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Alt 10.03.2016, 11:22   #38  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Standard Der große Reibach / The Gravy Train

Großbritannien, Frankreich, Österreich, Schweiz und Deutschland 1990-1991, Portman Entertainment für Channel Four / Antenne 2 / ORF / SRG-SSR / ZDF, 2 Staffeln mit insgesamt 8 Folgen zu je 52 min
Creators: Malcolm Bradbury (Drehbuch), David Tucker (Regie Staffel 1) und James Cellan-Jones (Regie Staffel 2)
http://www.wunschliste.de/serie/der-grosse-reibach
http://www.fernsehserien.de/der-grosse-reibach
http://www.kabeleins.de/sosiehtsaus/...grosse-reibach
http://www.pidax-film.de/forum/viewt...776c8f71840710

Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre gab es Zeiten, in denen der junge Christoph Waltz teilweise auf mehreren Kanälen präsent war. Im Gegensatz zu vielen anderen Talenten, deren Stärken eher einen leicht erkennbaren Typ charakterisierten, faszinierte mich die Spielfreude dieses Chamäleons. Flimmerte Waltz noch vor wenigen Tagen in einem Dokudrama als der berüchtigte Gummistiefelmörder über die Mattscheibe, konnte ich ihn wenige Tage oder Wochen später als innerlich zerrissenen Roy Black oder Jan van Leiden in einem Drama über die historischen Wiedertäufer bewundern.

Der große Reibach zählt zu den ersten internationalen Koproduktionen, an denen Waltz mitgewirkt hat. Diese bitterbös-leichtfüßige Satire in der Tradition von Yes, Minister oder House of Cards (UK) nimmt die labyrinthische Bürokratie im Brüssel der (damals noch) Europäischen Gemeinschaft (EG) unter Lupe.

Waltz spielt die Hauptrolle, den naiven Beamten Hans Joachim Dorfman, dem sich gerade die große Karriere in der fremden großen Stadt Brüssel eröffnet. Trotz seiner Ambitionen hat Dorfman Ideale und glaubt den Versprechungen von Politik und Diplomatie. Ich sehe ihn, wie auf einem deutschen Provinzbahnhof steht und in den Zug nach Belgien einsteigen will. Dort muß er aufpassen, daß er nicht unter die Räder gerat, denn die EG-Behörde wirkt wie ein surrealer Planet mit skurrilen Sitten und bizarren Gewohnheiten. Auf der anderen Seite wird er von (dem Klischee entsprechend) bösen Lobbyisten und skrupellosen Geschäftemachern bedrängt.

Soweit ich es recherchieren konnte, wurde die Mini-Serie 1998 zum letzten Mal ausgestrahlt. DVD-Boxen gibt es nur als umständlichen Import, eine deutsche Fassung fehlt im Handel (Pidax wurde schon mal im Forum von Fans angefragt). Dabei sprechen mindestens zwei Gründe für eine Wiederentdeckung:
Waltz ist mittlerweile zum internationalen Star avanciert (obwohl mich sein sardonisch-kultivierter Bösewicht mittlerweile an einen Klaus Kinski 2.0 erinnert), weshalb sein Frühwerk im größeren Rahmen wieder zugänglich gemacht werden sollte.
Thematisch spiegelt diese EG-Satire Sachverhalte wider, die heute aktueller denn je sind. Obwohl es gewisse Längen in der Inszenierung gibt, halte ich eine Rückkehr von Dorfman für überfällig.
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