Thema: Filmklassiker
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Alt 23.10.2022, 15:08   #63  
Phantom
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Ich werde zu diesem Thread wohl nichts beitragen können, was man nicht auch in der Wikipedia findet. Aber um zu zeigen, dass ich hier mitlese, ein paar spontane Gedanken:

Comics, die ich als Jugendlicher gelesen habe, habe ich (wenn sie gut waren) drei-, viermal gelesen. Deswegen kann man mich nachts um drei wecken, und ich könnte sofort ohne Pause über die (für mich) besten Geschichten von Barks, Raymond, Franquin, Kirby dozieren.

Filme, die ich als Jugendlicher gesehen habe, habe ich meist genau einmal gesehen. Videorekorder waren für mich außer Reichweite, Filme habe ich spätabends im 3. Programm gesehen (da gab es in den 80ern noch s/w-Klassiker) oder eben im Kino. Von vielen Filmen weiß ich noch, dass ich sie gesehen habe und dass ich sie gut oder schlecht fand, aber im Detail darüber diskutieren könnte ich heute nicht mehr.

Erst viel später, nach der Studentenzeit, habe ich mir einen DVD-Player geleistet und angefangen, Klassiker auf DVD zu sammeln. Allzu riesig ist meine Sammlung aber nicht; viele Filme schauen kostet ja auch Zeit, die hätte ich als Student gehabt, aber damals hatte ich ja noch keine DVDs.

Weil ich an alles gern analytisch rangehe, habe ich mir noch als Schüler die beiden Gregor/Patalas-Bände "Geschichte des Films" (von Rowohlt) gekauft. Ich war völlig baff, was es alles gibt, und hatte keine Ahnung, wie man denn an diese ganzen Filme rankommen könnte. Manchmal gab es dann einen der dort genannten Filme im Programmkino, dann musste ich den unbedingt sehen. Leider war es manchmal nicht vorteilhaft, schon viel darüber gelesen zu haben, manche Filme haben mich deswegen wohl weniger beeindruckt, als wenn ich unvoreingenommen rangegangen wäre. Was man als "Klassiker" empfindet, hängt eben viel von der Situation ab, in der man den Film zum ersten Mal gesehen hat.

Glück hatte ich z.B. mit Citizen Kane, ich wusste vorher noch nicht, was es mit Rosebud auf sich hat. Dieser Film hat mich total beeindruckt, die Erzählstruktur mit den verschiedenen Blickwinkeln und dann natürlich die letzte Einstellung, mit der Rosebud plötzlich Sinn ergibt. Den Film habe ich (auf DVD) schon mehrmals wieder angesehen, und ich bin immer noch begeistert.

All-time-favorites bleiben für mich viele Billy-Wilder-Filme. Das Apartment, witzig und traurig, der perfekte Film aus meiner Sicht. Some like it hot, Double Indemnity, Sunset Boulevard; das schaue ich alles immer wieder und bin nie gelangweilt.

Als Student bin ich sicher jede zweite Woche ins Kino; es war die Zeit von Fargo, Schweigen der Lämmer, Forrest Gump, Schindlers Liste. Was für Filme. Wann war ich zum letzten Mal im Kino? Vor drei Jahren, vor vier Jahren? Kino ist ja auch sehr teuer geworden, und wenn dann Leute aus der Generation Smartphone im Raum sind, die keine zwei Stunden von ihrem Handy lassen können (weshalb ständig im dunklen Raum Licht vom Handy aufblitzt), werde ich misanthropisch und sehne mich nach dem Sofa und dem DVD-Player zu Hause.

Und wo sind die Filme, die ich unbedingt sehen will? Dieses ganze Action-CGI-Special-Effects-Zeug interessiert mich nicht, ich will eine Geschichte erzählt bekommen, die mich packt, überrascht, lachen oder bangen lässt. Vor zehn Jahren habe ich auf Langsteckenflügen Filme noch unter "aktuell im Kino" ausgewählt ("toll, sehe ich den Film schon, bevor er auf DVD kommt"), mittlerweile ist da meist nichts mehr dabei, was mich interessiert, und dann wird es doch wieder ein Klassiker. (Ich habe tatsächlich Keatons General vor ein paar Monaten zum ersten Mal gesehen, weil Lufthansa ihn in diesem Jahr unter den "Klassikern" angeboten hat.) Diese Erfahrung nennt man wohl Altwerden.

So, jetzt gehe ich wieder in den Lesemodus. Es sei denn, es wird mal über Wilder, Hitchcock, Chaplin oder Allen diskutiert.
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