Thema: Filmklassiker
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 27.07.2023, 06:11   #1457  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.597
Dies ist der vierte John-Wayne-Film, den ich in diesem Thread bespreche. Ich möchte aber nicht den Eindruck erwecken, ich sei ein besonderer John-Wayne-Fan. „Düsenjäger“ (1957) von Josef von Sternberg ist ein mißglückter Film, aber man kann ein paar Gedanken daran verschwenden, warum eigentlich. Ich finde, es liegt nicht daran, daß Produzent Howard Hughes dem Regisseur kräftig in die Arbeit hineinpfuschte, auch nicht daran, daß es ein Klischeeprodukt des Kalten Kriegs wäre, sondern Militär-, Spionage- und Liebesfilm fügen sich nicht so recht zusammen. Manches hat mir aber ganz gut gefallen. John Wayne wurde öfter mit durchsetzungsfähigen Frauen zusammengespannt: Maureen O’Hara, Angie Dickinson, Gail Russell (siehe oben) – hier ist es Janet Leigh. Das hat meistens gut funktioniert. Bei „Düsenjäger“ habe ich vor allem im Gedächtnis behalten, wie die Jetpiloten einen in Kalifornien in ihr Territorium eingedrungenen Russen zur Landung zwingen und höchst erstaunt sind, daß eine schöne Frau (nämlich Leigh) aus dem Cockpit steigt.

Wayne muß sich mit ihr auseinandersetzen und sie unter anderem durchsuchen. Eine ganz ähnliche Szene hatte er später in „Rio Bravo“. Er spielt jeweils einen Mann, der im Umgang mit Frauen wenig geübt ist, und Leigh zufolge war das auch im wirklichen Leben so: „Der Bursche ist bestimmt nicht sehr erfahren, wenn es um Liebesspielchen geht.“ Für den Zuschauer ist seine Ungeschicklichkeit freilich recht amüsant. Zurück zur Handlung: Leigh behauptet, sie habe in Lebensgefahr geschwebt und deshalb aus der UdSSR verschwinden müssen. Die US-Luftwaffe entscheidet, daß sie sich auf ihrem Stützpunkt relativ frei bewegen und auch amerikanische Düsenjets fliegen darf. Davon erhofft man sich ablesen zu können, auf welchem Stand sich die russische Luftwaffe befindet. Dann aber soll Leigh abgeschoben werden. Inzwischen haben sich zwischen ihr und Wayne jedoch zarte Gefühle entwickelt (beide waren zufällig gerade solo), und so setzen sie sich ab, um auf die Schnelle in Yuma zu heiraten.

Genau in diesem Moment ist Leigh als Spionin enttarnt worden. Ihr drohen nun 15 Jahre Gefängnis. Unter diesem Eindruck will sie doch lieber in die Sowjetunion zurück, zusammen mit ihrem Ehemann, auch wenn der überzeugt ist, Leigh habe ihm nur etwas vorgespielt. Der Plan der Amerikaner ist, ihn auf diese Weise als Agenten in die UdSSR einzuschleusen. Die Flucht gelingt. Wayne soll nun die Russen über die amerikanische Luftwaffentechnik aufklären. Er gibt nur veraltete Informationen weiter, sieht sich aber seinerseits das russische Fluggerät sehr genau an. Als die Russen seine Taktik durchschauen, soll sein Gehirn durch eine Droge zerstört werden. Das will Leigh, die ihn letztlich doch liebt, nicht zulassen, und gemeinsam fliehen sie nach Kalifornien zurück.

Klar, das ist eine hanebüchene Geschichte. Bei Josef von Sternberg, der sich immer nur für Liebesdramen und nicht für Realismus interessiert hat, hätte ich aber nichts anderes erwartet. Durch Anklänge an Lubitschs „Ninotschka“ bekommt der Film ironische Untertöne, aber Leighs allmähliche Bekehrung zum Kapitalismus paßt nicht so recht zu den Fliegereiszenen und Spannungselementen in „Düsenjäger“. Vor allem aber funktioniert die Liebesgeschichte leider nicht. Das Agentenpaar, das sich liebt, aber auch bekämpfen muß, kennt man aus dem Unterhaltungskino. Doch hier bleibt auf ungute Weise bis kurz vor Schluß unklar, ob die Gefühle echt sind oder nur im Dienst der Spionagemission stehen. Genauer gesagt: Wayne ist wirklich in die schöne Russin verliebt, aber nicht blöd. Sie vollzieht dagegen mehrere Gesinnungswechsel, was den Zuschauer daran hindert, sich mit dem Paar zu identifizieren.

„Düsenjäger“ ist eine frühe Variante von „Top Gun“. Schon damals half die US-Luftwaffe mit spektakulären Flugszenen eifrig mit, den Film attraktiv zu machen. Gedreht wurde in mehreren Etappen zwischen 1949 und 1952. Danach fügte Howard Hughes erst die Flugszenen ein, die damals in dieser Form nirgendwo sonst zu sehen waren, und schnitt den Film immer wieder um. Als er nach acht Jahren endlich ins Kino kam, waren die topmodernen Jets allerdings bereits veraltet. Was mich aber wohl nur stören würde, wenn ich Militärexperte wäre. Wohl wegen der langen Produktionszeit wurde der Film ziemlich teuer (laut wikipedia neun Millionen Dollar) und konnte trotz guter Zuschauerzahlen keinen Gewinn erzielen. Hughes hatte seinen Erfolg mit dem Fliegerfilm „Höllenflieger“ von 1930 wiederholen wollen.

Einen gewissen Reiz kann man dem Film gleichwohl nicht absprechen, vor allem, wenn man eine Menge „Buck Danny“- und „Dan Cooper“-Comics gelesen hat. Die sind in vielen Fällen ganz ähnlich gemacht. Und Buck Danny hat es sogar mit einer ähnlichen Gegenspielerin zu tun: Lady X. Liebesszenen waren bei Dupuis freilich tabu…
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten