Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 18.03.2020, 08:14   #134  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.576
Die Fantastischen Vier # 27




Naja, diese Story ist wirklich ziemlich verworren. Stan Lee verheddert sich vor allem mit den magischen Elementen. Man weiß nie, ob Phänomene wissenschaftlich erklärbar (wie etwa durch die von Diablo gemixten Chemikalien) oder schlicht übernatürlich sind. Das Motiv zu Beginn, das klammerartig am Schluß wiederkehrt, der Wald, in dem sich die FV verirren, ist einfach unerklärbar. Daß Ben Grimm halb in einen Menschen zurückverwandelt wurde, ist dagegen das Werk einer chemischen Substanz, die Reed Richards angeblich auch schon mal – vergeblich – ausprobiert hat; aber auch bei Diablo wirkt sie nicht richtig. Sowas ist ärgerlich für einen Leser, der ein bißchen ernst genommen werden möchte.

Die Geschichte lebt auch vom Kontrast der Amerikaner mit dem alten Europa. Das benutzt Lee wie ein Leitmotiv, und wie anders sollte er die FV nach Europa bringen, als indem er sie dort Urlaub machen läßt? Dr. Dooms Heimat heißt übrigens Latveria. Transsylvanien gibt’s ja im Gegensatz dazu wirklich (in Rumänien) und ist in der Welt der Literatur bekannt durch den Grafen Dracula (der sich in dieser Ausgabe aber nicht blicken läßt). Mich stört, daß Diablo ein Superheldenkostüm trägt – eine dezidiert amerikanische Kleidungsart. Wie er ins Spiel kommt, ist auch recht nachlässig erzählt: Übt er Gedankenkontrolle über Ding aus (das ihn befreit), oder macht er es sich durch das Versprechen gefügig, es wieder völlig in einen Menschen zurückzuverwandeln? Lee konnte sich auch hier nicht entscheiden, wieviel Magie er einsetzen will.

Insgesamt ist die Geschichte nicht geradlinig erzählt; da braucht Lee noch eine Weile, bis ihm das zufriedenstellend gelingt. Hier ist es noch so, daß die FV mal in eine Falle gelockt werden, dann sich wieder befreien können, Diablo sie mal bekämpft und sich dann irgendwelchen Welteroberungsplänen widmet (indem er seine Wässerchen verkauft, wird er zum Superreichen). Es ist ein dauerndes Geplänkel, und am Ende hauen die FV einfach sein ohnehin schon halbverfallenes Schloß zu Klump und begraben ihn darunter. Das wirkt wie eine Notlösung; Lee mußte das Abenteuer eben irgendwie beenden. Immerhin: eine spannungs- und geheimnisvolle Atmosphäre stellt sich streckenweise dennoch ein. Das Potential, das Lee später noch viel besser nutzte, ist erkennbar. Wohl am besten gelungen ist ihm die Balance zwischen Unerklärbarem und Nüchternheit nach meinem Geschmack in der Ausgabe, in der Agatha Harkness vorgestellt wird (Fantastic Four # 94).

Mit dem Artwork bin ich auch nicht ganz zufrieden. Inker Chic Stone, der sehr gut begonnen hatte, zeigt hier überraschend Probleme, Ding richtig zu zeichnen. Jack Kirby schludert auch immer wieder mal, etwa bei der perspektivischen Darstellung. Die Seite 19 mit den vier großen Panels ist etwas unmotiviert; Kirby mußte wohl auch erst lernen, mit diesem Format umzugehen. Dieses Heft ist jedoch immer wieder mal geplündert worden; mehrere Panels tauchten bei Williams zu Illustrationszwecken auf: etwa das, in dem Ding im Schloß im Bett liegt, als er den Steinpfropf von Diablos Gefängnis entfernt oder als er Reed um eine Säule wickelt. So schlecht waren die Zeichnungen also wohl doch nicht.
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten