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Alt 19.06.2011, 14:04   #1602  
michidiers
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Nach langer Zeit habe ich mich einmal wieder an einen Comic von DC herangewagt:



Batman

Arkham Asylum: Madness

von Sam Keith

Inhalt: Krankenschwester zu sein, ist schon ein schwerer Job. Wenn Du aber Deinen Beruf im Arkham Asylum, der berühmt-berüchtigten Nervenheilanstalt für psychisch gestörte Schwerverbrecher, ausübst, dann bist Du wirklich nicht zu beneiden. Wir begleiten die Krankenschwester Sabine in ihrer Doppelschicht über 24 Stunden in diesem Hort des Schreckens, in dem das verzweifelte Personal sich mit dem täglichen Wahnsinn des Jokers, Two Face, Scarecrow und anderen herumzuquälen hat.

Wenn man mich nach herausragenden Symboliken im Genre der Superhelden fragt, würde ich wohl schnell auf Arkham Asylum kommen. Wie kein anderer Ort übte diese Hölle auf Erden eine gewisse Anziehungskraft auf mich auf. Das alte und stets so düstere viktorianische Gebäude mit den vielen Zellen, in denen die wahnsinnigen Widersacher von Batman und Robin ihr Dasein fristen, steht wohl wie kaum ein anderes für Wahnsinn, Gewalt und Boshaftigkeit.

Sam Keith hat sich in dieser Graphic Novel dieses Sinnbildes für den Wahnsinn angenommen und eine Story mit einem faszinierenden Artwork geschaffen. Seine Hauptfigur ist die junge und unscheinbare Krankenschwester Sabine, die nur wegen ihres Sohnes diesen aufreibenden und gefährlichen Job angenommen hat. Sie wirkt wie die personifizierte Unschuld und ist in diesem düsteren Szenario wie etwas, was dort nicht hingehört. Sie ist wie die letzte kleine Blume der Vernunft und Unschuld in einer Apokalypse, in der alle Beteiligten längst ihre letzten Hoffnungen verloren haben.

Autor und Zeichner Sam Keith lässt Arkham mehr als nur die Summe seiner Bestandteile sein. Arkham ist mehr als ein Gebäude, das Personal und die Insassen. Arkham ist in seiner Gesamtheit wie ein lebendiges Wesen. Ein Wesen, in dessen Gehirn sich die tiefsten Abgründe der Menschlichen Seele und die Urängste menschlicher Wesen bilden. Aber es kann auch ein Hort der Ideen, der Inspiration und der Kreativität sein. So spricht der Volksmund nicht umsonst vom Sprichwort „Genie und Wahnsinn liegen eng beieinander“. Ob Sam Keith hier auch selbstreferierend etwas von sich Preisgeben wollte, das sei aber einmal dahingestellt.

Einen üblichen Spannungsbogen, einen ausgefeilten Plot oder gar einen Einsatz des Dunklen Ritters Batman wird man vergeblich suchen. Der Rote Faden ist die Zeit, die sich für das Personal quälend langsam durch die Arbeitsschicht zieht. So scheint hier fast die Zeit stehengeblieben zu sein, alles ist baufällig, morbide und mit einer Alterspatina überzogen. Sam Keith zeigt sich dabei für Text und Zeichnungen verantwortlich, was sich an der atmosphärischen Dichte der Vorgänge und eine spannendes Wechselspiel von Wort und Bild festmachen lässt. Keith hat sich dabei mehrerer Techniken und Stile bedient. Düstere Schatten- und Farbspiele wechseln sich mit Collagen und cartoonartigen Zeichnungen ab. Manchmal wähnt man sich fast schon in einem lustigen Kinderbuch, nur um dann auf der nächsten Seite in ein verstörendes Loch voller Farben und Schatten zu fallen, auf der einem die hässliche Fratze des Jokers entgegenlacht.

Diese Ausgabe ist eine von denen, die man wohl nicht so schnell oder auch nie vergessen wird. Dabei kommt es auf den Inhalt gar nicht so an. Es sind die verstörenden Bilder, die sich einem ins Gehirn festbrennen und im Langzeitgedächtnis wohl für immer abgespeichert bleiben werden.
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