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Alt 12.08.2017, 10:58   #3771  
Peter L. Opmann
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Das also war mein Wiedereinstieg bei den „Fantastischen Vier“. Daneben habe ich mir auch „Spinne“ # 71 und „Rächer“ # 49 gekauft. Was mich genau bewogen hat, diese Serien von da an durchgehend zu lesen, weiß ich nicht mehr. Auch nicht, wie ich dazu kam, diese drei Hefte nach doch längerer Abstinenz anzuschaffen. Aber betrachten wir speziell diese FV-Ausgabe, dann ist das für mich heute, 40 Jahre später, noch einigermaßen nachvollziehbar.

Wenn ich vom Cover ausgehe, ist die Grafik klarer und eindrucksvoller als bei den 40er und 50er Nummern. Die Molekülmodelle, durch die Jack Kirby hier den Silberstürmer gleiten läßt, sehen beeindruckend aus – ich kannte sie inzwischen aus der Schule. Von Galactus, dem Planetenfresser, hatte ich sicher schon gehört. Die FV-Ausgaben, in denen er erstmals auftrat, hatte ich vermutlich mal in der Hand gehabt. Ich hätte die Williams-Marvels gleich, nachdem ich sie kurz nach dem Start entdeckt hatte, gern alle besessen, hatte aber schlicht nicht genug Taschengeld. Was ich wohl nicht verstanden habe: Die Fantastischen Vier waren hier zu fünft; von Crystal mit ihrem seltsamen Haarband wußte ich noch nichts. Der Preis des Hefts war noch der gleiche wie zwei oder drei Jahre zuvor – was natürlich erfreulich war.

Ich erfuhr damals hier, in der Check-Liste auf Seite 2, daß es etliche Serien wie „Hulk“ oder „Dracula“ nicht mehr gab. Keine Ahnung, ob mich das traurig machte, aber es kann gut ein Anstoß gewesen sein, jetzt möglichst keine Marvels mehr zu verpassen. Auch diese FV-Episode ist um zwei auf 18 Seiten gekürzt. Die Kürzung fällt im Gegensatz zur vorherigen Ausgabe nicht auf. Eine Zusammenfassung der vorhergehenden Ereignisse auf der Splashpage gibt es ausgerechnet hier nicht. Aber der Leser ist sofort orientiert: Die FV (aus Gründen, die später klar werden, ist Sue nicht dabei) bereiten sich auf eine Begegnung mit Galactus vor. Sofort übertragen sich Unruhe und Nervosität auf den Leser. Kurz darauf erfahren wir, daß Galactus den Silberstürmer sucht – es scheint, als wolle er ihn für etwas bestrafen. Tatsächlich braucht er ihn, um neue Planeten ausfindig zu machen, die er sich einverleiben kann, aber egal.

Galactus versucht, Reed, Johnny und Ding zu zwingen, den Aufenthaltsort des Silberstürmers zu verraten. Sie kennen sein Versteck nicht, es ist für sie aber auch Ehrensache, bei Galactus nicht zu petzen. Er schickt ihnen schließlich drei Gestalten mit identischen Kräften, die sie bekämpfen sollen. Mir war damals nicht klar, daß das ein von Stan Lee schon oft benutztes Klischee ist (siehe etwa Superskrull). Heute denke ich zudem: Was nützt es Galactus, die FV verprügeln zu lassen (abgesehen davon, daß dies für die nötige Action sorgt)? Die FV tauschen am Ende ihre Gegner untereinander aus und besiegen sie so. Aber Galactus läßt nicht locker und droht nun, einen Meteor auf New York plumpsen zu lassen. An dieser Stelle blendet Lee geschickt Sue Richards ein, die offenbar kurz vor der Entbindung steht und sich sorgt, warum auf den Straßen solche Unruhe herrscht. Crystal, ihre Pflegerin, sieht den Meteor am Himmel, schwindelt Sue aber vor, es handele sich um eine Demo.

Reed nimmt derweil mental mit Galactus Kontakt auf, um zu verhandeln. Er verspricht ihm, den Silberstürmer für ihn zu finden. Gerade noch rechtzeitig fällt Johnny ein, daß der Silberstürmer neben einem Mikroskop stand, als er verschwand (etwas, das wir deutschen Leser nicht mitbekommen haben). Reed schließt messerscharf, daß er ins Unendliche geschrumpft sein muß. Die FV werden ihm nun dorthin – wo auch immer das sein mag – mit einem „Reduktomobil“ folgen. Was es mit den „Welten in Welten“ auf sich hat, läßt Lee wohl bewußt im Ungefähren. Ich kann mir aber schon vorstellen, daß mich das als Teenie auf die Fortsetzung heiß gemacht hat.

Gepackt hat mich – dies nebenbei – sicher auch die „Dämon“-Story, die in diesem Heft beginnt. Er kämpft hier gegen den Stelzenmann; interessant ist aber, daß wir hier den ersten Auftritt von „Mike Murdock“ erleben, einem von Matt erfundenen und selbst gespielten Zwillingsbruder, den er braucht, weil seine Kollegen Karen und Foggy schon kurz vor der Aufdeckung seiner zweiten Identität stehen. Es wird gleich zu Beginn deutlich, daß sich Matt Murdock auf diese Weise in Widersprüche verstrickt und es immer schwieriger wird, geheim zu halten, daß in Wirklichkeit er selbst der Dämon ist. Mir hat gleich ab FV # 71 die Zweitstory mindestens genauso gefallen wie die Titelgeschichte.

Ungewöhnliches, faszinierendes Cover, das freilich ein bißchen vorgreift. In FV # 56, dem letzten Heft, das ich davor gelesen hatte, könnte die Grafik noch eine Idee eindrucksvoller gewesen sein. Aber Jack Kirby und Joe Sinnott liefern auf jeden Fall vorzügliche Arbeit ab. Einen ungewöhnlichen Sachartikel gibt es in diesem Heft auch noch: Die Redaktion erklärt den Phasenvertrieb, der immerhin die ganze Williams-Ära hindurch immer wieder Probleme bereitet hat und unter anderem verhinderte, daß für Sonderbände Werbung gemacht werden konnte – die Ausgaben trafen alle erst Monate, nachdem der Verkauf im Norden begonnen hatte, in Süddeutschland ein. Und es waren eingesammelte Hefte, die weiter nördlich Ladenhüter geblieben waren. Zumindest wohnte ich damals nicht in Garmisch-Partenkirchen, sondern eher in der Mitte Deutschlands, aber ich möchte lieber nicht wissen, wie oft die Hefte, die ich kaufte, vorher schon ins Regal gelegt und wieder herausgeklaubt worden waren.

Geändert von Peter L. Opmann (12.08.2017 um 17:16 Uhr)
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