Thema: Filmklassiker
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Alt 17.08.2023, 06:28   #1494  
Peter L. Opmann
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Im selben Jahr, in dem Alfred Hitchcock „Der zerrissene Vorhang“ drehte, entstand ein weiterer Film, in dem die Berliner Mauer und der Kalte Krieg eine wichtige Rolle spielen: „Finale in Berlin“ (1966) von Guy Hamilton. Das Thema scheint damals, relativ kurz nach der Einrichtung der deutsch-deutschen Grenze, recht beliebt gewesen zu sein. Mit James Bond hat dieser Thriller jedoch, trotz des Regisseurs, nichts zu tun. Die Romanvorlage stammt von Len Deighton, und statt eines Actionspektakels wird hier ein Vexierspiel geboten, bei dem die Akteure undurchsichtige Identitäten und Absichten haben. Man sieht einiges von Westberlin. Die bekannten Ecken liegen fast alle um den Bahnhof Zoo herum, unbekanntere Bereiche der Stadt mußten als Ostberlin herhalten, und die Mauer samt Checkpoint Charlie wird auch im Detail vorgeführt. Zudem spielen, wie auch bei Hitchcock, einige deutsche Schauspieler mit (unter anderem Heinz Schubert, Herbert Fux, Wolfgang Völz und in einer kleinen Nebenrolle die Schweizerin Marthe Keller, die später in „Der Marathon-Mann“ zu sehen war).

Zu Beginn und am Ende ist die Handlung leicht verständlich. Im Mittelteil wird es etwas schwierig, weil zu viele falsche Identitäten und dubiose Ziele im Spiel sind. Michael Caine ist ein britischer Geheimdienstler (lediglich seine Schwäche für Frauenaffären teilt er mit Bond). Er bekommt den Auftrag, dem russischen Geheimdienstoffizier Oskar Homolka in Ostberlin zu helfen, sich in den Westen abzusetzen. Dabei arbeitet er mit seinem alten Freund und Kollegen Paul Hubschmid zusammen. Homolka verlangt, daß ein renommierter deutscher Fluchthelfer (Günter Meisner) das Unternehmen leitet. Caine holt sich dafür das Okay und die nötigen Geldmittel aus London. Der Plan ist, daß Homolka als „Leiche“ im Sarg offiziell über die Glienicker Brücke in den Westen geschafft wird. Als der Sarg geöffnet wird, liegt allerdings der wirklich tote Meisner darin. Das war Homolkas Absicht: Meisner eine Falle zu stellen und ihn zu beseitigen. Der britische Geheimdienst war informiert, Caine allerdings nicht.

Caine hat inzwischen die Bekanntschaft von Eva Renzi gemacht, mit der er schnell im Bett landet, die er aber verdächtigt, ihrerseits eine Geheimagentin zu sein. In ihrer Wohnung findet er jedenfalls eine Reihe von falschen Pässen. Später stellt sich heraus, daß sie für den Mossad arbeitet und hinter Hubschmid her ist, einem Nazi und Judenmörder, der nach dem Krieg von den Briten eine neue Identität bekommen hat. Da er nun enttarnt ist, soll Caine ihn aus dem Verkehr ziehen. Wegen ihrer alten Freundschaft ist er aber dazu nicht imstande. Allerdings ist er selbst nun Hubschmid im Wege, der über die DDR und die Tschechoslowakei in die Schweiz fliehen will, wo er ein von Juden abgepreßtes Vermögen gebunkert hat. Als er Caine erschießen will, warnt der ihn, daß der Mossad auf seiner Spur ist, aber Hubschmid hält das für ein Ablenkungsmanöver. Wenige Minuten später wird er tatsächlich von Mossadagenten erschossen. Caine erhält in London eine Belobigung von seinen Vorgesetzten, aber er verläßt wortlos das Büro.

Ich gestehe, in der Mitte des Films bin ich ausgestiegen. Da wurde es sehr unübersichtlich, wer welche Identität hat und worum es im Ringen der Geheimdienste nun wirklich geht. Ich habe keine Erfahrung mit Deighton-Romanen, aber vielleicht liegt es daran, daß der Romanstoff im Drehbuch zu sehr komprimiert wurde. Der Film ist nur 100 Minuten lang. Insgesamt aber gelingt es Hamilton, trotz weitgehend fehlender Action eine gehörige Spannung aufzubauen. Bei „Der zerrissene Vorhang“ geht es mir ähnlich, auch dieser Spionagethriller ist nicht ganz leicht zu durchschauen, hat aber seine Momente. Michael Caine ist jedenfalls ein sehr überzeugender Anti-Bond, und der Film ist auch ein ganz gutes Dokument dafür, wie Berlin zu Mauerzeiten aussah. Im übrigen ist es ein englischer Film, der in Teilen im Pinewood-Studio gedreht wurde. Im Hintergrund stand aber die Paramount. Wie erfolgreich „Finale in Berlin“ im Kino lief, dazu habe ich leider nichts gefunden.
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