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Alt 25.06.2011, 15:06   #1614  
michidiers
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Hier kommt einmal ein ganz besonderes Comicalbum, das ich gestern und heute gelesen habe:

Mort Cinder
Band 2



von Alberto Breccia und Hector Oesterheld

Nach Aufenthalt eines argentinischen Austausschülers hier bei uns in Oldenburg, ein Aufenthalt meines Sohne dort und der Lektüre eines Buches mit dem Titel "Die Erinnerung der Verlorenen" begann ich mich mehr und mehr für Land Argentinien zu interessieren. Die "Erinnerung der Verlorenen - "Las memorias de los perdidos" behandelt u.a. das Thema der politisch Verfolgten während der Militärjunta in den 70ern in Argentinien, welche für vielen tausende politischer Gefangener den grausame Folter und Tod zur Folge hatte.

So kam ich als Comicinteressierter zwangsläufig auch auf das aufwühlende Schicksal des argentininschen Comicautors und – zeichners Hector Oesterheld, ein Sohn einer spanischen Mutter und eines deutschen Vaters. Der war u.a. Zu Beginn der 70er Jahre für die Graphic Novel "Che" (ist gerade wieder neu aufgelegt worden) als Künstler verantwortlich. Das brachte ihn Jahre später vermutlich auf die Todesliste der argentinischen Machthaber als subersiv-revolutionäres Element. Oesterheld und seine vier Töchter verschwanden spurlos in einem der Todes- und Foltergefängnisse der Junta.

Als Erbe hinterlies er u.a die Comifigur Mort Cinder, die er als Autor zusammen mit dem Zeichner Alberto Breccia schuf. Ich habe nur den zweiten Band und kaum Hintergrundmaterial zu der Serie, Mort Cinder scheint aber ein unsterblicher Mensch zu sein, der schon an vielen bedeutsamen geschichtlichen Ereignissen vergangener Jahrtausende teilnahm. In dem Album lebt er in London der 60er Jahre zusammen mit einem Antiquitätenhändler. Dabei entstehen durch die Antiquitäten im Geschäft immer wieder Anlässe zu Geschichten, die Mort Cinder aus seiner Erinnerung erzählt.

Die Erzählungen behandeln reale Ereignisse aus der Erinnerung, die mit Fantasy-, S/F- und Horroelelementen dramatisiert werden. Das sind faszinierende und unheimliche Geschichten aus der Tiefe der menschlichen Historie. Alberto Breccias ziechnerisches Talent schafft dabei ein unheimliches Szenario. Er benutzt einen entschlossenen und festen Federstrich, der fast wie mit dem Skalpell geschnitten wirkt.

Mort Cinders Schicksal bleibt vollkommen im Dunkeln. Warum er unsterblich ist, bleibt unbekannt. Er tritt in der Regel in die Rolle eines Sklavens, Kriegers oder Häftlings. Damit ist seine Unsterlichkeit wohl eine schrekcliche Qual. Wie ein Fluch zieht sich seine Rolle als Mensch der Unterschicht durch die Jahhunderte. So wird das Leben für ihn nahezu zu einer Hölle auf Erden. Ob Oesterheld wohl hier schon düstere Vorahnungen an seine kommendes Schicksal hatte...?

Besonderen Augenmerk verdient dabei übrigens die letze Story "Die Schlacht bei den Thermopylen". Graphisch und Erzählerisch wirkt diese fast wie ein Prototyp zu "300". Ich habe für das 90Seiten Album nur 1,50 Euro bei Ebay bezahlt. Eine kleine Investition für ein großes und auch bewegendes Comicerlebnis.
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