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Alt 04.08.2017, 14:22   #37  
Servalan
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Donna Leon – Die dunkle Stunde der Serenissima [Folge 13] (Deutschland, Degeto Film für Das Erste 2008), Drehbuch: Holger Joos nach dem Roman Die dunkle Stunde der Serenissima. Commissario Brunettis elfter Fall (Diogenes 2003) | Willful Behavior. Commissario Guido Brunetti Mystery #11 (Heinemann und Arrow Books 2002) von Donna Leon, Regie: Sigi Rothemund, 90 min

Kunst und Kultur sind im Haushalt der Familioe Brunetti fest verankert. Commissario Guido Brunetti stammt aus einer aleingesessenen, wohlhabenden Familie mit Verbindungen in höchste Kreise, und Signora Paola Brunetti lehrt an der Universität von Venedig Anglistik - mit einer Vorliebe für Henry James. Gewisse Parallelen zu Donna Leons Lebenslauf und ihren eigenen Interessen fallen schon ins Auge. Familie Brunetti wohnt im historischen Zentrum in der Lagune. Die spektakuläre Premiere der Krimiserie mit einer Leiche im berühmten Opernhaus Gran Teatro La Fenice di Venezia spricht Bände.

Corpus delicti und McGuffin der dunklen Stunde stammen aus der faschistischen Vergangenheit: mal wieder geht es um Beutekunst, die diesmal ein venezianischer Kunsthändler fliehenden jüdischen Besitzern für einen geringen Preis abgekauft hat. Die 83jährige Witwe des Offiziers von Mussolini, Signora Jacobs, möchte gern die Ehre ihres Gatten wiederherstellen, aber dazu fehlt eine Aufstellung, die die Rechtmäßigkeit der Käufe belegt.
Die verborgene Sammlung der Signora Jacobs verbleibt allerdings im Ungefähren und wird eher in einer Halbtotale inszeniert. Darüber hinaus wird das einzige kursierende Gemälde nur aus schrägen Winkeln oder in Decken eingewickelt gezeigt, wodurch sich der Eindruck verstärkt.

Schon in ihrem fünften Band "Acqua alta" stand ein hartnäckiger Kunstsammler im Mittelpunkt, der allerdings Keramiken sammelte. Besonders der Feng-Shui-Subplot wirkt klamottig und wäre wohl männlichen Krimiautoren als frauenfeindlich angekreidet worden, so daß es eher eine der schwächeren Folgen ist.
  • Mussolinis Faschisten verfolgten zwar keine sogenannte "entartete Kunst", vielmehr besaßen sie über den Futurismus eine Verbindung zur künstlerischen Moderne. Die Faschisten arbeiteten jedoch der nationalsozialistischen Judenverfolgung zu (siehe zum Beispiel auch Das Leben ist schön | La vita è bella, 1997, von Roberto Benigni), insofern ist Donna Leons Plot plausibel.
  • Zur Inspiration dürfte eher ein Kunstskandal beigetragen haben, in dem es um antike Kunstwerke ging, die sogenannte Medici-Verschwörung. Seit 1986 der Kurator Jiří Frel seinen Hut nehmen mußte, weil sich fehlende Nachweise von Kunstwerken beim J. Paul Getty Museum häuften, bemühte sich das Museum in Los Angeles um eine Klärung der fragwürdigen Provenienzen.
    1991 brachte der Fall des diebischen Southeby-Angestellten James Hodges die Sache wieder aufs Tapet. Hodges' Aufzeichnungen gelangten in die Hände des investigativen Journalisten Peter Watson, der weitere Unregelmäßigkeiten unter anderem mithilfe de italienischen Polizei aufdeckte.
    Als der Zollbeamte Pasquale Camera 1995 bei einem Autounfall starb, flog der Schmugglerring auf. Denn im Autowrack wurden belastende Dokumente gefunden. Die antiken Kunstwerke erhielten in Genf gefälschte Echtheitszertifikate. Der Kopf des Kunstschmuggelrings, Giacomo Medici, wurde 1997 verhaftet und 2004 in Rom zu zehn Jahren Haft und einer Geldstrafe von zehn Millionen Euro verurteilt.

Geändert von Servalan (22.03.2024 um 12:45 Uhr)
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