Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 29.03.2018, 19:29   #83  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
Benutzerbild von Servalan
 
Ort: Südskandinavien
Beiträge: 10.313
Blog-Einträge: 3
The Picture of Dorian Gray | Das Bildnis des Dorian Gray | Il dio chiamato Dorian (Bundesrepublik Deutschland / Italien 1970), Drehbuch: Massimo Dallamano, Marcello Coscia und Günter Ebert nach dem gleichnamigen Roman (1890) von Oscar Wilde, Regie: Massimo Dallamano, 93 min, FSK: 16

Durch den ewig jung bleibenden Dorian Gray hat Oscar Wilde in seinem einzigen Roman eine Figur geschaffen, die inzwischen zur Populärkultur gehört. Die Kunstszene bildet den Fokus einer sarkastischen Abrechnung mit der elegant gelangweilten Oberschicht des spätviktorianischen Empire. Hier glaubt niemand an den Teufel und seine infamen Verführungskünste, umso verhängnisvoller sind dann die Konsequenzen.
Letzten Endes beruht Wildes Roman auf einer phantastischen Grundlage, und der Quell ewiger Jugend hält sich als Mythos hartnäckig. Wilde legte großen Wert auf Ästhetik, die er in etlichen, teilweise szenisch dramatisierten Essays ausformulierte.
Zuerst erschien der Roman in Lippincott’s Monthly Magazine, die heute zugängliche Fassung wurde für den Londoner Verlag Ward, Lock and Co. überarbeitet und erweitert.

1910 wurde der Stoff erstmals von Axel Strøm in Dänemark verfilmt. Bis heute gibt es 17 mehr oder minder getreue Verfilmungen, die sich manchmal extreme Freiheiten herausnehmen, wie zum Beispiel Ulrike Ottingers Dorian Gray im Spiegel der Boulevardpresse (Bundesrepublik Deutschland 1984, 150 min) mit Veruschka von Lehndorff in der Titelrolle.
Ob als Musical, Oper, Ballett oder Schauspiel auf dem Theater, ob als Hörspiel oder als Comic, jedes Medium kann mehrere Adaptionen vorweisen. Deshalb liegt mein Schwerpunkt auf der Wahl der besten Verfilmung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Massimo Dallamano als Kameramann, wo er unter anderem als Jack Delmas für Sergio Leone die ersten beiden Teile der Dollar-Trilogie drehte. Vielleicht lag es an seiner Herkunft, denn die bundesdeutsche Kritik gab sich ausgesprochen kühl und abweisend. Produziert wurde Das Bildnis des Dorian Gray vom B-Film-Produzenten Samuel Z. Arkoff, der Horrorfilmfans ein Begriff sein dürfte.

Dallamanos Fassung verlegt die Geschichte um das Bild, das anstelle des Porträtierten altert, in die Gegenwart seiner Zeit. Dadurch bildet das Swinging London der 1960er Jahre den Hintergrund. Die italienische Tradition des Giallo trifft hier auf ein Echo der jungen Schwulenbewegung.
Der von Helmut Berger verkörperte Gray trifft seine Liebhaber unter anderem in der Sauna. Im Gegensatz zum klassischen Teufelspakt sind hier drei Akteure beteiligt: Dem Kunstmaler Basil Hallward sitzt sein Freund Dorian Gray Modell, während ihm der Kunsthändler Henry Wotton ein Angebot unterbreitet, das zu schön wäre, um wahr zu sein. Halb belustigt läßt sich Gray auf den Deal ein, während das Bild die nächsten Jahre auf dem Dachboden landet und dort fast vergessen wird.

Geändert von Servalan (23.03.2024 um 11:41 Uhr)
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten