Thema: Filmklassiker
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Alt 16.06.2023, 06:09   #1285  
Peter L. Opmann
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Beim Ansehen von „Der schwarze Reiter“ ist mir ein anderer Film eingefallen. Den hätte ich sonst hier wahrscheinlich nicht behandelt, weil ich ihn ziemlich schwach finde. „Für eine Handvoll Geld“ (1952) hat Kirk Douglas nur deshalb gemacht, weil er vertraglich dazu verpflichtet war; Regie führte Felix E. Feist. Der Originaltitel war „The Big Trees“, und auf meiner DVD heißt er nun „Under Big Trees“. Er ist für mich jetzt interessant, weil es darin – wie im Fall John Wayne – um die Begegnung eines ziemlich harten Amerikaners mit einer Quäkergemeinschaft geht. Bisher dachte ich, Peter Weirs „Der einzige Zeuge“ (in dem eine Amish-Gruppe porträtiert wird) sei ein Film ohne Vorbilder, aber vielleicht gibt es ja in USA ein ganzes Genre von Filmen über religiöse Außenseiter. Mir fällt auf jeden Fall noch „Lockende Versuchung“ von William Wyler ein, eine Innensicht von Quäkern.

Als aalglatter und knallharter Holzunternehmer kommt Douglas in ein Gebiet, in dem Quäker leben. Er ist auf betrügerische Weise dabei, Landrechte zu erwerben, und will vor allem riesenhafte Rotbuchen (laut DVD: Sequoia-Bäume) fällen, die für die Quäker als Zeichen der Schöpfung große Bedeutung haben. Darüber verhandelt er mit Eve Miller, einer attraktiven Witwe. Er lockt sie zunächst vergeblich mit der Aussicht auf enormen Gewinn und will sie dann mit seinem Charme einwickeln, aber die fromme Frau ist sowohl für Geld als auch für Komplimente unempfänglich. Sie leistet aber nur moralischen Widerstand. Douglas‘ Partner Edgar Buchanan schlägt sich jedoch aus Gewissensgründen auf die Seite der Quäker und wird Marshal. Zusammen mit dem örtlichen Richter versucht er, die juristischen Winkelzüge, derer sich Douglas bedient, zu vereiteln.

Indes macht sich Douglas seinen Vorarbeiter Harry Cording zum Feind; den Arbeitern hat er monatelang keinen Lohn mehr gezahlt. Cording erschießt Buchanan bei einem Attentat, das eigentlich Douglas gilt. Außerdem wird Millers Vater getötet, als ein gefällter Baum auf sein Haus stürzt. Das bringt Douglas endlich zur Besinnung. Während das Holzunternehmen noch auf die letzten Lizenzen wartet, wollen die Quäker so viele kleinere Bäume fällen, wie möglich, das Holz verkaufen und damit ihre Landrechte zurückerwerben. Cording verhindert das zunächst, indem er einen Damm baut, so daß die Stämme nicht mehr über Wasser transportiert werden können. Als die Quäker stattdessen eine Bahnlinie errichten, soll auch die sabotiert werden. Douglas rettet Miller und besiegt schließlich im Entscheidungskampf Cording. Die Quäker greifen am Ende ebenfalls handgreiflich in die Schlacht um die Bäume ein, was wohl vor allem ein Zugeständnis an den möglichst actionreichen Filmschluß ist.

Wieder haben wir ein ungleiches Paar, das sich allerdings nicht von Beginn an liebt. Das Quäkerleben wird hier etwas detaillierter geschildert, dafür fehlt der Humor in diesem Film fast ganz. Und die pazifistischen Quäker werden diskreditiert, indem sie am Ende auf Cordings Leute einprügeln (man merkt nur, daß sie dabei reichlich ungeübt sind). Beim zweiten Sehen fand ich „Under Big Trees“ nicht einmal so schlecht, aber die Handlung ist doch sehr konstruiert, und das Verständnis leidet erheblich darunter, daß unklar bleibt, welches Bundesgesetz erlaubte, daß Holz überall eingeschlagen werden darf, auch wenn sich die Bäume auf fremdem Grund befinden. Der Film spielt um das Jahr 1900.

Auf jeden Fall verändert sich auch Kirk Douglas unter religiösem Einfluß völlig und sieht einer gemeinsamen Zukunft mit Eve Miller entgegen. Mehr als der Held in „Der schwarze Reiter“ steht er zwischen zwei Frauen. Seine frühere Freundin ist Patrice Wymore (bekannt als zeitweilige Ehefrau von Errol Flynn), eine vergnügungssüchtige Städterin, die Douglas‘ Geschäftspraktiken übernimmt und ihm dann den Laufpaß gibt. Als Douglas dann solide wird, kann er die sehr spröde Miller für sich gewinnen. Wiederum verwundert, daß die Quäker dem Geschäftsmann, der anfangs überhaupt nicht zu ihren Prinzipien und ihrem Lebensstil paßt, mit großem Zutrauen begegnen. Es ist letztlich keine Geschichte über eine Glaubensgemeinschaft, denke ich, sondern gewissermaßen über die Zivilisierung eines wilden Westernhelden. Kirk Douglas selbst sagte über den Film, man könne ihn in seinem Schaffen überspringen.
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