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Alt 18.05.2009, 18:19   #77  
Erik
Comiczeichner
 
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Ort: Saarbrücken
Beiträge: 244
Hallo Servalan, Bubbles und Lettering werden digital eingefügt. Deckweiß würde gar nicht gehen, da ich nicht mit irreversibler Tusche sondern mit Tinte arbeite (die läuft & trocknet schneller & erspart zeitraubende Reinigungsarbeiten).

Dieses Lettering hat mehrere Vorteile (wird von wahren Puristen aber einstimmig geschmäht). Zum einen kannst du es zulassen, dass die fertige Zeichnung den gedachten Text nachträglich befruchtet. Also noch ein zusätzliches Bubble oder einfach mehr Text als vorgesehen einsetzen. Oder den ganzen Dialog der jetzt ultimativen Kraft des Faktischen anpassen. Das ist dann so ähnlich wie bei der legendären Marvel-Methode von Lee & Kirby etc.

Zum anderen kannst du die Seite dabei ruhiger gestalten, da der Text optisch immer fein säuberlich ins beliebig variable Bubble passt. Hergé hat das auch immer geschafft, natürlich nicht digital, sondern mit akribischster Planung, und diese Ruhe macht viel aus vom Look Tintins. Stell dir einfach mal seine Seiten vor mit dem unruhigen (aber eben lebendigen) Lettering von Giraud/Charlier in Blueberry. Oder mit den oft nur zur Hälfte mit Text gefüllten Sprechblasen Hugo Pratts.

Kurz: Das digitale Lettering verschafft mehr Freiheiten, den Look der Seite & die Hierarchie der Gestaltungselemente bis ins Kleinste zu kontrollieren. Für Anfänger wie mich bedeutet es auch mehr Sicherheit oder auch Qualität, da man falsch geplante Positionen der Bubbles bis zuletzt korrigieren kann.

Der wesentliche Nachteil ist, dass man auch in textintensiven Seiten die Hintergründe komplett durchzeichnen muss, sonst hat man nichts von den erwähnten Freiheiten.

Ob das für die Übersetzung von Vorteil ist, kann ich nicht sagen. Dass französische Texte bis zu 30% länger laufen als deutsche, hab ich in der Werbung oft genug erlebt. Aber da hilft dann eh nur ein deutlich kleinerer Punktgrad der Typo, denn man kann die Sprechblasen ja nicht beliebig vergrößern.

Falls du bisher noch keine französischen Originale gelesen hast: die Typo der Klassiker ist viel kleiner als in den deutschen Versionen. Den Blueberry muss man sich direkt vors Gesicht halten, damit man überhaupt was lesen kann...

Viele Grüße
Erik
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