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Alt 06.12.2017, 23:06   #82  
Peter L. Opmann
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Heute habe ich mir diesen Film auf DVD gekauft:

www.filmstarts.de/kritiken/7127.html

Ich habe ihn mir auch gleich angesehen; ich kann mich nicht erinnern, ihn mal im Fernsehen gesehen zu haben, obwohl er da sicher oft gelaufen ist. Er läßt sich auch gut ansehen, er funktioniert sowohl als Abenteuerfilm als auch als Parodie und Reflexion über bedeutungslos gewordene Heldenmuster. Trotzdem war ich nicht ganz zufrieden.

Es ist eine amerikanisch-britisch-spanische Co-Produktion; daß viele Köche den Brei verderben, trifft hier aber nicht zu. Der Film ist sehr aufwendig gemacht, und Regisseur Richard Lester hat das Unternehmen sowohl gut zusammengehalten als auch mit vielen kleinen witzigen bis absurden Szenen garniert. Die obligatorischen Fecht- und Raufeinlagen wirken überzeugend, entwickeln sich aber auch gern hin zum Slapstick, wenn Kämpfer etwa einander mit nasser Wäsche verdreschen durch Wände brechen oder in Bottiche stürzen. Es ist ja auch die große Zeit von Bud Spencer und Terence Hill, so gut choreografiert sind die Kampfszenen bei Lester dann allerdings nicht.

Was für mich aber den kritischen Punkt bei diesem Film ausmacht, sind aber die Darsteller. Sie werden irgendwie nicht richtig lebendig, und damit kann man auch nicht mit ihnen mitfiebern oder sich richtig vor ihnen fürchten. Dabei muß man bedenken, daß Lester ein Starensemble zur Verfügung hatte, und das waren nicht nur große Namen, sondern diese Stars konnten auch was. Die faktische Hauptrolle als D’Artagnan spielt Michael York; da konnte sich der Drehbuchautor wohl nicht entscheiden, ob er ihn als Tollpatsch von Lande oder reifenden Helden anlegen sollte. Raquel Welch ist seine Geliebte Constanze, und sie ist gewiß angenehm anzusehen, muß sie aber teilweise so spielen, daß man es heute als frauenfeindlich empfindet.

Die drei Musketiere sind Oliver Reed, Richard Chamberlain und Frank Finlay – alle ziemlich an den Rand des Geschehens gedrängt. Aber sie kommen noch ganz gut zur Geltung im Vergleich zu den Bösewichten: Charlton Heston als Kardinal Richelieu – viel zu milde, ihm nimmt man den Ränkeschmied nicht ab. Seinen Handlanger Rocheford spielt Christopher Lee, aber der ist nur ein Schatten von Lees berühmten Gruselgestalten bei Hammer. Faye Dunaway ist die intrigante Lady de Winter. Wie sie Blicke wirft, würde ich ihr keine Sekunde über den Weg trauen, aber letztlich bleiben ihre Winkelzüge völlig wirkungslos. Jean-Pierre Cassel und Geraldine Chaplin als französisches Königspaar können die Delikatesse ihrer Beziehung, die immerhin eine Staatskrise heraufzubeschwören droht, überhaupt nicht deutlich machen.

Es liegt wohl nicht an den schauspielerischen Leistungen – alle bringen sich in ihre Rollen ein und deuten zumindest an, daß sie aus ihnen viel mehr machen könnten. Auch das Drehbuch ist meiner Meinung nach nur zum Teil schuld. Es liegt wohl an Lesters Inszenierungsstil. Er kann es nicht lassen, seine Figuren immer wieder zu entmystifizieren und lächerlich zu machen. Damit werden sie entwertet, und sie können die Geschichte nicht mehr tragen. Der Film ist aber auch keine reine Parodie, der man anmerken könnte, daß sie aus Liebe zum Original entstanden ist. Ein richtiger Abenteuerfilm kommt eben ohne Identifikation mit den Helden nicht aus. Taugen sie dazu nicht, dann läßt mich der Film am Ende kalt.

Wo die Mischung aus Abenteuer, Komik, Melodram und sogar Tragödie für meine Begriffe sehr gut funktioniert: in „Cyrano de Bergerac“ von 1990 mit Gerard Depardieu. Ich müßte mir diesen Film wohl nochmal ansehen, aber ich habe gut in Erinnerung, daß mir da die Figuren wirklich zu Herzen gingen – richtige Bösewichte gibt’s da allerdings interessanterweise nicht. „Die drei Musketiere“ finde ich schon halbwegs gelungen, man langweilt sich nicht, man kann sich an vielen inszenatorischen Kabinettstückchen erfreuen und sieht die großen Darsteller gern. Aber so richtig in den Film hineingezogen wurde ich nicht.
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