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Alt 16.02.2021, 09:16   #3819  
pecush
Geisterjäger
 
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Preacher (Reread)

Prediger Jesse Custer, in dessen Körper der Geist einer himmlischen Kraft fährt, macht sich auf die Suche nach Gott. Der hat den Himmel verlassen hat. Custer will die Beweggründe des Allmächtigen erfahren, er will wissen, warum Gott Leid über die Erde gebracht und die Menschen sich selbst überlassen hat. Unterstützung bei seiner Suche erhält der Prediger vom irischen Vampir Cassidy und seiner blondhaarigen Exfreundin Tulip, die sich als Auftrakgskillerin versucht hat. Das Trio trifft bei ihrer Suche durch Amerika einem skrupellosen Geheimbund, der das Erbe Jesu Christi bewahren will, einem untoten Revolvermann sowie zahlreichen Gestalten, die in ihrer Unmenschlichkeit selbst Ausgeburten der Hölle sein könnten.
Nach einer Veröffentlichung in Paperbacks erschien die Comicserie "Preacher" von Garth Ennis und Steve Dillon ab 1998 auch in Deutschland im Heftformat. Die 66-teilige abgeschlossene DC/Vertigo-Reihe kam auf 33 Ausgaben beim Verlag Speed - und schockte mit seinen Bilder von Sex, Gewalt und einem umstrittenen Gottesbild.
Nach rund 20 Jahren habe ich die Hefte jetzt noch einmal komplett gelesen und muss sagen, das die Story nichts von ihrer Vielfältigkeit eingebüßt hat, wobei man sich auf erwähnte Themen einlassen muss!
Einige Details und Figuren habe ich wiederentdeckt (die Musikkarriere eines Arschgesicht genannten Teenagers, die Agenten Hoover und Featherstone), einiges Erwartete brachte mich wieder zum Lachen (Allvater D'Aronique, die zunehmende Verstümmelung von Allvater Starr). Brutalität, Dramatik, schwärzester Humor reichen sich die Hand, wobei ich nach wie vor der Ansicht bin, dass die gezeigte Gewalt nicht des Schockwillens gezeigt wird (wie es mir in einigen späteren Geschichten von Ennis vorkommt), sondern einen Sinn für die Handlung ergibt.
Hier und dort schleicht sich auch mal eine Länge ein, was einerseits bei der Dauer von 66 Kapiteln nicht zu vermeiden ist (zumal es nach einigen großen Konfrontationen auch mal Ruhepausen benötigt), andererseits aber schon deutlich kürzere Serie ihren Spannungsbogen nicht aufrechterhalten wollen.
Schön übrigens, dass "Preacher" ihr (melancholisches) Ende gefunden hat - auch wenn die ein oder andere Frage offenbleibt - und kein Endlos-Konzept daraus entwickelt wurde. Neuauflagen und Weitererzählungen wie beispielsweise bei "Watchmen" hat es zum Glück (bislang?!) noch nicht gegeben.
Neben der vielschichtigen Erzählung überzeugen auch die Bilder von Steve Dillon († 2016): Einfach gehalten (nicht, dass ich so zeichnen könnte!), hier und da muten die Proportionen auch seltsam an, aber mit einem eigenen, unverwechselbaren Stil, der Ennis’ Geschichte perfekt ergänzt - ich finde, ihre Zusammenarbeit war die beste Kombination; so gefallen mir Ennis' spätere "Punisher"-Geschichten immer dann am besten, wenn er mit Dillon zusammengearbeitet hat.
Großartig bleiben übrigens auch die Cover von Glenn Fabry - gemalte Kunstwerke; wobei man seinen Worten im lohnenswerten Buch "Dead or Alive - The Collected Covers", zustimmen darf, dass nicht jedes Bild ein Volltreffer ist.
Für mich bleibt Preacher eine der besten Comicserien; mal schauen, ob ich wieder 20 Jahre benötige, um sie noch einmal zu lesen.

Ach ja, zu der Serie gibts auch eine Fernsehserie. Da habe ich aber nur die erste Folge von gesehen…
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