Thema: Filmklassiker
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Alt 17.07.2023, 12:15   #1417  
Nante
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Oho. Hätte nicht gedacht, daß das ein so religiöser Film ist.

Ich glaube, ich verstehe, was Du meinst: Die Titelfigur kommt im Film glaubwürdig rüber, und so ist das Buch angemessen verfilmt, obwohl das meiste der Romanhandlung fehlt.

Den Film würde ich mir auch gern ansehen. Möglicherweise gibt es ihn in youtube in Form von etwa 20 Teilen, aber eine DVD wäre mit ehrlich gesagt lieber. Ich bin allerdings jemand, der nicht im Internet einkauft, deshalb müßte ich sehen, ob es den Film irgendwo im Laden gibt.

Ein paar Kleinigkeiten sind nicht ganz stimmig. Die religiöse Welt der USA ist ziemlich anders als bei uns. Wenn Gantry Baptist ist, wird er sicher kein Priesterstudium absolviert haben, denn Priester gibt es nur in der katholischen Kirche. Von den Baptisten zu den Methodisten zu wechseln, ist nicht so schwierig, denn der Glaube ist ähnlich. Nicht ganz erklären kann ich mir den Gebäudenamen "Tabernakel", denn das ist wiederum etwas typisch Katholisches.

Ich denke, der amerikanische Glaube ist näher am Leben. Was ein katholischer Priester nur im Verborgenen tun kann, ist da eher möglich, denn es besteht immer die Möglichkeit, Vergebung zu finden und sich zu ändern. Nur wer sich nie ändert, dem würde man wohl seinen Glauben nicht recht abnehmen. Aber dazu fällt mir im übrigen der Spruch ein: "Gott schreibt auf krummen Wegen gerade." Das gibt es auch in der Bibel: Jakob war ein Betrüger, König David war ein Frauenheld, der Apostel Petrus war ein Großmaul - die Liste der mit Fehlern und Schwächen behafteten Glaubenshelden ließe sich bleiebig verlängern.
Lewis hat das Buch so angelegt, daß er an ihm möglichst viele Bereiche des amerikanische religiösen Lebens abbilden kann (die Methode hat er auch in anderen Büchern angewandt, z. B. im Bereich der Medizin oder der geschäftsmäßigen Philantrophie)

Gantry wächst geprägt durch seine rel. Mutter auf, erkennt zufällig, daß er gut reden kann, studiert dann an einem Baptisten-Seminar (Er hat dann glaube ich de Abschluß als "ordinierter Prediger"). Er ist nie wirklich überzeugt, glaubt aber, "daß an dem ganzen Zeug mit Gott doch was wahres dran sein muß". Nach seiner Ordination betrinkt er sich, lästert über seine Glaubensgenossen und wird dabei ertappt und praktisch ausgestoßen. Ein Kumpel besorgt ihm einen Job als vertreter und er lebt nun ganz weltlich, denkt aber immer gern an die Zeit zurück, als er "Macht" über die Gäubigen hatte. Und hier setzt etwa die Handlung des Films ein.

Nach der Filmhandlung versucht er es erst als Prediger auf eigene Kosten, dann bei einer Art Scientology-Sekte und trifft dann eher durch Zufall einen führenden Methodisten und überzeugt ihn, daß er für den Glauben noch nicht verloren ist.
Hier beginnt nun sein Aufstieg, auch wenn ihn seine beiden Schwächen (Alkohol und Frauen) immer wieder einholen. Aber entweder kann er sich selbst rausreden oder einflussreiche Gönner helfen ihm.

Das "Tabernakel" ist eine Art großer Pavillon/Zelt in Anlehnung an die erste Behausung der Bundeslade der alten Israeliten.

Sein Gegenpol Frank, der im Gegensatz zu ihm wirklich nach Gott sucht und darüber verzweifelt, taucht im Film nicht auf. Lewis läßt auch ihn von den Baptisten zu anderen Glaubensgemeinschaften, z.B. die Kongregationalisten und wohl auch die Unitarier wandern. Er wird schließlich ein frühes Opfer des christlichen Fundamentalismus.

Lewis ist für das Buch übrigens in den Staaten schwer angefeindet wurden. Ich halte es, wie die meisten Bücher von ihm für SEHR lesenswert. Der Mann war nicht umsonst der erste US-Amerikaner, der den Nobelpreis für Literatur bekommen hat.

PS: Habe ich im Beitrag zum Film vergessen: Es kommt auch eine Szene vor, in der auf den berühmten "Affenprozess" in Tennessee angespielt wird. Hier kann Lancaster dem Affen im wahrsten Worte Zucker geben...
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