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Alt 10.03.2022, 20:00   #5826  
God_W.
Captain Rezi
 
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Mac Coy – Gesamtausgabe Band 5



Was hat der avant-verlag hier nur wieder für ein Prachtpaket geschnürt. Fünf ganze Alben, alle in deutscher Erstveröffentlichung auf über 250 wertigen Seiten in massivem Hardcover-Einband und mit sauberem Druck. Western-Freund, was willst Du mehr, vor allem für, gemessen am Inhalt, schlanke 39,95 Euro? Also keine Müdigkeit vorschützen, die Kavallerie bläst zum Angriff…

In „Aufstand der Apachen“ begibt sich der Stamm auf den Kriegspfad und entführt Melanie, die Tochter von Major Miller, seines Zeichens stellvertretender Kommandeur in Fort Apache, in dem Mac Coy bekanntermaßen seinen Dienst tut. Natürlich startet umgehend eine Rettungsmission, die sich zu einer atemlosen Hetzjagd ausweitet, welche Mensch und Tier gleichermaßen beansprucht. Als es Richtung mexikanischer Grenze geht spitzt sich die Lage enorm zu, und auch der etwas undurchsichtige Lieutenant Cox, der erst kürzlich in das Fort versetzt wurde, scheint nicht ganz koscher zu sein…

Spannend und wie immer toll gezeichnet, wenn man Palacios‘ Stil denn mag. Dachte ich erst, dass so manche Szene deutlich zu offensichtlich und verräterisch inszeniert wurde, was dazu führte, dass das Handeln einiger Protagonisten als äußerst dumm anzusehen war. Zum Glück hat sich das zum Ende hin aber doch nochmal ein gutes Stück weit gewandelt und es wurde doch noch eine überraschende Wendung für mich bereitgehalten.

Nach all den Strapazen braucht Mac Coy mal eine Auszeit. Er mach Urlaub und zieht in die verschneiten Escabroso-Berge, denn bei einem gepflegten Jagdausflug entspannt sich der Lieutenant am besten. Zumindest wenn kein Bär aus dem Unterholz bricht, sein Pferd tötet und ihn einen Abhang hinunterstürzt. Tja, manchmal kommt es eben dicke, doch zum Glück kommt Mac Coy auch zu Fuß ganz gut in der Wildnis klar, macht sich an den Abstieg und trifft nach einigen Tagen glücklicherweise auf die Postkutsche nach Canyon City, welche den Pechvogel aufsammelt. An Bord dieser Kutsche findet sich neben einer bunt zusammengewürfelten Riege von Passagieren auch „Die geheimnisvolle Truhe“. Die soll noch eine gewichtige Rolle spielen, vor allem als die Indianer ins Spiel kommen…

Eine für Mac Coy Verhältnisse ultrabrutale Story, die durch ihre ausgiebige, hochspannende Belagerungsszene besticht, zeitlich (was das Erscheinen angeht) aber auch perfekt in die 70er gepasst hätte, denn so manches mal habe ich mich beim Lesen schon gefragt, was Autor Jean-Pierre Gourmelen während des Schreibens so alles geraucht hat.

Im dritten Album des Bandes wird der frisch beförderte Hauptmann Mac Coy vom Geheimdienst der Armee rekrutiert um nach Mexiko überzusetzen und einen für den Präsidenten enorm wichtigen Brief aus einem Banktresor zu stehlen. Zu diesem Zweck wurde zuvor bereits eine äußerst schlagkräftige Diebesbande eigens aus dem Gefängnis entlassen, mit Aussicht auf Amnestie bei Erfolg der Mission, diese Truppe ist jedoch kläglich gescheitert. Ob Mac Coy mit List und Raffinesse da mehr ausrichten kann?

Tolle Episode, die mit einem actiongeladenen Start loslegt, dann eine spannende Geschichte aufbaut, im weiteren Verlauf mit überraschenden Wendungen, weiterer Action und ganz viel Humor aufzuwarten weiß, bevor das Finale dann sicherlich die Leserschaft spalten wird – Ich fands witzig.

Wie bringt man im Grunde rechtschaffene Männer, ehrbare Kavalleristen dazu all ihre Prinzipien über Bord zu werfen, Befehle zu verweigern, zu desertieren und nach und nach zu wilden Tieren zu mutieren? Ganz einfach, dazu reicht die Aussicht auf eine riesige Menge Gold. Diese stellt einem kleinen Trupp, angeführt von Hauptmann Mac Coy, die hübsche Miss Kate in Aussicht. Schneller als gedacht findet sich der Hauptmann gefesselt wieder und die Truppe auf dem Weg in die gefährlichen Geister-Berge, wo der geheimnisvolle Goldschatz versteckt sein soll…

„Auf der Suche nach Miss Kate“ ist ein knallharter Vertreter des Western-Genres, in dem die schlechtesten Seiten der Menschen nach außen gekehrt werden. Nach bekanntem Muster wachsen Gier und Misstrauen exponentiell an, bis das langsame Sterben beginnt und der Wahnsinn um sich greift. Äußerst brutal und nicht für jeden wartet ein Happy End.

Es gibt nichts was einem altgedienten Veteranen mehr auf den Zeiger geht als ein junger Frischling. Ein besserwisserischer Paragraphenreiter der zum ersten mal in die weite Prärie geschickt wird, zum ersten mal mit Indianern zu tun hat, zum ersten mal überhaupt hinter seinem Schreibtisch hervorgekrochen kommt, der aber aufgrund seiner höheren Offiziersschule direkt das Kommando übernimmt. So geht es den Truppen von Fort Apache, denn ausgerechnet während Mac Coy auf einem Jagdausflug war ist Colonel Hood in den Ruhestand eingetreten und hat sich auf in die Heimat gemacht. Der ihm nachfolgende Major ist ein hocharroganter Grünspan, hat einen Stock verschluckt und einen Silberlöffel im Arsch, mit welchem er zuvor offenbar die Weisheit löffelweise eingeschaufelt bekam.

Eine Patrouille hat kürzlich eine Chiricahua gefangen genommen, die Frau von Häuptling Asesino, der auf die Männer in den blauen Uniformen sowieso nicht gut zu sprechen ist. Als der sich seine Squaw zurückholt und gleichzeitig die Tochter eines Soldaten des Forts entführt macht sich der ach so weise Major umgehend mit einem Trupp unerfahrener Leute und ohne Späher an die Verfolgung. Während Mac Coy außerhalb des Forts unterwegs war stürmte der neue Befehlshaber also sehenden Auges in Indianergebiet. Als Alexis Mac Coy, gerade zurück im Fort, von dieser Dummheit erfährt, macht er sich mit seinen erfahrenen Veteranen natürlich sofort auf die Suche nach der „Verschwundenen Patrouille“.

Das war er also, der letzte Ritt des Hauptmanns Alexis Mac Coy, und ich muss sagen der ist wirklich hervorragend gelungen. Allgemein ist die Serie in der zweiten Hälfte mächtig erwachsen geworden möchte ich behaupten. Hatten wir zu Beginn noch eher den abenteuerlichen 50er Jahre Kavallerie-Western mit Saubermann-Helden, so wurde es hinten raus doch richtig dreckig, blutig und böse. Natürlich nicht in dem abgefahrenen Maße wie beispielsweise bei Bouncer, aber doch mit ordentlicher Härte und mit erwachseneren, streckenweise dramatischen oder sogar melancholischen Stories. Meine Hochachtung an den Avant-Verlag, der die Reihe durchgezogen hat und uns sogar reichlich in Deutschland bislang unveröffentlichtes Material bescherte. Ganz großes Western-Kino in außergewöhnlichen Bildern, die Antonio H. Palacios geschaffen hat und die vor allem in den späteren Alben auch mutig coloriert wurden. Das mag vielleicht nicht jeden Geschmack treffen, ist aber ganz sicher keine Einheitsbrei-Optik.

9/10

VG, God_W.
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