Thema: Filmklassiker
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Alt 16.03.2024, 07:58   #1949  
Peter L. Opmann
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Zurück zum Western. Mindestens zehn Jahre nach der Italowestern-Welle und fünf Jahre, nachdem Michael Cimino mit „Heaven’s Gate“ versucht hatte, das Genre respektvoll zu Grabe zu tragen, entstand 1985 „Silverado“ von Lawrence Kasdan. Dies sollte eher eine Wiederbelebung werden mit üppiger Starbesetzung, einer postmodernen Erzählweise und viel Action und Gewalt. Kasdan gehörte zum Umfeld von George Lucas und hat ein paar „Star Wars“-Filme inszeniert. Aber Hollywood war im Umgang mit Western sozusagen ein bißchen aus der Übung.

Im Detail ist „Silverado“ sehr gut inszeniert. Das Werk paßt zu den neuen Actionfilmen der 80er Jahre. Aber es bleibt anfangs ein Rätsel, worum es bei der Handlung genau geht, und am Ende stellt sich heraus, daß es gar kein großes Motiv gibt, das hinter all den Handlungselementen steckt (oder ich habe es möglicherweise nicht mitbekommen). Zwei Brüder (Scott Glenn, Kevin Costner) wollen in das kalifornische Städtchen Silöverado reiten. Beide sind Revolverhelden; Costner muß erst aus dem Gefängnis geholt werden, weil er einen Gegner getötet hat. Unterwegs liest Glenn zwei weitere Revolverhelden auf: Kevin Kline, den er vor dem Verdursten in der Wüste rettet, und Danny Glover, der rassistisch angegriffen wird. Die Vier bekommen es unter anderem mit Sheriff John Cleese zu tun (eine komische Figur, aber keine ausgesprochene Komikerrolle).

Unterwegs begegnen sie noch einem Wagentreck, zu dem Rosanna Arquette gehört; Kline interessiert sich für sie, aber sie will kein Liebesabenteuer, sondern „etwas aufbauen“. In Silverado werden die Revolvermänner in einen Streit um Land mit einem skrupellosen Rancher (Ray Baker) hineingezogen und legen sich mit dem dortigen Sheriff Brian Dennehy an, der in einige illegale Aktivitäten verwickelt ist. Ich überspringe einige Handlungselemente, die zu umständlich wiederzugeben wären. Am Ende wird der Rancher in die Schranken gewiesen und Sheriff Dennehy in einem Showdown getötet. Drei der Revolvermänner ziehen weiter, und Kline übernimmt das Amt des Sheriffs. Man kann noch erwähnen, daß Jeff Goldblum als professioneller Spieler eine Nebenrolle hat, die ich allerdings halbwegs verschenkt finde.

Man sieht also, es geht eigentlich um nichts Besonderes – anders als bei etwa „Spiel mir das Lied vom Tod“, wo alle Konflikte letztlich auf den Bau der Eisenbahnlinie zurückzuführen sind. Mittendrin hat man einige Mühe, die Figuren auseinanderzuhalten und richtig zu verorten; wobei man denkt, das muß so sein, und am Ende werden die Handlungsfäden schon sinnvoll zusammenlaufen. Wenn man sich um die Handlung nicht sehr kümmert, kann man den Film als Actionspektakel ganz gut konsumieren und sich ganz gut nebenbei noch mit etwas anderem beschäftigen. Schade eigentlich, denn Regisseur Kasdan kann was. Sein Film zeigt jedoch, daß man mit der Mythologie des Western zu dieser Zeit wirklich nicht mehr viel anfangen konnte. „Silverado“ hatte dennoch ein ordentliches Einspielergebnis. Etwa zur gleichen Zeit kam Clint Eastwoods „Pale Rider“ heraus, und beide Filme erzeugten tatsächlich ein Western-Revival. Costner machte unter anderem „Der mit dem Wolf tanzt“, und wenig später wurde der Wyatt-Earp-Mythos gleich zweimal neu verfilmt – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Eine größere Zahl gelungener neuer Western sehe ich allerdings in den 1980er und 90er Jahren nicht. Ich nehme an, der amerikanische Traum war zu weit weggerückt, um dem Genre noch eine stabile Daseinsberechtigung zu geben. In jüngerer Vergangenheit hat es auch keine wegweisenden Western im Kino mehr gegeben (oder übersehe ich da was?). Aber egal, es gibt genug gelungene oder vielleicht noch wiederzuentdeckende amerikanische Western aus den 1940er bis 60er Jahren, und ein paar davon habe ich hier auch noch vor mir.
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