Thema: Pecos Bill
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 03.05.2012, 23:28   #35  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
Benutzerbild von Detlef Lorenz
 
Ort: Ahrensburg
Beiträge: 3.490
Diese Woche geht es Schlag auf Schlag, denn das Wochenende ist ein CGN-freier Tag - zumindest daheim vor dem Computer

Die italienischen Autoren der Serie, wie Guido Martina und Pietro Gamba schufen getreu dem Mythos Pecos Bill einen Comic, der stets Bezug darauf nahm. In der Eröffnungssequenz von Heft Nr. 1 sehen wir den „großen“ Davy Crockett, jedenfalls nach eigener Selbsteinschätzung, inmitten von Cowboys am abendlichen Lagerfeuer und ihnen die Story von Pecos Bill erzählen.




Sie beginnt 1849 mit dem ersten Goldfund an Sutters Mill (10) in Kalifornien. Mit ihren Prärieschonern zogen ganze Völkerscharen in riesigen Trecks zu den Ufern des Sacramento Rivers, unter ihnen auch Mary Morgan und ihr Vater. Nach der Überquerung des Roten Flusses, des Red River, der die östliche Grenze von Texas bildet, sind sie in diesem Staat angekommen. Hier hört Klein-Mary das erste Mal von Pecos Bill.




Warum sie im Text Klein Mary genannt wird, erschließt sich mir nicht ganz, sie ist doch eine erwachsene, attraktive junge Frau. Jedenfalls sehe ich sie auf allen Darstellungen wie z. B. in den Bildern des Heftes Nr. 1 und auch auf dem Titelbild der Nr. 2. Sie ist zwar sehr schlank und gegenüber den kräftigen Cowboys wirkt sie manchmal zierlich, allerdings auch selbstbewusst, wie hier zu erkennen ist, aber „Klein“ … ?

Wer das denn sei, fragt sie und Korkzieher, ein Begleiter des Trecks, erklärt ihr die Bedeutung Pecos Bills für Texas: „Sieh den Himmel an - die hellsten Sterne der Welt, aber der allerschönste fehlt. Den fing Pecos Bill mit dem Lasso für die Flagge von Texas. Seitdem nennen sie Texas das `Land des einsamen Sterns`“(11).

Korkzieher erzählt ihr auch von der Kindheit des Pecos Bill, wie er vom Planwagen fiel und mit den Coyoten lebte, sowie die Geschichte der Meg Leichtfuß (12), die auf dem Mond sitzt und sich nach ihrem Helden verzehrt. Daraufhin wird Klein Mary erst recht neugierig auf diesen „Helden“, denn wenn eine Frau sich über eine Entfernung von 380 000 Kilometer jahrelang nach ihrem Geliebten sehnt, muss an diesem Kerl schon etwas dran sein. „Die Wölfe vom Roten Fluss“, so auch der Titel des ersten Bandes, bedrängen aber die Wagenkolonne und ermorden sogar Marys Vater. Durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen hält sie eine kurze Zeit lang Pecos Bill für den Mörder, aber das Missverständnis wird bald geklärt.

Als die Bande den Treck angreift, holt Pecos Bill seine Brüder, die Coyoten der Prairie zu Hilfe und gemeinsam mit den Indianern vom Stamm der Navajos besiegen sie die Banditen. Mary ist mehr als beeindruckt (zumal er ihr kurz vorher mit dem Lasso eine Blume vom Baum gepflückt hat) und nun verzehrt auch sie sich nach dem größten aller Cowboys.

Schon im ersten Heft „Die Wölfe vom Roten Fluß“, das dicht gefüllt ist mit Informationen zum Verständnis des Mythos, werden fast alle für die Serie relevanten Personen vorgestellt. Auch der mehrmals erwähnte Indianer Weiße Feder tritt erstmals auf. Der Stamm der Navajos fühlt sich von Manitu im Stich gelassen und zur Versöhnung soll der größte Feigling geopfert werden, es ist die Weiße Feder. Was für eine Fehleinschätzung: er erweist sich bis zum letzten Heft der dritten Serie als einer der treuesten und mutigsten Begleiter Pecos Bills, inklusive des Opfertodes für seinen weißen Freund. Mit Hilfe seines Lassos befreit der Texaner auf für die Indianer geheimnisvolle Weise die Weiße Feder vom Marterpfahl. Als er dann seinem indianischen Freund noch einen Mustang einfängt und zureitet, erfährt er dessen rückhaltlose Bewunderung.




Der Band 1 endet mit je einem halben Bild von Pecos Bill und Weiße Feder einem halben Bild, das den erzählenden Davy Crockett inmitten der Schar atemlos zuhörender Cowboys zeigt. Im Gegensatz zu anderen deutschen Verlagen, die ausländische Comics in den deutschen Sprachraum importiert haben, übernehmen die Übersetzer von Mondial den ganzen Text – und die Italiener sparen daran nicht, wie hier zu sehen ist. Das Gleiche gilt auch für die anderen Serien, wie „Der Kleine Sheriff“ und „Buffalo Bill“.

Das zweite Heft beginnt und endet sogar mit jeweils eindrucksvollen, ganzseitigen Bildern, siehe weiter oben. Davy schwadroniert weiter über die Erlebnisse des Helden von Texas, dessen Freundschaft er sich rühmt. Immer wieder erzählt er dabei von der Liebe „Klein“ Marys zu ihrem Helden, der aber bei jeder Gelegenheit den Vollmond anstarrt und von seiner Meg Leichtfuß (Sluefoot Sue) träumt; so sehr scheint er dann aber doch nicht der Realität entrückt zu sein, denn am Ende der dritten Serie hat er mit Mary Morgan einen Sohn, aber davon später mehr. In diesem zweiten Heft werden nun, mit den oben geschilderten Einschränkungen, Pecos Bill und Mary ein Paar. Ständig träumen sie, vor allem Sie, von einem Heim in Texas, von einer Farm, auf der sie eine Familie gründen und die Erfahrungen und Innovationen (siehe „Der Mythos“) des Texaners für die Rinderzucht umsetzen können.

Aber dazu sollte es nie kommen: wie es das Schicksal vieler Helden ist, müssen sie stets Menschen in Not helfen, die Bösen bestrafen, gelegentlich auch bekehren. Auf diesen Missionen verlassen sie sogar ihr geliebtes Texas. In mehreren Szenen sieht man daraufhin das verliebte Paar sehnsüchtig über die Landschaft blicken und mit den Worten „wir wollen uns niederlassen, tief im Herzen von Texas“ von ihrer Rückkehr träumen.(13)

Der Autor schafft mit diesen stillen, ja anrührenden Szenen in einer an Action nicht gerade armen Serie, Momente der Besinnung. Der Betrachter dieser Augenblicke, in denen das Paar eng umschlungen in die Ferne blickt, wünscht ihnen gerührt eine baldige Heimkehr, aber es kam anders: erst musste Pecos Bill einen Doppelgänger stellen und entlarven, der drohte Texas in Flammen (Bd.11) zu setzen und zudem seinen Leumund zu zerstören.




Auf dem Titelbild der Nr. 12 sehen wir Mary Morgan in der Gewalt eines Banditen, eines Doppelgängers von Pecos Bill, der diesen diskreditieren will. Wieder einmal anschaulich ist die relative Waffenlosigkeit des „Helden von Texas“ zu sehen, ebenfalls die zweifelhafte, die verniedlichende Bezeichnung „Klein Mary“

Bei einem Sklavenaufstand wird Mary so schwer verwundet, dass sie ihr Held zu den Heilquellen von Hot Springs nach Arkansas bringen muss. In der Gegenwart ist diese kleine Stadt ein Kurort und die überschüssigen heißen Wasser dampfen am Rande der Hauptstraße aus den Kanälen.

Danach hatte er es mit der Schneekönigin zu tun, einer weißen Frau, die von einem kleinen Indianervolk als Herrscherin eingesetzt wurde. Ihr Vater Rodriguez hatte dies eingefädelt, um die Schätze in den Grabstätten der Osagen stehlen zu können. Dazu müssen unsere wackeren Helden in eine schneebedeckte Berglandschaft aufbrechen und ...



… die Mondial-Serie kann noch einmal mit winterlichen Bildern einer anheimelnden weißen Bergwelt aufwarten, hier im Heft 27.
Pecos Bill entlarvt die Schneekönigin nicht nur, sondern führt sie auch auf den Pfad der Tugend zurück.




Die obenstehenden Bilder zeigen den glücklichen Ausgang des Abenteuers. Vereint sind die Freunde und Geliebten: Mary Morgan und Pecos Bill schließen sich in die Arme, Weiße Feder hat seine Altamaha wieder, nur David Crockett grummelt, weil er sich am Marterpfahl vergessen fühlt.
Ein paar Seiten des Heftes 32 weiter erblicken sie endlich die texanische Prärie, der Duft der blühenden Pflanzen berauscht die Sinne und die Coyoten heulen in der Ferne ein Willkommen … auch der Mond geht auf, aber von Meg Leichtfuß ist einmal nicht die Rede!

Kaum in Texas glücklich angekommen, müssen sich unsere Freunde mit chinesischen Sklavenhändlern auseinandersetzen, die ihre eigenen Landsleute als billige Arbeitskräfte missbrauchen. Zudem haben sich diese mit den Pawnee Indianern verbündet, aber auch hier gelingt es, diesem Treiben ein Ende zu setzen.




Mister Ho, der Anführer der verbrecherischen Bande, scheut nicht davor zurück, Mary Morgan als Druckmittel gegen Pecos Bill einzusetzen und dieser geht auch darauf ein – vorerst.



In einem spektakulären ganzseitigen Bild aus dem Heft 40 erscheint der Held von Texas regelrecht aus der Unterwelt, nachdem er sich den Weg aus einem Berkwerkstollen freigesprengt hat.

Aber auch dann gibt es für die Verliebten keine Zeit der Ruhe, keine Möglichkeit sich ein friedliches Leben aufzubauen, denn das Böse lauert überall und erfordert die ganze Kraft des Pecos Bill und seiner Freunde es zu bekämpfen.

(10) Nachzulesen z. B. in Abenteuer der Weltgeschichte Nr. 47, Goldrausch in Kalifornien.
(11) Korkzieher, bzw. der Autor Guido Martina spielt hier auf den Wahlspruch der Texaner an, die ihr Land auch „The Lone Star State“ nennen.
(12) Nachzulesen im Teil über den „Mythos Pecos Bill“.
(13) Siehe dazu weiter oben.

Fortsetzung folgt …
Detlef Lorenz ist offline   Mit Zitat antworten