Thema: Ray Clark
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Alt 18.06.2011, 02:00   #4  
Mick Baxter
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Zum Einstiegs mal ein Interview, das unser ComicRichy 1985 mit Walter Hohenforch führte:

Zitat:
„Raritäten in mäßigem Zustand“

Richard Eckardt im Gespräch mit Walter Hohenforch, dem Herausgeber der Ray-Clark-Piccolos. Das Interview wurde im Sommer 1985 geführt.

Richard Eckardt: Walter, zunächst etwas zu deiner Person.

Walter Hohenforch: Ich wurde am 2. Februar 1950 in Ulm geboren. Ich bin von Beruf Reprofotograf, bin verheiratet und habe zwei Kinder. Ich sammle seit frühester Jugend Comics und nebenbei mach ich noch etwas Musik.

Richard Eckardt: Welche Comics hast du gelesen?

Walter Hohenforch: Alles, was ich in die Finger bekam. Piccolo-Hefte (Sigurd, Akim, Nick, Silberpfeil, Tibor, Falk, Pit und Alf, Ahoi, Texasboy), aber auch Großbände natürlich und den Heiteren Fridolin. Das war natürlich auch eine Frage des Geldes. Viele Sachen hab ich nur bei Freunden lesen können, viele meiner eigenen Hefte hab ich verloren. Das hab ich sehr bedauert, als ich ernsthaft zu sammeln anfing.

Richard Eckardt: Wann war das?

Walter Hohenforch: Ziemlich spät eigentlich, so 1977. Ich hab ja die alten Sachen nie weggeworfen, aber erst da fing ich an, meine Sammlung zu ergänzen. Hier im Süden ist ja nicht so viel los mit Sammlern, und vor 1979 schon gar nicht. Ich hab auch einfach nicht die Kontakte gehabt, zum INCOS zum Beispiel. Ein großer Teil meiner Sammlung besteht deshalb auch nur aus Nachdrucken, vor allem aus dem Hethke-Verlag, aber auch vom Comic Club Hannover oder von Norbert Dargatz. Viele Sachen hab ich mir einfach nicht leisten können, die waren zu der Zeit, als ich anfing, schon zu teuer. Aber ich hab auch ein paar Raritäten, leider in einem mäßigen Zustand.

Richard Eckardt: Sammelst du auch neue Comics, z.B. Erwachsenencomics?

Walter Hohenforch: Sehr wenig. Natürlich die Sachen, die ich noch aus dem Heiteren Fridolin kenne: Lucky Luke, Spirou, Buck Danny, dann die neuen Piccolos Jarro, Die Söldner und Ingold.

Richard Eckardt: Und jetzt gibst du selber ein Piccolo-Heft heraus. Wie kam es dazu?

Walter Hohenforch: Ja, aber einen Nachdruck, keine neuen Sachen. Wie kam ich dazu ... Also, dazu muß ich erst mal erklären, daß mein Vater von etwa 1951 bis zum Konkurs 1957 beim Jugendschriftenverlag Walther Lingen gearbeitet hat. Das war eine ganz kleine Klitsche, eigentlich eine Druckerei; die druckten Visitenkarten, Hochzeitsanzeigen und so. Dann, ich glaube ab 1955, gab er eine Jugendzeitschrift namens Die Jurte heraus, nichts Besonderes, so mit Rätseln, Suchbildern, mit Kurzgeschichten, ein bißchen für Pfadfinder und ein bißchen religiös. Ja, und dann sollte Ray Clark erscheinen. Lingen hatte wahrscheinlich die Verkaufszahlen von Lehning irgendwo gehört und wollte da mitmischen.

Richard Eckardt: Bevor es soweit war, wurde Walther Lingen verhaftet. Weißt du, was da los war?

Walter Hohenforch: Das ist alles sehr verworren. Soweit ich das recherchieren konnte, hing es mit der „Affäre Agartz“* zusammen. Dr. Viktor Agartz, ein fortschrittlicher Gewerkschaftsfunktionär, war 1957 verhaftet worden, weil die von ihm publizierte WISO – Korrespondenz für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften teilweise vom FDGB, das ist der Gewerkschaftsbund in der DDR, mitfinanziert wurde. Lingen hatte wohl einige Ausgaben des Blattes gedruckt und war so in den Geldkreislauf involviert. Ob er sonst etwas mit Agartz zu tun hatte, weiß ich nicht, jedenfalls reichte es für eine Verhaftung aus. Seine Jugendzeitschrift erschien noch ein, zwei mal, aber alle neuen Projekte lagen auf Eis. Und dann kam ja im November der Konkurs.

Richard Eckardt: Du hast deinen Vater erwähnt ...

Walter Hohenforch: Ja, er ist der Grund, warum ich überhaupt auf Ray Clark gekommen bin. Mein Vater hat mir immer schon Druckbögen mitgebracht; von dieser Jugendzeitschrift und dann auch Andruckbögen von Ray Clark. Ich hab mir die Sachen ausgeschnitten und zu Heften zusammengeklebt. Ich war wahrscheinlich der einzige Junge, der dieses Heft hatte. Leider ist es mir, wie viele meiner Piccolo-Hefte verlorengegangen. Ich hab meine Sachen ziemlich oft verliehen.

Richard Eckardt: Wann kam dir der Gedanke, Ray Clark als Reprint herauszubringen?

Walter Hohenforch: Also, Reprint stimmt ja eigentlich nicht, weil ja nur ein oder zwei Hefte im Andruck vorlagen. Deutsche Erstveröffentlichung ist da schon richtiger. Ja, 1981 hab ich in Italien eine Hardcoverausgabe der Serie entdeckt. Ray Clark ist dort von 1952 bis 1961 erschienen und war ziemlich populär. Das ist auch so geblieben, wie man mir gesagt hat. Der Reprint verkauft sich ziemlich gut. So wie bei uns die Wäscher-Sachen. Ja, von da an hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen, das in Deutschland auch zu machen. Ich wollte allerdings das Piccolo-Format, der italienische Reprint ist ja ein Hardcoverband im Großbandformat.

Richard Eckardt: Ray Clark erscheint jetzt aber im Buch Musik und Film Verlag ...

Walter Hohenforch: Richtig. Ich bin aber der Herausgeber. Ich kenn den Burkhard Ihme schon ein paar Jahre, und jetzt hat er ja den Buch Musik und Film Verlag gegründet. Ich hab ihm von meiner Idee erzählt, und er wollte das machen. er bringt ja sonst nur eigene Sachen heraus (Reino) und erhofft sich wohl, einen neuen Kundenkreis anzusprechen ...
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