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Alt 04.02.2007, 14:40   #1  
nc-schmitt
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gold01 Zack 21/1972 - mal ganz persönlich

Zack 21 von 1972 (Nr. 5)
Vom 11. Mai 1972
Preis 1,50, 52 Seiten
Comic-Anteil: 44 Seiten (84,6 %)

Das neue Magazin ZACK ging nun schon in die fünfte Woche mit seiner Medienpräsenz. Der Platz in der Kiosk-Auslage war und ist heiß umkämpft. Ein Haifischbecken, in dem sich nur die Besten behaupten können.
Wie lange man braucht, um sich eine zuverlässige Fan-Gemeinschaft (Käufergruppe) aufzubauen, ist schwerlich bekannt. Man braucht zumindest einen langen Atem und viel Geld. Jedoch erreicht jeder Verleger seine Kundschaft zuerst mit einem wirkungsvollen Titelbild, daß zum Kauf anregt. Denn viel Geld hatten die kleinen Kunden damals nicht. Und um sie zu einem so genannten Impulskauf zu bewegen, bedurfte es damals, wie heute, einem aussagekräftigem Titelbild.
Das Zack-Magazin hatte seinerzeit alle Möglichkeiten aufwendige Titelbilder benutzen zu dürfen. Der Fundus innerhalb des belgischen TINTIN-Magazines war enorm. Jedoch wurde dieser Umstand nicht genutzt, weil jede verwendete Zeichnung auch Lizenzgebühren kostet. Wollte die Redaktion hier sparen? Gerade da, wo es am wichtigsten ist??
Denn die Titelbilder der ERSTEN JAHRE von Zack sind ausschließlich Kollagen mit vergrößerten Zeichnungen, die aus den publizierten Comic-Seiten entnommen wurden. Und diese Verwendung ist kostenfrei!
Auch bei Heft 21 von 1972 findet sich eine Kollage aus vier verschiedenen Bildern. Das Hauptaugenmerk (der so genannte „Eye-catcher“) fällt auf ein Düsenflugzeug. Im unteren Bereich sind 3 Bilder, die einen Indianer-Krieger zeigen, dann eine Science Fiction-Szene und schließlich eine spektakuläre Auto-Unfall-Szene.
Das ganze wirkt altbacken - aber effektiv! Kann es sein, daß hier die Philosophie der BILD-ZEITUNG durchkam?
Angenehm erscheint, daß es keine störenden Schriftzüge auf dem Cover gibt, außer dem Zack-Motto „Jede Woche - Spaß - Spannung - Abenteuer“.
Insgesamt wirkt das Titelbild (exemplarisch für die anderen Zack-Cover der ersten Jahre) übersichtlich und unverwechselbar. (Und nicht so überladen wie die Titelbilder heutiger Publikationen)
Deshalb kann ich noch heute ein x-beliebiges Zack-Titelbild mit Nummer und Jahrgang benennen, ohne die Daten oben links zu sehen.

Was der interessierte Comic-Leser damals nicht wissen konnte, war die Verwandtschaft zum belgischen Magazin TINTIN. Und so spricht im Vorwort das noch namenlose Zack-Männchen über die internationale Bekanntheit von den Zack-Comics.
ZITAT: „Was in ZACK steht, begeistert jede Woche viele Millionen junger Leute in der ganzen Welt, von Kanada bis Skandinavien.
Habt Ihr Lust mit Jungen oder Mädchen in Frankreich, Belgien, Kanada, Italien, Griechenland oder Skandinavien in Kontakt zu kommen?“

Diesen Aufruf kann man wohl als Einführung der zukünftigen Leser-Kontaktseiten ansehen.
Aber wenn man die Hintergründe nicht kennt, fällt einem doch schwer zu glauben, wie das deutsche Zack den internationalen Kontakt vermitteln wollte.

Im dritten Teil der Western-Story „Fort Navajo“ verhindern die Leutnants Graig und Blueberry ein Gemetzel durch die Armee an Indianern. Der Major Bascom zeigt sich als gewissenloser Rassist. Es ist wohl die intensive Darstellung der Charaktere inmitten einer komplexen Situation, die die eigentliche Qualität des Texters Jean-Michel Charlier ausmacht.

Als neue Serie wird Pancho Bomba eingeführt.
ZITAT im Vorwort: „Panchos Leidenschaft ist das Bombenwerfen. Aber dabei explodieren meistens nur die Lachmuskeln. Denn Panchos Verschwörer-Clique ist ein urkomischer Verein.“
Zeitlose Satire auf die Unsinnigkeit des Terrorismus? Siehe Irak!
Geht es darum Gewalt lächerlich zu machen?
Kann man die Lehre daraus ziehen, daß Verschwörer und Diktatoren gleichzustellen sind?
Oder handelt es sich einfach um eine harmlose Veralberung?
Rufen wir uns kurz in Erinnerung, was der Hetzartikel im SPIEGEL Nr. 38/1972 herausgefunden hat.
ZITAT: „Doch wegretuschieren läßt sich kaum das schwarz-weiß angelegte Handlungsschema vieler der - in Fortsetzungen zerstückelten - „Zack“-Abenteuer, in denen Konflikte sich oft in „Mord und Totschlag“ auflösen, wie letzten Monat der Deutsche Gewerkschaftsbund in seiner Jugendzeitschrift „Ran“ beanstandete. Zudem machten die gewerkschaftlichen Kritiker „blanken Rassenhaß“ in „fast allen Geschichten“ der Springerschen „Bild-Zeitung für Kinder“ aus, in der sogar „Sympathie“ für „Tyrannen und Diktatoren“ deutlich werde.
In einer Serie, bemängelte das DGB-Jugendblatt, sei etwa ein Revolutionär namens Pancho Bomba ins Irrenhaus gesperrt worden --- „Zack“-Moral laut „Ran“: „Wer eine unsoziale, unmenschliche Gesellschaft verändern will, ist in einer Gummizelle am besten aufgehoben.“

Der Comic Pancho Bomba lebt ausschließlich von Klischees! Da ist die Rede von der Hauptstadt Matafuego im Lande Papanatas. Die 458.000 Einwohner des Landes werden von drei im Wechsel regierenden Diktatoren beherrscht. Es gibt 228.560 Generale, 150.350 Obristen, 27.897 Hauptleute und 213 Soldaten. Bleiben 50.980 Einwohner, die sich „damit beschäftigen, den Diktator zu stürzen“. In der vorliegenden Geschichte wird Pancho Bomba dreimal als Bombenleger enttarnt und fliegt raus. (Er wird also nicht physisch zerstört, sprich getötet). Zuletzt ist er Verkleidet als Napoleon. Das Klischee sagt, daß jeder, der sich als Napoleon kleidet, dem Größenwahnsinn verfallen ist und dementsprechend in einer geschlossenen Anstalt therapiert werden muß. Also nicht aufgrund seiner Tätigkeit als Verschwörer, sondern wegen seiner Verkleidung im Irrenhaus endet.
Die von „Ran“ geäußerte Kritik scheint eher gegen Springer und sein Massenblatt „Bild“ zu gehen. (Tatsächlich propagiert nur der Zeichner Hermann seine „Auge um Auge“-Philosophie.)
Tatsächlich ist im ersten Zack-Jahrgang anhand der veröffentlichten Comics kaum eine Polarisierung einer wie auch immer gearteten Ideologie auszumachen.

Auch im dritten Teil von Mick Tangy mit der Geschichte „Blauer Pfeil antwortet nicht“ entführt der Texter Jean-Michel Charlier den Leser in eine faszinierende Welt der Technik. Er zeigt eine spannende Spionage-Geschichte, die die Düsenflugzeug-Piloten Mick Tangy und René Dupont zum Spielball verschwörerischer Mächte werden läßt. Dazu die Komik-Einlagen von René, der von einer verführerischen Frau betrunken gemacht wird. Auch hier punktet die feine Ausarbeitung der jeweiligen Charaktere!

Um das Düsenflugzeug MIRAGE IIIC aus der Tangy-Geschichte dreht sich auch die dreiseitige ZACK 2000-Reportage.
Es handelt sich hierbei um den ersten Zack 2000-Bericht, der noch bis Heft 14/1975 in beinaher Regelmäßigkeit abgedruckt wird. Inhaltlich beschäftigen sich die reich bebilderten Reportagen mit meist technischen und abenteuerlichen Beiträgen, die leider nur ganz selten etwas mit den im Zack-Magazin abgedruckten Comic-Geschichten zu tun haben.
Deshalb habe ICH diese Beiträge GEHASST!
Welche Idee nun hinter diesen redaktionellen Teilen steckte, kann ich nicht sagen. Man darf aber auch hier eine Entlehnung des belgischen TINTIN-Magazines sehen. Mit Heft 40 von 1966 wird die Beilage „tintin 2000“ eingeführt und beinhaltet auf 8 bis 12 Seiten, auf einer Art Zeitungspapier gedruckt, redaktionelle Berichte jeglicher Art. Diese Beilage gab es bis Ende 1971 im Tintin-Magazin.

Mit dem fünften Teil wird das Abenteuer um Michel Vaillant mit dem Titel Carrera Panamericana beendet. Das Team Warson/Danver fährt den Sieg und Michel Vaillant entdeckt seine verschollen geglaubte Freundin Judith!
Welche Judith? Michel Vaillant hat eine Freundin? Vor Franqoise?? Nix Kapito. Das muß ich noch einmal nachlesen. Oder kann mir das jemand erklären?
Zumindest erfährt der Leser ein paar Erklärungen durch Judith.
ZITAT: „Ach, Michel, das ist eine schreckliche Geschichte! Ich habe damals den Unfall mit dem LEADER überlebt*... aber meine Brüder (Perez) haben mir geraten, mich für tot erklären zu lassen... Bis kürzlich, als ich Roberto am Steuer ersetzen mußte... mit seinen schweren Verbrennungen an den Händen war er unfähig, ein Steuer in die Hand zu nehmen**... (...)“
* Unfall? Welcher Unfall? In der Geschichte „Ein gnadenloser Test (32-37/1972) entführt der LEADER die enttarnte Doppelagentin Judith. (In Heft 37 auf Seite 18/19.) Mehr nicht! Was passierte also hinter den Kulissen???
** Hah! Wußte ich es doch! Keine Schußverletzung.

Auch das Abenteuer mit Luc Orient wird im vorliegenden Heft mit dem fünften Teil beendet. Es gelingt ihm als Rebell das Waffenarsenal des Tyrannen Sectan mit einer beispiellosen Explosion zu zerstören.

Den Abschluß bildet der redaktionelle Beitrag mit der Vorstellung einer weiteren Sportart zur Olympiade 1972 in München: Boxen.
Im Gegensatz zu Zack 2000 macht dieser Beitrag einigermaßen Sinn, da er sich mit einem Ereignis befasst, der seinerzeit im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand.


http://www.comicguide.de/index.php/c...=long&id=58192

Geändert von nc-schmitt (04.02.2007 um 20:39 Uhr)
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