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Alt 04.01.2017, 09:37   #183  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Nummer 46


Wasserweg durch die Wüste, Der Suezkanal







Weltweit ist der Suezkanal eine der wichtigsten Wasserstraßen. Er bietet eine immense Kosten- und Zeitersparnis auf dem Wasserweg zwischen Europa und Ostafrika, Asien, bzw. Australien. Von Hamburg nach Bombay etwa 24 Tage.
Schon früh in der Menschheitsgeschichte wurde über ein ähnliches Projekt, die Seeverbindung des Mittelmeeres mit dem Roten Meer, nachgedacht. Dabei wurde stets ein Durchstich der Wüste vom Nil direkt zum Roten Meer ins Auge gefasst. Als erster gelungener Kanal gilt der vom Pharao Necho (610-595 v.d.Z.) in Angriff genommene und vom Perserkönig Dareios (521-486 v.d.Z.) vollendete. Bis kurz vor Kleopatras Regierungsantritt war er allerdings verschlammt und erst Kaiser Trajan (98-117) erneuerte ihn. Bis ins Jahr 770 gilt der Kanal als mehr oder weniger durchgehend in Betrieb. Die nächsten Planungen lies erst wieder Napoleon I. aufnehmen. Allerdings unterlief den Geodäten ein schwerwiegender Fehler: sie glaubten das Rote Meer um einen 10 Meter höheren Wasserspiegel gegenüber dem Mittelmeer gemessen zu haben. Erst um 1846 wurde der Irrtum erkannt und festgestellt, dass ein Kanal Schleusenfrei gebaut werden konnte.

Ferdinand de Lesseps (1805-1894) war als Diplomat in Ägypten tätig und beschäftigte sich mit dem Projekt eines Kanals. Von dem mit ihm befreundeten Vizekönig von Ägypten, Muhammad Said (daher >>Port Said<<), erhielt er eine Konzession für den Bau, Unterhalt und der auf 99 Jahre gesicherten Einnahmen. Die Engländer waren darüber nicht so sehr begeistert und versuchten beim Sultan von Konstantinopel, dem nominellen Staatsoberhaupt von Ägypten, dieses Vorhaben zu hintertreiben. Schließlich begann man im April 1859 mit dem Bau der 167 Kilometer langen Wasserstraße.








Beim damaligen Stand der Technik war das schon ein heftiges und auch lebensgefährliches Unternehmen. Von tausenden von Arbeitern wurde der Wüstensand per Hand ausgehoben. Extra dafür errichtete Feldbahnen transportierten ihn ab. Erst viel später kamen Förderbagger zum Zuge und als ein Teil des Kanals fertig und geflutet wurde, konnte vieles auf dem Seeweg transportiert werden. Bevor es soweit war, musste das gesamte Material, vom Bauholz zu den Maschinen, der Kohle, Werkzeuge usw. aus Europa herangebracht werden. Das alles wurde auf einen extra dafür gebauten Landungssteg entladen. Wasser kam zuerst vom Nil mit einer endlosen Kette von Kamelen, zirka 1800 wurden dafür benötigt. Später baute man einen Süßwasserkanal. Großbritannien versuchte vergeblich während der gesamten Bauphase das Projekt auf diplomatischem Wege zu stoppen.

Am 17. November 1869 fand die im Beisein von Fürsten, Politikern und sonstigen Reichen und Mächtigen die feierliche, 3 Tage dauernden Eröffnungsfeierlichkeiten statt. Wie vielfach kolportiert, soll Verdis Aida dabei uraufgeführt worden sein: das dürfte aber so nicht stimmen, denn diese Oper wurde wohl erstmalig 1871 in Kairo gespielt. Weil anfangs die Kosten des Kanals bei weitem nicht rentabel waren, übernahmen 1875 die Engländer die Aktienmehrheit an der Kanalgesellschaft. Als die Ägypter sich gegen den Einfluss der Briten wehrten, besetzten die Engländer kurzerhand das ganze Land und blieben bis 1956, als Nasser den Kanal verstaatlichte. Die Engländer, mit Unterstützung der Franzosen und Israelis marschierten ins Land ein, wurden aber durch die Interventionen der USA, der UdSSR und der UNO zum Abzug bewegt. Wegen des >>Sechstagekrieges<< blieb der Kanal dann von 1967 bis 1975 komplett geschlossen. 2014/15 wurde der Kanal vollständig modernisiert, erweitert und für Schiffe in beiden Richtungen gleichzeitig befahrbar gemacht. Vorher gab es täglich eine Abfahrzeit von jeweils beiden Enden in Suez und Port Said.

Von den Problemen vor Baubeginn durch die Initiative Lesseps, den Schwierigkeiten während der Schinderei vor Ort und der feierlichen Eröffnung zeigt es uns das vorliegende Heft recht anschaulich. Bood tuschte wieder mit einem reichlich dicken Pinsel, Details verschwinden so gelegentlich. Im Großen und Ganzen sind die Bilder aber sehr ordentlich. Ein Artikel über zwei wichtige Seekanäle, so der Panama-Kanal, an dem sich Lesseps übernahm, und dem „nicht weniger wichtigen Nord-Ostsee-Kanal“ leitet das Heft ein. Eine Landkarte des Kanals und eine Schiffsreise in den 1950ger Jahren durch ihn hindurch ist der Anfang der Comicabteilung. Den Abschluss bildet eine ganzseitige Zeichnung auf der 3. Umschlagseite vom Denkmal Lesseps auf der Hafenmole von Port Said. Die 2. Umschlagseite zeigt Werbung für das folgende Heft über den Goldrausch in Kalifornien. Die letzte Seite ist der Nachbestellliste reserviert, die mit dem Heft 8 beginnt. Das Titelbild zeigt uns den Kanal, 2 Schiffe darauf im Gegenverkehr (siehe dazu weiter oben), Wüste, ein Wüstenschiff, 2 Ägypter und 2 Pyramiden, so das auch jeder die Komposition geografisch richtig einordnen kann. Ich war zwar noch nie am Kanal, aber Pyramiden dürfte es da nicht geben.

Nur am Rande: auf Deutsch sollte es gemäß der Transkription vom arabischen eigentlich Sues heißen. Die Schreibweise Suez ist anglo/französisch.
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