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Alt 11.10.2017, 19:34   #4  
Peter L. Opmann
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Dann will ich mich auch mal einbringen, damit nicht nur ein Filmgenre bedient wird. Gestern abend habe ich mir diesen Film nochmal angesehen:

www.filmstarts.de/kritiken/52.html

Im Original heißt der "The Sea Hawk". Regie führte wie bei mehreren Errol-Flynn-Vehikeln Michael Curtiz (von dem etwa auch "Casablanca" stammt). Neben Flynn spielen Donald Crisp, Claude Rains, Alan Hale, Flora Robson und Brenda Marshall. Der Film war sowas wie ein Blockbuster des Jahres 1940 (wenn man das damals schon so genannt hätte).

Einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist "Robin Hood" (1938) von Curtiz und mit Flynn. Es gibt fünf oder sechs große Produktionen von ihnen, die alle gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. Die erste war "Captain Blood" ("Unter Piratenflagge"), dann kamen etwa noch "Dodge City" ("Herr des Wilden Westens") und "Günstling einer Königin".

Vor Jahren sah ich die rote DVD-Box von "Sea Hawk" einmal auf einem Grabbeltisch in einem Supermarkt, griff aber nicht sofort zu. Mehrere Jahre lang habe ich mich darüber geärgert, dann verkaufte ein Freund von mir günstig seine DVD-Sammlung, weil er nur noch streamte, und da war der Film dabei. Naja, letztlich hätte ich damit leben können, nur "Robin Hood" in meiner Sammlung zu haben. Aber "The Sea Hawk" reicht doch nahe daran heran.

Errol Flynn kämpft hier quasi im Alleingang gegen das spanische Weltreich. Er will als Pirat Thorpe im halboffiziellen Auftrag von Queen Elisabeth I. von England einen großen spanischen Goldtransport aus Mittelamerika überfallen, aber die Spanier bekommen Wind davon, stellen ihm eine Falle und schicken ihn als Rudersklaven auf eine Galeere. Thorpe kann sich schließlich befreien, während Queen Elisabeth sich schon anschickt, vor der spanischen Übermacht zu kapitulieren. In letzter Minute eilt er zu ihr, enttarnt die von Spanien gelenkten Berater, die ihr dazu geraten haben, und schließt seine spanische Geliebte endlich wieder in die Arme.

Der Film punktet mit einem ungewöhnlichen Realismus - Warner Brothers ließen zwei echte Schiffe in einem riesigen Bassin in Hollywood nachbauen. Man konnte also zum Beispiel Matrosen richtig über Bord gehen lassen. Die Story hat einen gewaltigen Überbau: die Spanier stehen symbolisch für die Nazis, und die Engländer gehen beispielhaft von Beschwichtigungspolitik zu mutigem Widerstand über. Dafür wirkt die Aktion mit dem Goldtransport aber recht schwachbrüstig – kann man so die Welteroberungspläne wirklich ins Wanken bringen? Aber es geht ums Prinzip. Es geht halt darum, etwas zu unternehmen, statt immerzu nur auf Diplomatie zu setzen. Auf heutige Verhältnisse ist das aber nicht anwendbar; dann müßte Donald Trump etwa Nordkorea bombardieren.

Mich haben vor allem die Schauspielerleistungen interessiert. Errol Flynn ist ein ähnlich wagemutiger und zugleich augenzwinkernder Swashbuckler wie in „Robin Hood“. Seine Figur kommt aber durch die längere Episode auf der Strafgaleere nicht so gut zur Geltung. Claude Rains ist ähnlich abgefeimt wie in seiner Rolle als Prinz John. Basil Rathbone ist im „Sea Hawk“ nicht dabei, wird aber von Henry Daniell gut vertreten. Das finale Degenduell ist fast eine Kopie des Kampfs in „Robin Hood“. Eine Figur, die es in früheren Flynn-Filmen nicht gab, ist die Königin, gespielt von Flora Robson, damals ein hochgeachteter Theaterstar. Sie ist prägnant, originell und ziemlich vielschichtig – für mich das Highlight im Film. Brenda Marshall als spanische Geliebte ist ein schwieriger Fall. Das damalige Publikum vermißte Olivie de Havilland, die keine Lust mehr hatte, mit Errol Flynn aufzutreten. Marshalls Figur ist ganz ähnlich angelegt wie Maid Marian. Ich finde, sie macht ihre Sache gut, sie leidet aber ebenfalls unter der Galeeren-Episode und kommt im zweiten Teil des Films nicht mehr so häufig vor. Sie hat später in keinem ganz großen Film mehr mitgespielt.

Insgesamt ist das natürlich ein toller Film, den ich den meisten Abenteuerstreifen von heute auf jeden Fall vorziehe. An „Robin Hood“ reicht er nicht ganz heran, aber einen sehr unterhaltsamen Abend bietet er auf jeden Fall. Noch eine Anmerkung: In Deutschland ist „The Sea Hawk“ offenbar gekürzt ins Kino gekommen. Die ausgefallenen Szenen sind im Originalton mit Untertiteln eingefügt.

Geändert von Peter L. Opmann (11.10.2017 um 19:49 Uhr)
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