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Alt 02.11.2021, 22:59   #244  
Peter L. Opmann
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Conan the Barbarian # 25 / Marvel-Superhelden-Comic-Taschenbuch: Conan # 3 / Conan der Barbar, Classic Collection # 1

Erscheinungstermin:
April 1973 / 1980 (?) / 2019

Story-Titel: Die Spiegel von Kharam-Akkad

Original-Storytitel: The Mirrors of Kharam Akkad

Zeichnungen: John Buscema, Sal Buscema und John Severin

Text: Roy Thomas

Übersetzung: Michael Strittmatter

Das Debüt von John Buscema ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Einerseits verbessert er das Artwork deutlich, andererseits fällt er aber auch im Vergleich zu seinem Vorgänger ab. Roy Thomas betrachtet die Sache im Vorwort rein geschäftlich: Buscema lehnte es ab, die Inks selbst zu übernehmen, weil das für sein Einkommensniveau zu schlecht bezahlt war. Aber auch das sagt etwas aus. Während Barry Smith die Serie bis zu einem gewissen Grad am Herzen lag und er sich bei Bedarf auch gern selbst inkte, dachte Buscema in erster Linie ans Geld. Ich kann allerdings nachvollziehen, daß er „Conan“ lieber zeichnete als eine Superheldenserie, die in New York spielte: Hier brauchte er keine Vorlagen für Wolkenkratzer, Autos oder Geschäftsfassaden, sondern konnte nach Lust und Laune draufloszeichnen. Trotzdem merkt man hier den Unterschied zu Smith wohl am stärksten: Buscema legt keinen Wert darauf, eine einprägsame Fantasywelt zu erschaffen, sondern arbeitet nach Bedarf mit Versatzstücken orientalischer Kulissen, Paläste oder exotischer Kleidung.

Man kann es auch positiv ausdrücken: Buscema visualisiert die hyborische Welt mit stets dem geringsten nötigen Aufwand. Das muß man auch können. Und in einer weiteren Hinsicht ist er Smith eindeutig überlegen: Er bringt die Handlung in jedem Panel auf den Punkt und erzählt sehr effektiv mit der Abfolge der Bilder. Mitunter scheut er vor platten Klischees – theatralischen Gesten, die man x-mal gesehen hat, oder hemmungslos übertriebenen Gesichtsausdrücken – nicht zurück. Aber er findet immer die dramatischste Perspektive, und die Action vermittelt sich immer drastisch und direkt. Da kommt Barry Smith bei weitem nicht mit. Und dabei muß man berücksichtigen, daß Buscema im Verlauf seines Runs noch wesentlich besser geworden ist und im Magazin „Savage Sword“ bestechendere Arbeiten abgeliefert hat als in der Heftserie.

Bemerkenswert: Kaum ist Smith weg, läuft die Story auf einen Clou zu, wenngleich der aus antiken Sagen stammt. Als Vorlage ist die Howard-Erzählung „Die Spiegel von Tuzun Thune“ angegeben. Der Magier Kharam-Akkad erfährt eine Weissagung über sein eigenes Ende, kann aber die entscheidenden Elemente erst entschlüsseln, als es für ihn zu spät ist. Fassen wir die Story kurz zusammen: Kharam-Akkad ahnt von Anfang an, daß sein Schicksal mit dem von Conan unheilvoll verknüpft ist. Im Spiegel, so erfahren wir jetzt, hat er sich selbst gesehen, ermordet von dem Cimmerier. Er beschließt, Conan verhaften und ins Gefängnis werfen zu lassen, damit diese Prophezeiung nicht Wirklichkeit werden kann. Wohl als Zugeständnis an den Stil Smiths in den vorhergehenden Heften werden zwei locker collagierte Seiten eingefügt, auf denen der Ursprung des Spiegel-Orakels am Hof von King Kull gezeigt wird. Nach hartem Kampf mit der königlichen Garde wird Conan überwältigt und landet gebunden im Königspalast. Auch die Königin hat dunkle Vorahnungen. Und wir werfen kurz einen Blick ins Lager der Turanier, die Makkalet belagern, und die sich ebenso von hellsichtigen Magiern leiten lassen.

Kharam-Akkad läßt auch Conan einen Blick in den Spiegel werfen, wobei er sich als Skelett erblickt. Conan soll von Tentakeln in den Spiegel gezogen werden, da gelingt es ihm, seine Fesseln zu sprengen. Während die Turanier den Sturm auf Makkalet beginnen, stürzen sich Conan und Kharam-Akkad im finalen Schwertduell aufeinander. Damit ist die Prophezeiung beinahe schon erfüllt. Aber am Ende sieht der Magier Symbole, die er bisher nicht deuten konnte und die andere als unwichtig abgetan haben: einen Adler in Form eines Schwertknaufs, eine Schlange, versinnbildlicht durch Schildriemen aus Schlangenhaut, und Conan selbst als Löwen, wofür allerdings etwas vorweggenommen werden muß: Conan wird später, in der „Amra“-Serie, als Löwe bezeichnet werden (das hat dann John Buscema ein paar Jahre später tatsächlich gezeichnet).

Alles andere als eine geniale Story, und auch Buscema zeichnet hier routiniert, aber keineswegs überragend. Aber die Serie nimmt mit ihrem neuen Zeichner eine bemerkenswerte Wendung. Barry Smith wird – wohl nur in dieser Ausgabe – in den Credits noch einmal als Mitschöpfer des Comic-Conan gewürdigt. Ich denke, „Conan“ wird nun für eine breitere Gruppe von Comiclesern konsumierbar. Wie die Leser tatsächlich reagiert haben, muß ich demnächst nachsehen. Die „Classic Collection“, Band 2, habe ich mir noch nicht besorgt.
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