Thema: Mark Twain
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Alt 18.11.2014, 13:50   #61  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Tom Sawyer und kein Ende:

"Tom Sawyers abenteuerliche Ballonfahrt, erzählt von Huck Finn"

Ein weiterer (Comic-) Tom Sawyer ist mir zusätzlich in den Sinn gekommen. Der Roman ist weiter oben schon einmal erwähnt worden, hier >>unten<< habe ich ihn aber als Comicfassung beinahe übersehen. Dabei gibt es einiges über die Bastei-Ausgabe innerhalb der „Berühmte Geschichten“ – Serie zu berichten (Nummer 25, ca. 1971). Aber der Reihe nach:

Zum Zwecke der Unterschiede der Romanfassung und des Comics zeige ich das Titelbild der – deutschen - Buchausgabe hier noch einmal …




und als Vergleich dazu das Bastei Heft:





Interessanter Weise zeigen die beiden Titelbilder >>zufällig<< die Selbe Szene: die 3 unfreiwilligen Ballonfahrer über den Pyramiden. Das Gefährt des Bastei-Heftes zeigt einen normalen mit Gas gefüllten Ballon, der den Launen des Windes ausgesetzt ist. Wie sie damit ihren Standort nach ihren Wünschen dirigieren konnten, ist und bleibt unklar. Gezeigt und erwähnt wird jeweils der Einstieg in die Gondel, die Aeronautiker sprechen über ihr nächstes Ziel, z. B. Kairo und schwupps flog der Ballon dorthin. Zum Schluss auch noch in die Gegenrichtung über den Atlantik zurück nach Amerika!?





Im Gegensatz dazu hier die Abbildung aus einer Buchillustration, die ein völlig anders konstruiertes Gefährt zeigt. Es gleicht eher einem fliegenden Schiff, mit Kabinen, zusätzlichen Segeln und einem dampfgetriebenen Propeller als Anrieb. So hat es Twain beschrieben, als er den Roman 1892 in Bad Nauheim schrieb, wo er sich mit seiner Familie auf einer Deutschlandreise grade aufhielt. Mit diesem Gefährt wären beliebige Richtungsänderungen durchaus vorstellbar, wenn auch die Schiffskonstruktion viel zu schwer und Windanfällig sein dürfte.




Im Comic fiel der Professor, der den Ballon konstruierte, ins Meer (wie im Buch). Er wird von einem zufällig vorbeidampfenden Schiff gerettet, der Romantext lässt ihn auf nimmer Wiedersehen in den stürmischen Wellen verschwinden. Zum Schluss des Comics gibt es ein großes Wiedersehensfest, Tante Polly hat einen Apfelkuchen gebacken und die Dorfbewohner glauben den Jungs ihre Geschichte. Twain hat das pessimistischer geschrieben, Jim: „Master Tom, sie (Tante Polly) ist auf der Veranda und hält oben im Himmel Ausschau nach dir, und sie geht da nich mehr weg, bis sie dich zu fassen kriegt. Das gibt noch Ärger, Master Tom, und das is mal klar.“ Noch drastischer steht es in der Buch-Ausgabe von 1921: „Massa Tom, Tante Polly stehen vor die Haustür un haben ihr Aug oben an die Himmel, un sie sag´, sie rühren sich nix vom Fleck, bis Massa Tom wieder da sein. Das geben eine nasse Jahr, Massa Tom, warrhaftig!“

Die Comicfassung an sich ist weichgespült. Wahrscheinlich glaubte man in der Redaktion, den jugendlichen Lesern einen verharmlosenden Inhalt mit einem echten Happy end vorsetzen zu müssen, ihr Gemüt könnte ja sonst Schaden nehmen – das des Lesers, nehme ich mal an. Ansonsten ist die Bastei-Ausgabe ordentlich gezeichnet, etwas zu glatt, aber annehmbar.
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