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Alt 17.09.2009, 18:38   #17  
Peter L. Opmann
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Howard the Duck # 5. Marvel Comics Group New York (1980)

Ein Onkel von mir machte eine Reise nach USA. Ich erkannte sofort die Chance, an US-Superheldencomics ranzukommen, und schrieb ihm eine lange Wunschliste von Marvel-Comics, die er mir mitbringen sollte. Auf der Liste standen nicht nur die Titel, die ich in deutscher Fassung kannte, sondern auch solche, die der Williams-Verlag hin und wieder auf redaktionellen Seiten vorgestellt hatte. Kosten spielten keine Rolle! Mein Onkel brachte mir schließlich nur fünf oder sechs Hefte mit, die brauchte ich aber auch nicht zu bezahlen. Er erzählte mir, es sei gar nicht so einfach gewesen, Comics zu finden (ich weiß nicht mehr, welche Teile der USA er bereist hat). Nachdem er sich mehrmals vergeblich in Kiosken umgesehen habe, sei er in einen Laden gera¬ten, der ganz auf Comics spezialisiert gewesen sei. Meterweise Regale ausschließlich mit bunten Heftchen! Da sei er mit meinem Zettel hilflos davor-gestanden und habe schließlich den Verkäufer bitten müssen, ihm beim Suchen zu helfen. Auf meiner Liste stand unter anderem "Howard the Duck", ein Heft, das die Williams-Redaktion als ein ganz ungewöhnliches Projekt vorgestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings die Heftserie bereits eingestellt und durch ein schwarz-weißes, eher an Erwachsene gerichtetes Magazin ersetzt worden. Die Satiren von Bill Mantlo, umgesetzt von einem meiner Lieblingszeichner, Gene Colan, und von dem mir bis dato unbekannten Michael Golden, waren auf einem viel höheren Niveau, als ich das von den Heften gewöhnt war. Goldens Dracula-Parodie war hervorragend gezeichnet: Sein klarer, aber sehr detailreicher und eleganter Zeichenstil sprach mich sofort an. Mit der anderen Geschichte namens "Captain Americana" bin ich etwas später noch groß herausgekommen. Am Ende des Englisch-Kurses durften wir eigene englische Lektüre mitbringen und vorstellen. Mein Englischlehrer war zuerst äußerst skeptisch, als ich ein Comicheft anschleppte. Aber die Geschichte der super-amerikanischen Familie, in deren typischer Vorortvilla ein Porträt von Joseph McCarthy hängt und die schnell den Fehler einsieht, einen Ausländer wie Howard als Babysitter engagiert zu haben, fand er dann zu seiner Überraschung ganz schön anspruchsvoll. Im Unterricht seien wohl gar nicht alle Feinheiten vermittelbar, meinte er, und ich platzte fast vor Stolz.
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