Thema: Filmklassiker
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Alt 02.05.2023, 06:17   #1181  
Peter L. Opmann
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Hier eine Doku, die zum letzten Film paßt: „Spencer Tracy. Eine Würdigung von Katherine Hepburn“ (1985) von David Heeley. Die Doku ist mir ein bißchen zu glatt. Ich kann mir vorstellen, daß Hepburn gern die Rolle des Host übernehmen wollte, aber sie ist nicht die beste Wahl, weil sie sicher manches über ihr Verhältnis zu Tracy nicht erzählen wollte. Trotzdem bekommt man einen ganz guten Überblick über seine Karriere, an der sie ja auch nicht unwesentlichen Anteil hatte.

Sie bescheinigt ihm zunächst technische Perfektion als Schauspieler. Er sei menschlich „rein, erdverbunden und verläßlich“ gewesen. Elisabeth Taylor drückt es so aus: „Sein Schauspielen schien fast ohne Anstrengung. Er drückte alles mit den Augen und den Gesichtsmuskeln aus.“

Zu Beginn werden Ausschnitte aus „Stadt in Angst“ (1955), „Wer den Wind sät“ (1960) und „Die Kraft und die Herrlichkeit“ (1933) gezeigt. Über den letzteren Film sagt Joanne Woodward: „Die Darstellung des älteren Mannes war so, wie er selbst wurde.“

Es folgt ein Ausschnitt aus „Ich und mein Mädchen“ (1932). Spencer Tracys Vater war Ire, seine Mutter kam „aus den Kolonien“ (so drückt es Hepburn aus). Er schloß sich auf der High School einem Debattierclub an, fand Spaß an der Schauspielerei und trat in die American Academy of Dramatic Arts in New York ein. Das Stück „Die letzte Meile“ (1933) brachte den Durchbruch am Theater. Dort wurde er von John Ford entdeckt, der ihm einen Vertrag bei der Fox verschaffte. Er drehte unter anderem „Flußaufwärts“ (1930) unter der Regie von Ford und „Schnelle Millionen“ (1931). In vier Jahren war er in 23 Filmen vertreten.

Tracy hatte ein Alkoholproblem, weshalb er von der Fox gefeuert wurde. Aber er erhielt sofort einen Vertrag bei MGM. Filme dort waren unter anderem „Riff Raff“ (1935) und „Lustige Sünderin“ (1936). MGM erfand das Gespann Clark Gable – Spencer Tracy, erstmals zu sehen in „Der Draufgänger“ (1940). Stanley Kramer: „Gable war das Sexsymbol seiner Zeit, aber das Publikum war stets auf Tracys Seite. Tracy war der einfache Mann von der Straße mit all seinen Schwächen.“

„Testpilot“ (1938) und „San Francisco“ (1936), wofür Tracy erstmals für den Oscar nominiert wurde. „Blinde Wut“ (1936); „Manuel“ (1936) – für diesen Film erhielt Tracy den Oscar. Eine ähnliche Rolle spielte er noch einmal in „Der alte Mann und das Meer“ (1958). John Sturges: „Er hat die Erzählerstimme in 40 Minuten glatt durchgesprochen, ohne sich einmal zu verhaspeln.“ Robert Wagner: „Er schuf einen neuen, natürlichen Darstellungsstil.“

„Teufelskerle“ (1938). Mickey Rooney: „Wenn man im Film mit ihm sprach, sah er einem direkt in die Augen und reagierte nur auf den Partner. Daran erkennt man einen guten Schauspieler.“ Seinen Oscar für diesen Film gab er an Pater Flanagan weiter, den er verkörpert hatte. Hepburn: „Seine katholische Erziehung war tief in ihm verwurzelt. Aber ich glaube nicht, daß er regelmäßig in die Kirche ging.“

Es folgen Ausschnitte aus „Der Teufel kommt um vier“ (1961), „Der große Edison“ (1940) und „Arzt und Dämon“ (1941). Hepburn: „Er war nicht glücklich mit seiner Darstellung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.“

„Die Frau, von der man spricht“ (1942). Sein erster Film mit Hepburn. Sie erinnert sich, daß sie ihn zum ersten Mal vor dem Thalberg-Gebäude traf. Sie trug hochhackige Schuhe und war so etwas größer als er. Sie sagte: „Beim nächsten Mal ziehe ich flachere Schuhe an.“ Darauf er: „Keine Sorge, ich werde Sie schon auf die richtige Größe zurechtstutzen.“ Ein weiterer Hepburn-Tracy-Film: „Zu klug für die Liebe“ (1945).

Angela Lansbury: „Es kam einem fast so vor, als verständigten sich Hepburn und Tracy durch eine Geheimsprache. Dadurch gelangen ihre komischen Szenen so perfekt.“ Garson Kanin: „Sie waren sich in jeder Beziehung ebenbürtig.“ Hepburn: „Das Publikum akzeptierte Spence und mich als das typische amerikanische Ehepaar.“ Ausschnitt aus „Pat und Mike“ (1952).

Hepburn: „Er verlor nie das Interesse am Theater. 1945 hatte er da seinen letzten Auftritt. Allerdings war der Einfluß des Theaters gelegentlich noch spürbar.“ Ausschnitt aus „Theaterfieber“ (1953).

Charles Champlin: „Er spielte Komödien als Schauspieler, nicht als Komiker.“ Ausschnitt aus „Vater der Braut“ (1950).

Hepburn: „Es gab auch ein paar ernste Filme, besonders während des Zweiten Weltkriegs.“ Ausschnitte aus „Die ganze Wahrheit“ (1942), „Endlos ist die Prärie“ (1947), „Die Lage der Union“ (1948), „Stadt in Angst“ (1955). Tracy ging mit dem Drehbuch hinaus in die Wüste und las es sich laut vor, das gesamte Drehbuch, um in die Handlung hineinzukommen, fünf Tage lang. Dann legte er das Drehbuch weg und warf nie wieder einen Blick hinein. Das war sein letzter Film für MGM. Tracy wurde unabhängiger Schauspieler.

„Wer den Wind sät“ (1960) war der erste von vier Filmen mit Stanley Kramer als Regisseur. „Das Urteil von Nürnberg“ (1961); „Rate mal, wer zum Essen kommt“ (1967). Sidney Poitier: „Bei den Dreharbeiten war er sehr krank. Aber wenn er da war, war er völlig präsent.“ Einige Wochen nach dem Ende der Dreharbeiten war er tot. Hepburn: „Ich bekam einen Oscar, aber ich fand immer, daß er für uns beide gedacht war.“

Hepburn: „Es war schwierig, in seinen Kopf einzudringen. Er mochte zum Beispiel keine Proben. Über seine Probleme sprach er ungern. In seinem eigenen Leben war er nicht zuhause, aber er konnte jemand anders sein.“
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