. Er wurde das erste Mal 1971 als zweiteiliger Fernsehfilm von Peter Beauvais verfilmt.
Die Drehbuchautorin Heide Schwochow ist die Mutter des Regisseurs. Das Ziel ihrer Fassung war es, die archaische Kerngeschichte der Parabel über die Pflicht herauszuarbeiten. Die weltabgeschiedene Provinz hinterm Deich an der Nordseeküste wird so zu einer zeitlos abstrakten Kulisse, die durch Wind, Wasser und Watt geprägt wird.

In der Nachkriegszeit sitzt der Jugendliche Siggi Jepsen in einer Strafanstalt und soll dort wie die anderen Häftlinge in der Deutschstunde einen Aufsatz mit dem Thema "Die Freuden der Pflicht" schreiben. Weil er nichts zu Papier bringt, wird er in eine Einzelzelle gebracht, wo er die Aufgabe nachholen soll. Diese Situation bildet den Rahmen für eine große Rückblende, die mit einem Bild eingeleitet wird, in dem eine Reihe von Staffeleien mit brennenden Leinwänden im Watt steht.
Siggi ist der jüngste Sohn von Jens Ole Jepsen, der den Polizeiposten im beschaulichen Rugbüll leitet. In dieser Funktion bricht er eines Tages zu seinem Freund, dem Maler Max Ludwig Nansen, auf. Er überbringt ihm die Nachricht aus der Hauptstadt, daß für ihn sofort ein Malverbot gelte, also ein Berufsverbot. Mehrere Gemälde von Nansen hängen in Jepsens Privatwohnung; diese nimmt der Polizist noch am selben Tag ab. Weil Siggi oft beim Maler ist, nutzt ihn der Vater als Spitzel, um das Verbot zu überwachen.
Natürlich malt Nansen heimlich weiter, so entsteht in seinem Atelier das Gemälde "Lachmöwen im Dienst", mit dem er sich über den Polizisten lustigmacht. Siggi wird sein Komplize, wenn Nansen dem Jungen angeblich Malen beibringt und dabei dessen Hand mit seiner führt.

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