Sammlerforen.net

Sammlerforen.net (https://www.sammlerforen.net/forum.php)
-   Film und DVD (https://www.sammlerforen.net/forumdisplay.php?f=158)
-   -   Vom Schreiben zum Verfilmen (https://www.sammlerforen.net/showthread.php?t=38375)

G.Nem. 08.02.2017 19:00

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540927)
(...) Ein Haufen von Literaturverfilmungen wird als solche überhaupt nicht wahrgenommen ...

Kleine Provokation meinerseits > Film ist ein Medium für Menschen die nicht lesen können oder nicht lesen wollen. :D

Peter L. Opmann 08.02.2017 19:32

Übrigens: Ich war heute in der Buchhandlung, und es wurde bestätigt, daß man für mich im Web bestellen kann. Ich muß dann halt einen Aufpreis zahlen - aber das wär's mir wert.

Aber "Diebe wie wir" haben wir nicht gefunden. Die Buchhändlerin sagte zudem, sie bestellt nicht von jeder Website. Ich muß wohl zum Original greifen. "Thieves like us" wird seit dem Altman-Film immer wieder neu aufgelegt.

Servalan 08.02.2017 20:00

Zitat:

Zitat von G.Nem. (Beitrag 540937)
Kleine Provokation meinerseits > Film ist ein Medium für Menschen die nicht lesen können oder nicht lesen wollen. :D

Nun ja, da fange ich den Ball auf und werfe ihn ein wenig weiter:
Den meisten Leuten ist es piepegal, wo die Geschichten herkommen oder wer sie verfaßt hat. Hauptsache, mit ihnen läßt sich leicht die Zeit vertreiben.
Das meiste wird sowieso rasch vergessen. In Erinnerung bleibt ein schöner Abend im Kino (möglicherweise mit einem Essen vorher oder nachher) bzw. ein gelungener Abend unter Freunden.
Was da über den Bildschirm flimmert, ist eigentlich nur Mittel zum Zweck.

Ab und zu erreichen Geschichten mehr ... und dann verwandelt sich das Publikum in Fans, Nerds, Geeks ... komische Leute, halt. :zwinker:

Peter L. Opmann 08.02.2017 21:27

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540942)
Den meisten Leuten ist es piepegal, wo die Geschichten herkommen oder wer sie verfaßt hat. Hauptsache, mit ihnen läßt sich leicht die Zeit vertreiben.
Das meiste wird sowieso rasch vergessen. In Erinnerung bleibt ein schöner Abend im Kino (möglicherweise mit einem Essen vorher oder nachher) bzw. ein gelungener Abend unter Freunden.
Was da über den Bildschirm flimmert, ist eigentlich nur Mittel zum Zweck.

Ich habe den Eindruck, ich sitze da irgendwie zwischen den Stühlen. Es gibt nur ganz wenige Menschen, mit denen ich früher zusammen ins Kino gehen konnte (bis vor zehn Jahren habe ich mir jede Woche zwei bis drei Filme angesehen). Manche sagten mir eine halbe Stunde nach Verlassen des Kinos ganz offen, sie hätten den Film schon vergessen. Hat mich damals schockiert.

Aber ich kenne auch ein paar Kinofreaks, mit denen ich - ebenfalls vor Jahren - oft zusammen auf Festivals gefahren bin, zum Beispiel Berlin oder Hof. Die haben über mich den Kopf geschüttelt, weil ich dann sagte: Ich sehe mir nur ein bis zwei Filme pro Tag an, denn alles darüber hinaus ist Reizüberflutung. Die sahen es als obligatorisch an, beim Filmfest so viele Filme wie möglich zu gucken; das waren so fünf bis sieben pro Tag.

Mick Baxter 09.02.2017 00:44

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540834)
In den 1940er Jahren hatte eine freiere Bearbeitung wohl bedeutet, daß Die Spur des Falken in der auf ewig Produktionshölle verschwindet. Da zeigte sich die Meisterschaft eher darin, den Zensor zu überlisten und an ihm vorbei etwas Brisantes in den Kinosaal zu schmuggeln.

Es gab freiere Verfilmungen des Buchs. Aber nur die sehr werkgetreue von John Huston ist in die Filmgeschichte eingegangen.

G.Nem. 09.02.2017 07:48

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 540941)
Übrigens: Ich war heute in der Buchhandlung, und es wurde bestätigt, daß man für mich im Web bestellen kann. Ich muß dann halt einen Aufpreis zahlen - aber das wär's mir wert.

Der Aufpreis ist eben die Service-Leistung. Man hat keinen Nerv mehr mit der Lieferung, holt es einfach nur ab wenn es da ist. Außerdem unterstützt man damit den Erhalt von Buchläden in kleineren und mittleren Ortschaften, die wegen dem Online-Buchhandel unter Druck stehen.

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 540941)
Aber "Diebe wie wir" haben wir nicht gefunden.

Bist du ganz sicher, dass der Roman schon ins Deutsche übersetzt wurde? Ich hab grad mal bei ZVAB geschaut und dort nichts gefunden.

G.Nem. 09.02.2017 07:56

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540942)
Den meisten Leuten ist es piepegal, wo die Geschichten herkommen oder wer sie verfaßt hat. Hauptsache, mit ihnen läßt sich leicht die Zeit vertreiben.

Mir geht's eigentlich um etwas anderes. Die Film-Industrie hat es geschafft sich als Film-Kunst zu etablieren. Es gibt Film-Hochschulen. Der Comic oder Graphic Novel oder wie auch immer man es bezeichnen will, gilt weltweit immer noch als Medium für Minderbemittelte (wieder provokant formuliert).

Eine der Oscar-Verleihungs-Partys wird im Haus von Thomas Mann gefeiert.
Wieso feiert die Comic-Industrie nicht dort die Verleihung von Preisen? :D
Du musst lesen können um Comics zu goutieren.
Einen Film kann sich jeder Analphabet anschauen.

Wieso feiern die Analphabeten im Thomas-Mann-Haus ihre Film-Kunst und nicht wir unsere Comic-Lese-Kunst? :zwinker:

Peter L. Opmann 09.02.2017 09:20

Zitat:

Zitat von G.Nem. (Beitrag 540975)
Bist du ganz sicher, dass der Roman schon ins Deutsche übersetzt wurde? Ich hab grad mal bei ZVAB geschaut und dort nichts gefunden.

Ich suche nach dem Buch ja schon länger. Ich meine, ich habe mal eine deutsche Ausgabe im Internet gesehen. Aber vielleicht gibt's das Buch tatsächlich nur auf Englisch.

Wäre aber ungewöhnlich, daß ein Roman, der schon zweimal erfolgreich verfilmt wurde ("They live by Night" von 1949 ist Nicholas Rays Debütfilm!), in keiner deutschen Krimireihe auftaucht.

G.Nem. 09.02.2017 10:35

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 540977)
(...) Wäre aber ungewöhnlich, daß ein Roman, der schon zweimal erfolgreich verfilmt wurde ("They live by Night" von 1949 ist Nicholas Rays Debütfilm!), in keiner deutschen Krimireihe auftaucht.

So ungewöhnlich ist das nicht. Deutsche Verlage ignorieren vieles und grade Krimi hat ja auch den Ruch der Massenliteratur. "Wir" unterscheiden ja immer noch zwischen Hochliteratur und Trivialliteratur.

Hab jetzt noch mal ein bißchen im Netz geschaut, aber immer nur die englische Fassung gefunden. Auch mit Bildsuche kein Resultat für eine deutsche Fassung.

Servalan 09.02.2017 11:39

Zitat:

Zitat von Mick Baxter (Beitrag 540961)
Es gab freiere Verfilmungen des Buchs. Aber nur die sehr werkgetreue von John Huston ist in die Filmgeschichte eingegangen.

Huston und Bogart waren halt die besseren Selbstdarsteller, die über Jahrzehnte im Geschäft waren. Außerdem haben die später wiederholt zusammengearbeitet: Der Schatz der Sierra Madre (1948), Gangster in Key Largo (1948) und African Queen (1951). Jeder hat meist drei oder vier Filme pro Jahr ins Kino gebracht - heute unvorstellbar.

Bogart hat unglaubliches Glück bei seinen Rollen gehabt: Dank Casablanca (1942) ist er Teil der Filmgeschichte. Und privat galten Humphrey Bogart und Lauren Bacall als Traumpaar - sowohl vor wie hinter der Kamera.
Durch die Regenbogenpresse waren ihre Namen sogar Leuten geläufig, die nie ins Kino gegangen sind oder sich nicht für Filme interessiert haben. Das waren A-Promis.

Heute gibt es etliche tausend Möglichkeiten, um auf dem Malteser Falken von Huston/Bogart zu kommen. Aber bloß eine einzige, wenn du die zweite Verfilmung von Dashiell Hammett finden willst ...
Das Leben ist hart, aber ungerecht.

FrankDrake 09.02.2017 12:17

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540942)
Den meisten Leuten ist es piepegal, wo die Geschichten herkommen oder wer sie verfaßt hat. Hauptsache, mit ihnen läßt sich leicht die Zeit vertreiben.
Das meiste wird sowieso rasch vergessen. In Erinnerung bleibt ein schöner Abend im Kino (möglicherweise mit einem Essen vorher oder nachher) bzw. ein gelungener Abend unter Freunden.
Was da über den Bildschirm flimmert, ist eigentlich nur Mittel zum Zweck

:kratz:Das ist doch der Sinn eines guten Films, abschalten vom Alltag und sich unterhalten lassen.

Eldorado 09.02.2017 12:18

Zitat:

Zitat von G.Nem. (Beitrag 540975)
Man hat keinen Nerv mehr mit der Lieferung, holt es einfach nur ab wenn es da ist. Außerdem unterstützt man damit den Erhalt von Buchläden in kleineren und mittleren Ortschaften, die wegen dem Online-Buchhandel unter Druck stehen.

Also ich finde es ja aufwändiger, sich auf den Weg zu machen um etwas abzuholen, anstatt es sich einfach nach Hause schicken zu lassen. Und anscheinend sehen das Millionen andere ebenso. ;)
Diese Aktion, den Buchhändler zu unterstützen und für sich selbst im Internet bestellen zu lassen ist zwar ein klares und bewusstes Statement, aber einfach und bequem ist doch was Anderes.

Deiner Analyse der unterschiedlichen öffentlichen Rezeption von Filmen und Comics stimme ich allerdings zu.
Und weil ich ja nicht nur geldgieriger Händler sondern ebenfalls an der Förderung und Popularisierung der Comic-Kunst interessiert bin,
startet mit mir im März ein größeres Projekt, dass dazu hoffentlich etwas beitragen kann - hier zuerst gelesen! :ae:

Peter L. Opmann 09.02.2017 12:39

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Diese Aktion, den Buchhändler zu unterstützen und für sich selbst im Internet bestellen zu lassen ist zwar ein klares und bewusstes Statement, aber einfach und bequem ist doch was Anderes.

Kommt drauf an. Die Paketboten, die eine Karte in den Briefkasten werfen, ohne zu klingeln, weil sie schon vor einer halben Stunde Feierabend gehabt hätten, finde ich auch nicht sehr bequem. Manchmal ist man ja tatsächlich nicht zuhause, und selbst wenn man das Paket beim Nachbarn abholen kann, ist das auch nicht optimal.

Ich bin ohnehin fast täglich in der Innenstadt ungterwegs, und wenn ich dazu beitragen kann, daß die Buchhandlung nicht dichtmacht und stattdessen ein Sportwetten-Büro einzieht, finde ich das gut.

Hauptmotiv für mich ist aber, daß das Internet nicht mehr Informationen über mich haben und speichern sollte als unbedingt nötig.

Pickie 09.02.2017 12:52

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
im März ein größeres Projekt

Hört sich gut an!

G.Nem. 09.02.2017 13:10

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Also ich finde es ja aufwändiger, sich auf den Weg zu machen um etwas abzuholen, anstatt es sich einfach nach Hause schicken zu lassen.

Wenn du nicht zu Hause bist, landet ein Abholschein in deinem Briefkasten und dann latscht du ebenfalls los.
Oder ein brachialer Zusteller stopft dir das Teil mit Gewalt in den Briefkasten.

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Und anscheinend sehen das Millionen andere ebenso. ;)

Wenn das Millionen andere auch so sehen würden, gäbe es keine Buchläden mehr. :D

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Diese Aktion, den Buchhändler zu unterstützen und für sich selbst im Internet bestellen zu lassen ist zwar ein klares und bewusstes Statement, aber einfach und bequem ist doch was Anderes.

Sehe ich anders. Der Buchhändler meines Vertrauens recherchiert auch nach selten Büchern die ich noch suche und hat Kontakt mit anderen Antiquariaten etc. Das ist ein Service den irgendwelche Amazonen nicht bieten. :D

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Deiner Analyse der unterschiedlichen öffentlichen Rezeption von Filmen und Comics stimme ich allerdings zu.

Moment mal, so geht das aber nicht ... mir einfach zuzustimmen ... also das gibt's doch gar nicht. Unglaublich. :D

Servalan 09.02.2017 13:11

Zitat:

Zitat von G.Nem. (Beitrag 540976)
Mir geht's eigentlich um etwas anderes. Die Film-Industrie hat es geschafft sich als Film-Kunst zu etablieren. Es gibt Film-Hochschulen. Der Comic oder Graphic Novel oder wie auch immer man es bezeichnen will, gilt weltweit immer noch als Medium für Minderbemittelte (wieder provokant formuliert).

Eine der Oscar-Verleihungs-Partys wird im Haus von Thomas Mann gefeiert.
Wieso feiert die Comic-Industrie nicht dort die Verleihung von Preisen? :D
Du musst lesen können um Comics zu goutieren.
Einen Film kann sich jeder Analphabet anschauen.

Wieso feiern die Analphabeten im Thomas-Mann-Haus ihre Film-Kunst und nicht wir unsere Comic-Lese-Kunst? :zwinker:

Entscheidend sind aus meiner Sicht historische Ereignisse mit ihren Konsequenzen, die sich nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln lassen.

Die großen Ideologen des 20. Jahrhunderts haben ja den Wert des Kinos als nützliches Propagandamedium recht früh erkannt: Das Spektrum reicht von den Kommunisten unter Lenin (siehe Eisensteins Oktober und Panzerkreuzer Potemkin) über Mussolini (mit dem Schaufenster der Filmfestspiele in Venedig) bis zu Goebbels und dem Disney-Fan mit dem Chaplin-Schnauzer. Bei der Etablierung der Berlinale hat der Kalte Krieg eine wichtige Rolle gespielt (Trizonesien vs. SBZ).
Bis der Kintopp zur anerkannten Kunst wurde, hat es auch Generationen gedauert. Den endgültigen Durchbruch dürfte die Cinémathèque française im Mai '68 bei den Studentenunruhen gebracht haben.
Dank des Bildungsanspruchs konnte der Ansatz auch in der deutschen Presse fruchten: Michael Althen konnte im Öffentlich-Rechtlichen seine Rezensionen zu kleinen Lektionen in Sachen Filmgeschichte und Filmkunst aufbauen. Durch Dokuserien wie die von Kevin Brownlow wurde eine breite Grundlage geschaffen ...

In den USA könnte mit der March-Trilogie von John Lewis, Andrew Aydin und Nate Powell etwas Ähnliches gelingen: Da wird gerade eine ganze Generation geprägt. An dem Comic kommt eigentlich kein Amerikaner mehr vorbei.

G.Nem. 09.02.2017 13:17

Zitat:

Zitat von Eldorado (Beitrag 540986)
Und weil ich ja nicht nur geldgieriger Händler sondern ebenfalls an der Förderung und Popularisierung der Comic-Kunst interessiert bin,
startet mit mir im März ein größeres Projekt, dass dazu hoffentlich etwas beitragen kann - hier zuerst gelesen! :ae:

Ach so – da bin ich freudig gespannt drauf. :top:

G.Nem. 09.02.2017 13:18

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 540993)
Die großen Ideologen des 20. Jahrhunderts haben ja den Wert des Kinos als nützliches Propagandamedium recht früh erkannt: Das Spektrum reicht von (...)

Eben genau als Instrument für Schichten die nichts lesen!!!!!

Servalan 09.02.2017 13:46

Gelesen wird doch: Harry Potter, die Bis(s)-Tetralogie, Fifty Shades of Grey, Die Tribute von Panem und und und.
Das sind die Bestseller, die jemand heute kennen muß, um nicht völlig blöde dazustehen und sich zu blamieren. Wer heute nichts mit Muggels und Hogwarts anzufangen weiß, katapultiert sich selbst ins Abseits.

Seit dem Trump/Lewis-Duell auf Twitter hat es March in diese Liga geschafft ...

G.Nem. 09.02.2017 17:54

@ Servalan – Sorry, ich verstehe nicht was du mir jetzt sagen willst?

Generell – ich mag Filme, aber ich mag es nicht, wenn sich z.B. eine Professorin einer Film-Hochschule in einer Ansprache hinstellt und Comics / Graphic Novels / Mangas etc. als minderwertiges Zeug abtut.
Nur als ein Beispiel von vielen.

Schlimme 09.02.2017 19:33

Zitat:

Zitat von Peter L. Opmann (Beitrag 540977)
Ich suche nach dem Buch ja schon länger. Ich meine, ich habe mal eine deutsche Ausgabe im Internet gesehen. Aber vielleicht gibt's das Buch tatsächlich nur auf Englisch.

In der Deutschen Nationalbibliothek finde ich bei "Edward Anderson" nur Sachbücher

http://d-nb.info/1113986816

http://d-nb.info/1045626783

Servalan 09.02.2017 19:36

Vorurteile lösen sich nicht von heute auf morgen in Wohlgefallen auf.
Das dauert etwas länger, und mühsam ist es auch.
Das liegt an der Tatsache, daß die besten Argumente häufig ungehört verhallen. Unsere Primatenspezies entscheidet zuerst aus dem Bauch heraus.
Was wir Experten hier und anderswo zutage gefördert haben, bleibt meist in unserem übersichtlichen Kreis. Um etwas zu bewirken, müssen wir jedoch eine breite Öffentlichkeit erreichen. Das passiert ziemlich selten.
Spiegelmans Maus war so ein Glücksfall, später Marjane Satrapis Persepolis und in diesen Wochen March.

Bei Spiegelman haben sie alle noch die Stirn gerunzelt, die Großkopferten in den Feuilletons und an den Universitäten: Darf der das, den Holocaust im Comic zeigen? Kann ein Comic das überhaupt? Ist das nicht das falsche Medium? Hätte Spiegelman das nicht besser in einem Roman oder einem Spielfilm verarbeitet? Blah blah blah.

Bei March werden diese Fragen nicht mehr gestellt. Der wird von der Kritik mit Preisen bis zum gehtnichtmehr überschüttet und stürmt die Verkaufscharts des größten Onlinehändlers. Jedes dumme Geschwätz verstummt da. Der Erfolg wird höchstens staunend zur Kenntnis genommen.
Außerdem glaube ich, daß durch das Presseecho auch all jene einen gewaltigen (positiven!) Eindruck von der Trilogie haben, die noch einen Comic in Händen gehalten haben.

Nachdem sich der Film von der Jahrmarktsattraktion zur festen Spielstätte im Stadtbild gewandelt hatte, vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis sich der Tonfilm durchgesetzt hatte, wurde Film ja geringschätzig betrachtet.
Kafka ging zwar ins Kino, aber erst Hanns Zischler hat diese Tatsache gewürdigt. Der Stummfilm ist nämlich deutlich sperriger als das klassische Hollywood-Erzählkino, und realistisch ist er auch nicht immer.
Hinzu kommen die Kinofilme, die über das Fernsehen in jedes Wohnzimmer ausgestrahlt wurden. Wer diese Dauerpräsenz ignorieren wollte, mußte sich schon ordentlich anstrengen und wurde meist scheel angesehen ("Was, ihr habt keinen Fernseher? Was, du darfst nicht fernsehen?").
Dieser Vorteil fehlt dem Comic.

Was damals mit Spiegelman abgelaufen ist, sehe ich wie die Anfänge der Filmwissenschaft bei den Cinéphilen der 1920er und 1930er: Lotte Eisner, Rudolf Arnheim, Georg Lukács, Béla Balázs und Siegfried Kracauer.
Die verwickelte Wechselwirkung zwischen politischen Statement (Anti-Trump), historischem Comic (Martin Luther King und die Bürgerrechtsbewegung) und den schwelenden Konflikten (Polizeigewalt, Rassismus) treffen die Gesellschaft der USA ins Mark - so wie der Mai '68, der ja auch mit Film (Nouvelle Vague, Cahiers du cinéma), Rock'n'Roll, Philosophie und einem Lifestyle verbunden ist.

Etwas Vergleichbares läßt sich in und für Europa nicht am grünen Tisch planen ...

Peter L. Opmann 09.02.2017 20:15

Vielen Dank an Gabriel und Schlimme fürs Mitsuchen. Vielleicht übersetze ich "Thieves like us" dann selbst mal. :zwinker: Ist ein Pulproman, soll aber laut Kundenrezensionen seine Qualitäten haben. Robert Mitchum wollte deshalb im Film unbedingt mitspielen - die Rolle paßte aber damals nicht zu seinem Starimage.

Servalan 10.02.2017 16:36

Zitat:

Zitat von G.Nem. (Beitrag 540995)
Eben genau als Instrument für Schichten die nichts lesen!!!!!

Filme haben etliche Vorteile, die Comics beim besten Willen nicht toppen können. Seit dem Sterben der großen Comicmagazine ist es ziemlich unübersichtlich geworden. Interessierte Neulinge finden sich in der Masse nicht zurecht und bleiben lieber fern.
Insofern bleibt bloß noch ein winziges Fenster, in dem Comics (und Bücher) Aufmerksamkeit bekommen: nämlich dann, wenn sie in den Handel kommen und rezensiert werden. Außerdem beschleunigt sich der Turnus, in dem alte Ware remittiert wird. Früher war das ein halbes Jahr, heute bestenfalls drei bis vier Wochen.

Filme können schon in der Vorproduktion Aufmerksamkeit erzeugen, indem Casting, berühmte Regisseure und andere Sachverhalte veröffentlicht werden. Bei Franchises wie James Bond 007 von den Broccolis wird das über zwei Jahre genüßlich zelebriert: Hier ein Spoiler, der neue Hauptdarsteller, der Titel, der Teaser, der Trailer ...
Der Strom an Infos reißt nicht ab und läßt ein neugieriges Publikum zurück.
Bei Serien wie Game of Thrones, Dr Who oder vom Sender HBO vergeht kaum ein Tag ohne neue Brocken.
Durch die immer länger werdende Verwertungskette vom Kino über DVD/BluRay und weitere Franchiseprodukte wird das mögliche Publikum systematisch angesprochen.

Büchern und Comics gelingt das nur, wenn ihre Autoren zu Popstars werden, die von ihren Fans unterstützt werden und über Mund-zu-Mund-Popaganda (oder fb) Leute ansprechen, die das Werk sonst nicht angerührt hätten.
Wie ich das sehe, sind Lewis, Aydin und Powell (das Triumvirat von March) in den USA mittlerweile ebenso berühmt wie J.K. Rowling oder Suzanne Collins.
Dadurch kippt das Marketing.
Während Unbekannte mühsam auf den Markt gepusht werden müssen, zieht das Publikum auf der anderen Seite und schafft Nachfrage (pull).

G.Nem. 10.02.2017 19:40

Zitat:

Zitat von Servalan (Beitrag 541083)
(...) Büchern und Comics gelingt das nur, wenn ihre Autoren zu Popstars werden, die von ihren Fans unterstützt werden und über Mund-zu-Mund-Popaganda (oder fb) Leute ansprechen, die das Werk sonst nicht angerührt hätten. (...)

Sehe ich anders. Kennst du die 'Lotta-Leben'-Bücher von Alice Pantermüller und Daniela Kohl? Eine Mischung aus Text- und Comic-Buch. Zum Teil brüllend komisch und sind jetzt ein Hit eben weil sie brüllend komisch sind.
Die Qualität der Werke muss einfach einen Nerv treffen!


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 14:05 Uhr.

Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Copyright: www.sammlerforen.net