Thema: Filmklassiker
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Alt 20.12.2023, 17:37   #1767  
Nante
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So, heute auch mal von mir wieder was.

Die Drei Tage des Condor (Three Days of the Condor , Sydney Pollack 1975)

In der Hauprolle Robert Redford, als wichtigste Nebenrolle Faye Dunaway sowie als Gegenspieler auf gleicher Höhe Max v. Sydow.

Der Film beginnt in einem Büro, in dem eine Gruppe nerdiger Bürotypen Bücher wälzt und sich gegenseitig mit Kriminalrätseln testet. Irgendwann erfährt man mal nebenbei: Sie sind damit befasst, internationale Literatur zu sichten und danach auszuwerten, ob darin Strategien und Hinweise enthalten sind, die für die CIA von Nutzen sein könnten. ( Z.B. ein Geschoss aus Eis, welches sich nach dem Schmelzen nicht mehr im Opfer nachweisen läßt.)
Daß es nicht ganz harmlos ist, merkt man nur an der Überwachungskamera am Eingang und dem Revolver, den die Pförtnerin in der Schublade hat.

Joseph Turner ( Redford) ist einer von ihnen und in seinem Job eigentlich ganz zufrieden. Das er für die CIA arbeitet ist für ihn wie alle anderen eher nebensächlich. Und die Sicherheitsregeln sind eigentlich nur dazu da, sie auszutricksen; - wenn man z.B. in der Mittagspause das Haus nicht über den regulären Weg verläßt.

In seiner Abwesenheit werden nun alle anderen Kollegen brutal von einem Killertrupp unter Anführung des kaltblütigen Joubert (v. Sydow) niedergemetzelt und Turner steht nach seiner Rückkehr fassungslos vor den Leichen. Er schnappt sich die Pistole der Pförtnerin und ergreift panisch die Flucht.

In den nun folgenden titelgebenden Tagen kommt Turner (Decknahme „Condor“) und mit ihm auch der Zuschauer eigentlich nicht mehr zur Ruhe. Seine verzweifelten Versuche, seine Vorgesetzten oder Freunde zu informieren und „reingeholt“ zu werden, enden alle im Desaster und führen zu weiteren Leichen. Irgendjemand torpediert all seine Versuche. Dazu wird er weiter durch Joubert gejagt, der sein „Versäumnis“ bemerkt und unbedingt ausbügeln will.

In seiner Verzweifling kidnapped Turner die wildfremde Kathy Hale (Dunaway) und zwingt sie mit der Waffe, ihn in ihre Wohnung zu fahren, wo er etwas Ruhe finden und seine weiteren Schritte überlegen will. Kathy ist natürlich anfangs alles andere als kooperativ aber das schwindet mit der Zeit. Schließlich hilft sie ihm sogar.

Joubert gibt die Suche aber nicht auf und ist ihm immer auf den Fersen und entwickelt sogar eine gewise Art Sympathie für dieses „Target“, daß so ganz anders ist als die Profis, mit denen er es normalerweise zu tun hat; - und gerade darum so schwer zu berechnen. Natürlich läßt er sich weder davon noch durch weitere Mißerfolge (und weitere Leichen) von der Jagd abbringen.

Am Ende, nachdem er Kathy verabschiedet hat, kann Turner endlich den Drahtzieher „im Apparat“ ausfindig machen und wird Zeuge, wie der diesmal pünktlich eintreffende Joubert nicht ihn sondern ersteren liquidiert; - die Gewichte in der Führung haben sich verschoben. Ob Turner allerdings noch ein längeres Leben vor sich hat, nachdem er ankündigt, alles der Presse zu schildern, läßt der Film offen.

Wie bereits oben gesagt, kommt der Zuschauer nach der Eingangsepisode eigentlich kaum zur Ruhe. Hunter ist ständig auf der Flucht oder in Lebensgefahr. Dazu kommt, daß er im handylosen Zeitalter auf öffentliche Telefone oder die Anschlüsse fremder Menschen angewiesen ist. Da er hier aber auch immer besonders verwundbar ist, erhöht auch das immer die Spannung. Die einzigen „ruhigen“ Momente sind komischerweise die, in der er entweder selbst Kathy mit der Waffe „zur Ruhe“ zwingt oder wehrlos und scheinbar in seinen letzten lebendigen Minuten dem angesetzten Killer gegenüber steht.

Aus heutiger Sicht scheinen mir vor allem zwei Dinge an dem Film überzogen:

1. Auch wenn Redford damals sicher in der Top 10 der „Sexiest Man Alive“ war; - daß sich Kathy ihm, nach allem, was er ihr antut, so rasch hingibt, ist schon ein krasser Fall von „Stockholm Syndrom“.

2. Daß ein CIA- Abteilungsleiter wegen einer vergleichsweisen Lapalie (Anspielungen auf Operationen zur Sicherung von Erdöl in Venezuela) so ein Massaker (gefolgt von weiteren Leichen) anrichten läßt, erscheint zumindest aus heutiger Sicht absolut unglaubwürdig. – Wenn man allerdings die damalige Situation (Watergate-Skandal, Ölschock, die Gerüchte über die Verwicklung der CIA in Putsch gegen Allende u.ä.) mit einkalkuliert, kommt es einem wiederum etwas plausibler vor.

Fazit: Für mich die beste Pollack/Redford-Zusammenarbeit.

Jeder Idiot kann eine Krise meistern. Es ist der Alltag, der uns fertig macht.

Geändert von Nante (20.12.2023 um 17:42 Uhr)
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