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-   -   Podium beim Comic-Salon: Bibliothek oder Müllcontainer? (https://www.sammlerforen.net/showthread.php?t=38045)

eck@rt 19.05.2016 08:16

Podium beim Comic-Salon: Bibliothek oder Müllcontainer?
 
Beim Comic-Salon in Erlangen gibt es von Deutsche Comicforschung eine Podiumsdiskussion, die nicht nur Sammler interessieren dürfte:

Samstag, 28. Mai 2016, um 17 Uhr 30 im Großen Ratssaal des Rathauses Erlangen

Bibliothek oder Müllcontainer – wohin mit dem Altpapier?

Die frühe Comicszene wurde von Sammlern getragen. Es entstanden Sammlungen von hohem Wert, die demnächst vakant werden, wenn ihre in die Jahre gekommenen Urheber sterben. Für die uninformierten und überforderten Erben ist häufig der Papiercontainer der einzige Weg der »Entsorgung«. Die Chance, nach dem Muster anderer Länder ein Comiczentrum zu schaffen, das sich der Sammlungen annimmt und das kulturelle Erbe sichert, scheint verpasst.

Podiumsdikussion. Moderation: Dr. Eckart Sackmann (Patrimonium Deutsche Comicforschung). Teilnehmer: Dr. Bernd Dolle-Weinkauff (Institut für Jugendbuchforschung, Universität Frankfurt/M), Dr. Stephanie Jacobs (Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek, Leipzig), Bodo Birk (Comic-Salon Erlangen), Heiner Jahncke, Ralf Palandt, Carsten Laqua (Sammler und Comic-Experten).


eck;)rt

Pickie 19.05.2016 09:44

Zitat:

Zitat von eck@rt (Beitrag 522538)
eine Podiumsdiskussion

Gibt es eine Art Thesenpapier/eine Agenda oder wird die Diskussion "frei" angestoßen?

Ein Thesenpapier/Konzept wäre für diejenigen Interessenten nützlich, die nicht vor Ort sind.

Peter L. Opmann 19.05.2016 11:12

Ich schätze, die Diskussion wird man sich hinterher irgendwo bei Splashpages oder youtube oder sonstwo ansehen respektive anhören können.

Pickie 19.05.2016 11:46

Ja, habe das Video von der moderierten Diskussion auf dem Münchner Comicfestival 2015 gesehen.

Ich denke nur, wenn es inzwischen etwas Konkretes gäbe, bräuchte man nicht mehr zu "diskutieren". Ist keine Wertung - finde das Thema interessant.

underduck 19.05.2016 11:51

Wenn es von so großem Interesse ist und sonst keiner mitschneidet, stelle ich gerne eine Videokamera mit Stativ zur Verfügung. Ich selber kann diesmal nicht persönlich in Erlangen sein.

74basti 19.05.2016 12:18

Den Termin habe ich mir vorgemerkt und werde dort sein.

eck@rt 19.05.2016 12:42

Zitat:

Zitat von Pickie (Beitrag 522551)
Ich denke nur, wenn es inzwischen etwas Konkretes gäbe, bräuchte man nicht mehr zu "diskutieren". Ist keine Wertung - finde das Thema interessant.

Das Thema ist sehr komplex, denn es geht nicht nur darum, einen Platz zum Lagern der Sammlungen zu finden, sie müssen auch katalogisiert und ergänzt werden, damit man mit ihnen arbeiten kann. Und es geht nicht nur um Comic-Hefte oder Alben – da gibt es einen großen Bereich, der auch für Bibliothekare ungewohnt sein mag (Ausschnitte aus Zeitungen, Werbung etc.). Nicht zu vergessen Comic-Originale, die eine besondere Behandlung brauchen. Heiner Jahncke sammelt z. B. nicht nur Comics, sondern das gesamte Umfeld, was Romanhefte und Bastelbögen mit einschließt.

eck;)rt

Pickie 19.05.2016 15:09

Danke für die weiteren Infos!

Zitat:

Zitat von eck@rt (Beitrag 522559)
Das Thema ist sehr komplex, denn es geht nicht nur darum, einen Platz zum Lagern der Sammlungen zu finden, sie müssen auch katalogisiert und ergänzt werden, damit man mit ihnen arbeiten kann.

Womöglich wird man nicht alles gleichzeitig haben können. ;)

Bin insbesondere gespannt auf die Auskünfte der Vertreterin der Deutschen Nationalbibliothek/Deutsches Buch- und Schriftmuseum. Viel Erfolg und gutes Gelingen!

Peter L. Opmann 19.05.2016 15:59

Ich frage mich, ob für ein Comicmuseum - oder eine Bibliothek - "Mint" das entscheidende Kriterium sein kann. Aber warten wir mal die Diskussion ab.

eck@rt 24.05.2016 08:51

Hier unsere Pressemitteilung zum Podium am Samstag:
http://www.patrimonium.de/podium.pdf

eck;)rt

betamax 24.05.2016 09:29

Der Müllcontainer wird eher die Ausnahme bleiben....
 
Ich hatte ja mal ein ähnlich gelagertes Thema eröffnet:
http://www.sammlerforen.net/showthread.php?t=32761

Die Befürchtung, daß viele Comics im Altpapiercontainer landen sehe ich nicht.
Anders als in den 70er oder frühen 80er Jahren, ist es mittlerweile Allgemeinwissen, daß die alten Comics auch einen gewissen Wert haben.
Auch wenn ein Sammler stirbt, gibt es (fast) immer Partner oder Freunde, die darum wissen und sich um den Abverkauf kümmern.
Dann kann ein Sammler dies natürlich auch im Testament festlegen, was mit der Sammlung geschehen soll.

Ich sehe eher einen massiven Preisverfall bei durchschnittlichen Comics in durchschnittlichen Zuständen auf uns zukommen, die heutige Leser kaum noch kennen, oder sich dafür auch gar nicht interessieren. Dieser Preisverfall hat in der realen Welt, abseits vom Katalogpreis, bei Serien wie Robinson, Ahoi, sowie Lehning Serien der 2. und 3. Reihe längst eingesetzt.

user06 24.05.2016 09:50

Und wohin führt der Preisverfall wenn sich die Durchschnittsware nur mit großem Aufwand oder gar nicht verkaufen lässt ? Möglicherweise doch zum Altpapiercontainer.

Pickie 24.05.2016 10:00

Zitat:

Zitat von eck@rt (Beitrag 522871)
Hier unsere Pressemitteilung zum Podium am Samstag:
http://www.patrimonium.de/podium.pdf

Stark geschrieben, vielen Dank für die weitere Info! :top:

Durango 24.05.2016 23:14

Zitat:

Zitat von Eymen (Beitrag 522876)
Und wohin führt der Preisverfall wenn sich die Durchschnittsware nur mit großem Aufwand oder gar nicht verkaufen lässt ? Möglicherweise doch zum Altpapiercontainer.

Wenn man mir jetzt noch sagt,wo diese Altpapiercontainer stehen hole ich sie gerne ab.

underduck 24.05.2016 23:26

Besonders dieser Teil zeigt mir, dass die Stadt Erlangen garantiert nicht der Nabel des deutschen Comicuniversums ist.
Zitat:

Seit Anfang der 80er Jahre ein Häuflein von Comicbegeisterten dazu beitrug, dass sich in Erlangen der Comic-Salon etablierte, stand der Gedanke eines mit dieser Stadt verbundenen Comiczentrums stets im Raum. Zweierlei wurde damals verkannt: Mit dem Comic-Salon wird in Erlangen ein Festival unter anderen abgespult; Kompetenz für Comics ist nicht vorhanden. Zum zweiten ist der Comic-Salon immer extrem von den Wechselbädern der Politik abhängig gewesen (und damit auch vom Geldfluss). Niemand in Erlangen hat auch nur ernsthaft daran gedacht, sich auf ein Comiczentrum einzulassen. Das schätzte zum Beispiel Achim Schnurrer falsch ein, der eines Tages einfach seine Sammlung im Erlanger Kulturbüro abstellte und hoffte, daraus könnte sich ein Zugzwang ergeben. Heute ist diese Sammlung in Lausanne und hat somit den deutschen Sprachraum verlassen. Der Comic-Salon Erlangen war in den letzten dreißig Jahren nicht mal in der Lage, seine eigene Geschichte adäquat aufzuarbeiten.
... und wenn in Erlangen keine Kompetenz für Comics vorhanden ist, warum nimmt dann Bodo Birk an deinem Podium teil? :zwinker:
Zitat:

Podiumsdikussion. Moderation: Dr. Eckart Sackmann (Patrimonium Deutsche Comicforschung).
Teilnehmer: Dr. Bernd Dolle-Weinkauff (Institut für Jugendbuchforschung, Universität Frankfurt/M), Dr. Stephanie Jacobs (Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek, Leipzig), Bodo Birk (Comic-Salon Erlangen), Heiner Jahncke, Ralf Palandt, Carsten Laqua (Sammler und Comic-Experten).

eck@rt 25.05.2016 07:32

Kompetenz für Comics ist nirgendwo vorhanden. Außer im Unterentenuniversum.

eck:Prt

underduck 25.05.2016 11:41

Hättest du deinen Beitrag erst nach Erlangen 2016 veröffentlicht, dann hätte ich natürlich noch damit gewartet. :zwinker:

Flächendeckende Fachkompetenz im Unterentenland zum reinen Comicthema findet man hier natürlich nur zum Disney-Comic-Universum.
Aber wenn man die Leute der Comicszene der letzten 30 Jahre so eingehend beobachten und studieren konnte wie meinereiner, dann kenn ich mich beim Thema Fachkompetenz der Macher und Möchtegernmacher schon ziemlich gut aus.
Das Stimmt. ;)

Zum Thema: Bibliothek oder Müllcontainer? Sobald die antiquarischen Comics scantechnisch für die Nachwelt erfasst und gesichert sind, braucht man die Originale nicht mehr wirklich. Das Papier zersetzt sich eh mit der Zeit und nach ca. 100 Jahren sind die meisten alten Comics "brittle & brown". das bedeutet: Sie zerfallen einfach zu Staub und werden wertlos.

brittle & brown betrifft nur die Abbildungen des zerfallenden Papiers.

Siehe auch: Papierzerfall

74basti 28.05.2016 17:38

Patrimonium Deutsche Comicforschung - Bibliothek oder Müllcontainer (2016)
 
Der Ratssaal ist sehr gut besucht.
Auf dem Podium sind:
Dr. Eckart Sackmann
Heiner Jahncke
Carsten Laqua (nicht im Bild)
Ralf Palandt


Ringmeister 28.05.2016 18:26

Seit wann hat Carsten denn einen Bart? :kratz:

74basti 28.05.2016 20:05

Carsten Laqua saß ganz links.
Bilder und Bericht folgen.

Peter L. Opmann 29.05.2016 08:22

Angekündigt waren noch: Bodo Birk, Dr. Bernd Dolle-Weinkauff und Dr. Stephanie Jacobs. Sie fehlten teils entschuldigt, teils unentschuldigt. Laut Eckart Sackmann hätten sie möglicherweise etwas dazu sagen können, wie man zu einem deutschen Comiczentrum oder Comicmuseum oder öffentlichen Comicarchiv kommen könnte. Die da waren, konnten nur sagen: Ich habe eine riesige Sammlung und weiß längerfristig nicht, wohin damit.

74basti 29.05.2016 09:00

Bodo Birk saß hinten im Publikum und "traute" sich scheinbar nicht auf das Podium.

Ob das etwas mit der Kritik an der Preisauswahl und -verleihung zu tun hatte? :kratz:

Honi soit qui mal y pense.

74basti 29.05.2016 10:09

Die Moderation lag bei Dr. Eckart Sackmann

Dr. Sackmann erläuterte, dass die erste Sammlergeneration zwischenzeitlich ein Alter von 60 bis 70 Jahre habe. Deren Sammlungen, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich seien, bergen zum Teil große Schätze für die Kulturgeschichte.
Die Nachkommen stehen dann vor dem Problem, "Wohin mit dem ganzen Papier?"
Sackmann berichtet von einem ihm aus Leipzig bekannten Sammler, der kürzlich verstorben sei. Dessen Ehefrau konnte sich mit der Sammlerleidenschaft nicht anfreunden. Niemand wisse, was mit dessen Sammlung geschehe.
Für die Allgemeinheit, die ein Interesse an der Kultur habe, ergebe sich dadurch ein großes Problem.
Daher - so Sackmanns Appell - müsse man man dringend etwas einrichten, das derartige Sammlungen erhalten und auffangen könne. Vorbeugen könne man dadurch, dass eine "wertvolle" (wertvoll nicht im monetären, sondern im kulturellen Sinne) Sammlung nicht in alle Winde zerstreut werde.

74basti 29.05.2016 10:22

Carsten Laqua berichtete von einem Todesfall eines Sammlers, bei dem die Verwertung nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattgefunden habe, also der mit dem ersten Zugriff sich das "beste" (teuerste) habe.


74basti 29.05.2016 10:34

Da Comics Literatur seien, böte sich nach Sackmanns Auffassung eine Einrichtung an, die mit dem Archivieren und Auswerten von Literatur bereits vertraut sei.
Die Idee, ein eigenes Comiczentrum zu gründen, sei hingegen zu kompliziert und auch von den Folgekosten nicht kalkuliertbar.
Als Beispiel nannte Sackmann die Nationalbibliothek in Leipzig. Sein Wusch ist es, dass dort eine Stelle eingerichtet werden könne, die sich speziell auch dem Literaturbereich "Comic" widme, doch nicht nur verwalte, sondern auch die Inhalte nutze, interpretiere, der Forschung zugänglich mache und auch Ausstellungen unterstütze und ermögliche.
Er zeigte zwei Beispiele, wie in den Nachbarländern Frankreich und der Schweiz öffentliche Comicsammlungen entstanden seien.
Zum einen verwies er auf Angouleme, wo seit 30/40 Jahren eine Sammlung entstanden sei, die mit staatlichen und auch privaten Mitteln ausgestattet sei.
In Lausanne sei die städtische Bibliothek vor allem durch den Einsatz von Cuno Affolter und dessen eingebrachte Sammlung enorm gewachsen.
In Deutschland sei nichts vergleichbares vorhanden.
Problematisch sei einerseits die finanzielle Ausstattung (""Man muss schon überzeugende Argumente parat haben, warum das Sinn macht und dafür Geld ausgegeben werden soll"), zum anderen aber auch die Fachkompetenz.



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